Saarland

Kammerpräsident betreibt digitale Rezeptsammelstelle

Heusweiler-Kutzhof - 26.01.2018, 09:00 Uhr

Kammerpräsident Manfred Saar testet die erste digitale Rezeptsammelstelle im Saarland. (Foto: cel / DAZ.online)

Kammerpräsident Manfred Saar testet die erste digitale Rezeptsammelstelle im Saarland. (Foto: cel / DAZ.online)


„Im Vergleich zum Versandhandel sind wir als niedergelassene Apotheke damit in der Geschwindigkeit der Zustellung unschlagbar“, sagt Kammerpräsident Manfred Saar. Saar betreibt die erste digitale Rezeptsammelstelle im Saarland, die am gestrigen Donnerstag in Heusweiler-Kutzhof eröffnet wurde. Doch es bleiben Fragen: Folgen weitere Rezeptsammelstellen? Wo schwächelt der Automat noch und wer trägt die Kosten?

In Sachen Digitalisierung ist die ländliche Region den Städtern voraus – zumindest was die Arzneimittelbestellung betrifft: So hat am gestrigen Donnerstag die Landesapothekerkammer des Saarlandes (AKdS) zeitgleich mit dem Landesapothekerverband Baden-Württemberg die erste digitale Rezeptsammelstelle in Betrieb genommen. In Heusweiler-Kutzhof, einer kleinen Gemeinde rund 20 Kilometer von Saarbrücken entfernt. Und in der Tat scheint eine Rezeptsammelstelle dort vonnöten. Denn sucht man Adjektive zur Beschreibung von Kutzhof, trifft man mit „ländlich“ und „abgelegen“ ins Schwarze – nicht einmal der Saarbrückener Taxifahrer fand den Ort auf Anhieb.

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War Heusweiler-Kutzhof bislang also wenig prominent, übernimmt das kleine Örtchen mit der digitalen Rezeptsammelstelle künftig eine Vorreiterrolle für eine innovative Arzneimittelbestellung. Die Eröffnung der digitalen Sammelstelle war umso prominenter begleitet. Neben dem Präsidenten der Landesapothekerkammer des Saarlands, Manfred Saar, war auch die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zugegen. „Wenn wir auf der einen Seite wünschen, dass unsere Dörfer nicht ausbluten, müssen wir auf der anderen Seite dafür sorgen, dass die Menschen, die dort wohnen bleiben, auch versorgt sind“, sagte Monika Bachmann (CDU).

Man müsse sich in einer älter werdenden Gesellschaft auf diese neuen Modalitäten einstellen und dürfe sich in Zukunft auch in der Medizin dem digitalen Fortschritt nicht verweigern. Sie begrüßte den innovativen Geist der Landespothekerkammer und des Landesapothekerverbands, die gemeinsam mit dem Apothekenrechenzentrum Darmstadt (ARZ) diesen Fortschritt ermöglicht haben.

Die digitale Rezeptbox soll die Arzneimittelversorgung für Patienten in dieser etwas abgelegenen Region vereinfachen. Eine wohnortnahe Apotheke fehlt. Für ihre Arzneimittel müssen die Bürger von Kutzhof in einen rund vier Kilometer entfernten Ort fahren. Dort betreibt der Kammerpräsident seine Allee-Apotheke. Für junge, mobile Menschen stellt dies in der Regel kein größeres Problem dar, bei älteren Patienten sieht die Situation teilweise anders aus. So richtet sich laut Kammerpräsident Saar das Angebot primär auch an ältere Menschen oder Behinderte. Nutzen könnten die Rezeptsammelstelle jedoch grundsätzlich alle Patienten, so Saar.

Digitale Rezeptbox steht direkt vor Arztpraxis

Installiert wurde die Rezeptbox unmittelbar vor einer ärztlichen Praxis in Kutzhof. Diese wurde als Nebenbetriebsstätte von der Kassenärztlichen Vereinigung genehmigt und ermöglicht dem Mediziner einen Praxisbetrieb aufrecht zu erhalten, obwohl dieser aus betriebswirtschaftlicher Sicht unrentabel wäre. Patienten, die mit ihrer ärztlichen Verordnung die Praxis verlassen, können diese direkt in der digitalen Rezeptsammelstelle einscannen. Das eingescannte Rezept wird anschließend an das Apothekenrechenzentrum in Darmstadt übermittelt, und die Apotheke prüft nach Übermittlung des Rezepts, ob die verordneten Arzneimittel vorrätig sind. Ist dies nicht der Fall, erfolgt – wie üblich – die Bestellung beim Großhandel.

Wie lief seither die Arzneimittelversorgung der Kutzhofer?

