Heilmittelwerberecht

Werbender Facebook-Post für Rx-Arznei kann zulässig sein

Berlin - 26.01.2018, 11:00 Uhr

Ein Flohmittel für Hunde sorgte für Diskussionen in den (sozialen) Medien. Ein Gericht befand: Da darf auch der Hersteller ein Wort mitreden. Zumindest unter gewissen Umständen. (Abbild: isbravectosafe.com)

Ein Flohmittel für Hunde sorgte für Diskussionen in den (sozialen) Medien. Ein Gericht befand: Da darf auch der Hersteller ein Wort mitreden. Zumindest unter gewissen Umständen. (Abbild: isbravectosafe.com)


Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf in Deutschland nur in den Fachkreisen geworben werden, nicht aber in der allgemeinen Öffentlichkeit. Doch wie sieht es aus, wenn ein Hersteller auf einen „Shitstorm“ gegen sein Produkt – hier ein Flohmittel für Hunde – reagiert? Und zwar mit einem Post auf Facebook? Es kommt darauf an, entschied nun das Oberlandesgericht Köln.

Das Oberlandesgericht Köln hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Hersteller eines verschreibungspflichtigen Tierarzneimittels auf Facebook Aussagen mit werblichem Charakter gepostet hatte. Konkret ging es um eine Kautablette zur Behandlung von Zecken- und Flohbefall bei Hunden – das von MSD vertriebene Bravecto. Doch das neue Mittel war rasch massiver Kritik ausgesetzt. Unter anderem in den sozialen Medien wurde negativ über das Arzneimittel diskutiert, insbesondere was mögliche Nebenwirkungen anging.  Das führte dazu, dass sich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einschaltete. Es  veröffentlichte am 1. Februar 2017 auf seiner Webseite eine „Information zum Antiparasitikum B.®. Darin wies es auch darauf hin, dass das Arzneimittel unter engmaschiger Bobachtung steht. Im August 2017 bescheinigte die europäische Arzneimittelagentur EMA dem Produkt ein nach wie vor akzeptables Sicherheitsniveau.

Zwei Posts, zwei Sichtweisen

MSD reagierte auf den „Shitstorm“ gegen sein Produkt via Facebook. Das Unternehmen verbreitete mehrere Posts, gerichtet an die Zielgruppen „kritische Hundehalter“ und „Tiermediziner/Tiermedizinische Fachangestellte“. Ein Wettbewerber ging dagegen vor, weil er das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel verletzt sah (§ 10 Abs. 1 HWG). Zunächst erwirkte er eine einstweilige Verfügung, woraufhin MSD die Posts änderte. Nun gab es einen Post, der lediglich den Wirkstoff nannte und diesen „als sicheres und wirksames Mittel gegen Flöhe und Zecken“ bezeichnete. Ein anderer Post stellte die Frage „Ist dieses verschreibungspflichtige Medikament sicher für meinen Hund?“. Hier wurde weder Produktname noch Wirkstoff genannt. In beiden Fällen fand sich auch das Logo und der Name des Herstellers im Post.  

Der Mitbewerber ging sodann auch gegen diese beiden Posts vor. Während das Landgericht Köln dem neuen Antrag auf Unterlassung vollständig stattgab, differenzierte das Oberlandesgericht in der zweiten Instanz. In seinem Urteil führt das Gericht zunächst aus, dass das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel auch für Tiermedizin verfassungsrechtlich zulässig ist. Die Norm solle den Tierarzt vor Einflussnahme schützen. Denn es sei seine Entscheidung, ob und welche Medikamente er aufgrund seiner Expertise verschreiben möchte. Doch seine freie Entscheidung könne erheblich beeinflusst werden, wenn in der allgemeinen Öffentlichkeit für das Medikament geworben würde. So könnten Tierhalter aufgrund der Werbung einen Tierarzt zur Verschreibung drängen oder versuchen, das Arzneimittel ohne Konsultation eines Tierarztes zu erhalten. Das Werbeverbot, so das Oberlandesgericht, diene letztlich auch dem Tierwohl.

Nur besonders Interessierte erkennen Facebook-Post als Werbung

Dann ging es um die beiden Posts. Beide seien als produktbezogene Werbung einzuordnen, die über Facebook auch außerhalb der Fachkreise geschaltet worden sei. Unzulässig sei aber nur der Post, der den Wirkstoff nannte und diesen „als sicheres und wirksames Mittel gegen Flöhe und Zecken“ bezeichnete. Diese Werbung sei sogar auch innerhalb der Fachkreise – also etwa gegenüber Tierärzten – zu unterlassen. Denn durch die besondere Herausstellung der Sicherheit des Mittels würde der unrichtige Eindruck erweckt, das Arzneimittel habe keine Nebenwirkungen.

Der Post mit der Frage „Ist dieses verschreibungspflichtige Medikament sicher für meinen Hund?“ sei hingegen bei verfassungskonformer Auslegung von § 10 HWG zulässig. Der Post werde nämlich nur für denjenigen als Werbung für ein konkretes Produkt erkennbar, der den „Shitstorm“ gegen das Produkt kenne. Facebook-Nutzer, deren Interesse nicht aufgrund einer anderweitigen Kenntnis von der Diskussion über das Arzneimittel geweckt worden sei, würden sich mit der Darstellung nicht weiter auseinandersetzen. Außerdem würden in dem Post nicht die besonderen Vorteile des Mittels beworben, sondern die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Produktes, die gerade auf Facebook diskutiert worden sei. Insgesamt würde daher letztlich nicht ein breiter Kreis von Tierhaltern angesprochen, sondern lediglich Personen, denen das Arzneimittel und die Diskussion hierüber bereits bekannt seien. Die mit einer solchen Werbung verbundenen Risiken, denen der Gesetzgeber durch das Werbeverbot begegnen wollte, könnten sich daher bei diesem Personenkreis kaum verwirklichen. Im Ergebnis überwiege das Interesse des Herstellers, sich in die Diskussion über die Gefahren und Risiken ihres Arzneimittels einzubringen.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 12. Januar 2018, Az.: 6 U 92/17



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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