Viel Lärm um nichts?

Pikrinsäurefund in Apotheken löst Großeinsatz der Polizei aus

Stuttgart / Berlin - 24.01.2018, 11:45 Uhr

Ein Grioßaufgebiot an Feuerwehr und Polizei wegen eines 10 ml Fäschchens Pikrinsäure: Muss die Apothekerin die Einsatzkosten tragen?(Foto; SZ-Designs / stock.adobe.com)

Ein Grioßaufgebiot an Feuerwehr und Polizei wegen eines 10 ml Fäschchens Pikrinsäure: Muss die Apothekerin die Einsatzkosten tragen?(Foto; SZ-Designs / stock.adobe.com)


Ein Großaufgebot an Polizei und Feuerwehr störte am gestrigen Dienstag den Apothekenalltag der Mirbach-Apotheke in Berlin. Der Grund: Eine PTA hatte bei der Laborkontrolle ein Fläschchen mit Pikrinsäure gefunden. Diese ist im kristallinen Zustand hochexplosiv. Doch Evakuierung der Apotheke, Atemschutz und Absperrung waren wohl überflüssig – eine Verkettung ungünstiger Informationswege hatte die „Lawine losgetreten“, erklärt die Apothekeninhaberin Jeanette Henning gegenüber DAZ.online.

Ein kleines Gefäß sorgte am gestrigen Dienstag für große Aufregung – und für einen mindestens ebenso großen Einsatz von Polizei und Feuerwehr. Eine PTA in der Berliner Mirbach-Apotheke förderte bei der Chemikalien-Überprüfung im Labor ein Fläschchen mit 10 ml Pikrinsäure zutage. Die Apotheke wendete sich nach diesem Pikrinsäure-Fund zunächst an die Landesapothekerkammer – diese verwies die Apothekerin allerdings an die Polizei. Gesagt, getan – jedoch: „Das hat die Lawine losgetreten“, erklärt Apothekenbesitzerin Jeanette Henning im Gespräch mit DAZ.online. „Die Polizei hat mehr daraus gemacht, als es tatsächlich war“.

Wer ist zuständig für die Entsorgung von Pikrinsäure?

Nach Auskunft der Apothekerin hat die Polizei „gleich das komplette Programm gefahren“. Die Feuerwehr wurde verständigt und rückte mit 38 Mann aus. Was folgte: Die Einsatzkräfte sperrten mit Atemschutz alle Zufahrtstraßen zur Apotheke ab und räumten unverzüglich die Apothekenräume. Auch alle weiteren Hausbewohner mussten das Gebäude verlassen: „Wir hatten gerade noch Zeit, unsere Jacken anzuziehen“, schildert Jeanette Henning die Evakuierungsmaßnahmen von Polizei und Feuerwehr.

Die Apothekerin versuchte wiederholt darauf hinzuweisen, dass all diese Maßnahmen massiv überzogen seien. Sie stufte die Gefahr eher als überschaubar ein. „Es war nur ein Fläschchen mit 10 ml Pikrinsäure, und es enthielt noch Flüssigkeit“, erklärt sie gegenüber DAZ.online. Doch die übereifrigen Einsatzkräfte ließen sich wenig durch Jeanette Henning beirren. Erst das Landeskriminalamt (LKA) bereitete dem Spuk ein Ende – das ist nämlich eigentlich zuständig für derartige Fälle. „Wir hätten direkt beim LKA anrufen sollen“, weiß die Apothekerin jetzt. Man hätte einfach einen Termin mit dem LKA vereinbart, wann, innerhalb der nächsten Tage, eine Abholung und Entsorgung möglich sei, sagt Jeanette Henning.

Falsche Information verursachen unnötigen Einsatz

Letztlich ist der Großeinsatz Resultat – wie heißt es so schön: einer Verkettung unglücklicher Umstände. Die erste Fehlinformation lieferte die Landesapothekerkammer mit ihrem Verweis an die Polizei. Doch auch hier war man offenbar nicht ausreichend über die Herangehensweise bei Pikrinsäurefunden instruiert – und schickte, statt sofort das LKA zu informieren, zunächst ein Aufgebot an Polizei und Feuerwehr zum Pikrinsäure-Fundort in der Mirbach-Apotheke.

Die Bewohner des evakuierten Hauses nahmen die Aufregung wohl gelassen, hatten Verständnis für die Evakuierung und stellten, laut Jeanette Henning, die Sicherheit über die enstandene Unannehmlichkeit.

Muss die Apothekerin den Polizei-Einsatz bezahlen?

Sorgen hatte die Apothekerin dann dennoch: „Wer bezahlt diesen Einsatz?“. Doch auch hier gab es – mit der schließlich korrekt durch das LKA entsorgten Pikrinsäure – Entwarnung. Denn: Die Apothekerin hat alles richtig gemacht. Die unglückliche Verkettung und falsche Handlungsanweisung liefen intern bei LAK und Polizei fehlerhaft. Nach zwei Stunden konnte die Mirbach-Apotheke schließlich wieder öffnen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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