Wie konnte eine adäquate Arzneimittelversorgung seither in dieser Regionen gewährleistet werden? Üblicherweise wurden hier Briefkästen installiert, in die Patienten ihre Rezepte einwerfen konnten und die einmal täglich von der jeweils beauftragten Apotheke geleert wurde. Zumindest in abgelegenen Orten oder Ortsteilen – so auch in Heusweiler-Kutzhof. Somit ist der Rezeptbriefkasten in dem 2000 Seelendorf kein völliges Novum. Neu ist lediglich die eingesetzt Technologie. Konnten die Rezepte bislang nur nach der einmal täglich erfolgten Leerung des Brieflastens bearbeitet werden, „sind wir jetzt in der Lage, das verordnete Arzneimittel sofort bereitzustellen beziehungsweise zu bestellen“.

Man bewege sich in einem viel engeren Zeitrahmen, innerhalb der die Patienten ihre benötigten Arzneimittel erhielten, sagt Saar. „Insgesamt beschleunigt die digitale Übermittlung des Rezepts die Arzneimittelzustellung um einen halben bis einen Tag“, betont der Kammerpräsident. Hierin sieht er wohl den dominierenden Vorteil der digitalen Rezeptübersendung: „Wir sind damit als niedergelassene Apotheke – im Vergleich zum Versandhandel – in der Geschwindigkeit der Zustellung unschlagbar“, sagt Kammerpräsident Manfred Saar.

Digitale Rezeptsammelstelle ersetzt Rezeptbriefkasten

Die Apotheke des Kammerpräsidenten übernimmt die Belieferung der digitalen Rezeptsammelstelle. Auch in den Jahren zuvor lag die Arzneimittelversorgung von Kutzhof in den Händen Saars. Seither eben über den Rezeptbriefkasten. Aktuell übernimmt die Apotheke die alleinige Versorgung der digitalen Briefkasten-Patienten. Eine gewisse Zeit hätte seine Apotheken sich mit einer weiteren die Versorgung und den Rezeptbriefkasten im Wechsel geteilt, allerdings war dieses Modell offenbar nicht von Nachhaltigkeit geprägt. Logistische Probleme hätten schließlich dazu geführt, dass die zweite Apotheke ausgestiegen sei. Die behördliche Genehmigung zum Betreiben der digitalen Rezeptsammelstelle hat Saar nun für drei Jahre. Nach dieser Zeit können sich auch weitere Apotheken wieder bewerben.

Wie viele Patienten nutzen die Rezeptsammelstelle? „Die Anzahl der Rezepte schwankte je nach Sprechstundentag täglich zwischen zehn und 40 - dafür lohnt sich keine Apotheke vor Ort“, erklärt Saar. Auch Patienten, die weiter entfernt wohnen kann Saar dennoch über die digitale Sammelstelle versorgen. Der saarländische Kammerpräsident besitzt eine Versandhandelserlaubnis und kann Patienten ihre bestellten Arzneimittel so auch per Post zukommen lassen.

Folgen weitere digitale Rezeptsammelstellen im Saarland?

Saar schließt auch weitere digitale Rezeptsammelstellen für das Saarland in der Zukunft nicht aus. Allerdings warte man zunächst die dreimonatige Pilotphase in Kutzhof ab, da das Gerät derzeit noch kleiner Schwächen zeige. Welche das sind? Vor allem hinsichtlich der Außentemperatur machen sich Saar und das ARZ Sorgen. So könne man derzeit nicht abschätzen, wie sich Minusgrade auf die Funktionstüchtigkeit des digitalen Rezeptbrieflastens auswirkten. Und auch, ob die Elektronik des Scanners im Dauergebrauch der „Belastung“ standhalte. Das Rechenzentrum arbeitet offenbar bereits an diesen Punkten. Wenn diese geklärt sind, kann wohl die Serienproduktion starten.

Wer trägt die Kosten für die digitale Rezeptsammelstelle?

Während der Testperiode stellt das Apothekenrechenzentrum Darmstadt das Gerät Apotheker Saar zunächst kostenfrei zur Verfügung. Anschließend bezahlt der betreibende Apotheker eine monatliche Miete in Höhe von 20 Euro für den Automaten.

Datenschutz ist gewährleistet

Der Geschäftsführer des Apothekenrechenzentrums Darmstadt, Reiner Haupt, betonte: „Eines ist mir ganz wichtig, alle Daten, die von der Rezeptsammelstelle übermittelt werden, entsprechen höchsten Datenschutzvorkehrungen.“ Die sensiblen Personendaten würden ausschließlich im ARZ Darmstadt gespeichert. Dieses stehe unter der ständigen Überwachung der Landesdatenschutzbehörde in Wiesbaden. „Es sind Patientendaten, die übermittelt werden, und das muss sicher geschehen“, erklärte Haupt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Koordination?

von Reinhard Rodiger am 26.01.2018 um 21:25 Uhr

Laut FAZ stammen die beiden Geräte von verschiedenen Herstellern.Wäre da nicht Koordinierung sinnvoll, falls es einmal um Stückzahlen geht.Wen interessiert das?
Abgesehen davon-gibt es Gebietsschutz und wie wird er kontrolliert? Ist das nicht der Fall, womit sind Gleichstellungsanträge der Versender zu verhindern? Amazon ante Portas.

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