Koalitionsverhandlungen

Kassen kämpfen gegen einheitliche Arzthonorare

Berlin - 30.01.2018, 11:17 Uhr

Der Vize-Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes,
Johann-Magnus von Stackelberg. (Foto: Picture Alliance)

Der Vize-Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg. (Foto: Picture Alliance)


Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat Union und SPD vor einer Angleichung der Arzthonorare zu Lasten ihrer Beitragszahler gewarnt. „Die Einführung einer einheitlichen Honorarordnung würde 90 Prozent der Menschen in diesem Land derzeit keinerlei Vorteile bringen, aber die Privatversicherten entlasten“, sagte der Vize-Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, der Deutschen Presse-Agentur.

CDU, CSU und SPD setzen ihre Koalitionsverhandlungen am heutigen Dienstag fort. Zunächst beraten wieder Arbeitsgruppen über Detailfragen einzelner Fachbereiche. Am Abend tagt dann im Willy-Brandt-Haus die 15-köpfige Steuergruppe unter Leitung der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD). Neben dem Familiennachzug wird unter anderem auch um den von den Sozialdemokraten verlangten Einstieg in das „Ende der Zwei-Klassen-Medizin“ gerungen. Die SPD beharrt auf eine Angleichung der Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten.

Gegen eine Vereinheitlichung der Arzthonorare für Kassen- und Privatpatienten bestehen nach Einschätzung von Experten auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine einheitliche Gebührenordnung könnte zudem mit Europarecht kollidieren. Das geht aus einem Gutachten im Auftrag des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Bundesärztekammer (BÄK) hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zudem würden die beabsichtigten Effekte einer einheitlichen Gebührenordnung keinesfalls erreicht. Weder die „Zwei-Klassen-Medizin“ noch die „Zwei-Klassen-Wartezeiten“ oder der Ärztemangel auf dem Land ließen sich so beseitigen, heißt es in dem Gutachten von fünf führenden Gesundheitsökonomen weiter.

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Stackelberg argumentierte, eine bloße Angleichung der Honorare ohne Anpassung der ärztlichen Leistungen würde vor allem bedeuten, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die gleichen Leistungen mindestens sechs Milliarden Euro mehr bezahlen müsste. Und es gebe „keinen Grund anzunehmen, dass dies tatsächlich zu einer schnelleren Terminvergabe für gesetzlich Versicherte führen würde“, sagte er an die Adresse der Unterhändler von Union und SPD. Experten gehen davon aus, dass durch eine einheitliche Gebührenordnung der Beitragssatz zur Krankenversicherung um durchschnittlich bis zu 0,6 Prozentpunkte auf dann 16 bis 16,2 Prozent vom Brutto steigen könnte.

Erste Übereinstimmungen in der Pflege

Die Verhandlungsgruppe Gesundheit war am Montag erstmals zu Beratungen zusammengekommen. Nach dpa-Informationen gab es erwartungsgemäß große Übereinstimmungen bei der Pflege. Die Nachbesserungswünsche der SPD etwa bei den Arzthonoraren seien dagegen noch nicht wirklich verhandelt worden. Sie dürften eher gegen Ende der Beratungen am kommenden Sonntag aufgerufen werden.

Stackelberg plädierte dafür, dass Landärzte besser vergütet werden. „Egal ob gesetzlich oder privat versichert - dass es auch in Zukunft genug Landärzte gibt, ist für alle Versicherten wichtig.“ Fehlanreize bei der Niederlassung von Ärzten müssten beseitigt werden. „Ärzte die in unterversorgten Gebieten arbeiten, sollen Vergütungszuschläge erhalten, die aus der Vergütung überversorgter Regionen derselben KV (Kassenärztlichen Vereinigung) in Form von Abschlägen finanziert werden“, so Stackelberg.

Im übrigen sollte eine bevorzugte Vergabe von Terminen an Privatversicherte künftig als Verstoß gegen die Pflichten eines Kassen-Arztes gelten und von den Kassenärztlichen Vereinigungen sanktioniert werden.



bro / dpa
brohrer@daz.online


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