Interview Edgar Franke (SPD)

„Die ABDA hat alle Kompromissvorschläge abgelehnt“

Berlin - 24.01.2018, 15:45 Uhr

SPD-Gesundheitsexperte Edgar Franke will gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion werden und kündigt an, dass seine Fraktion weiterhin beim Nein zum Rx-Versandverbot bleibt. (Foto: Picture Alliance)

SPD-Gesundheitsexperte Edgar Franke will gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion werden und kündigt an, dass seine Fraktion weiterhin beim Nein zum Rx-Versandverbot bleibt. (Foto: Picture Alliance)


Franke: Versandverbot wäre verfassungsrechtlich nicht möglich

DAZ.online: Und deswegen muss sich in der Zusammenarbeit mit der Union aus Ihrer Sicht gar nicht so viel ändern?

Franke: Zumindest in der Gesundheitspolitik wäre mein Vorschlag, da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben. Es gibt einen roten, sozialdemokratischen Faden in der Gesundheitspolitik – nämlich die Verbesserung der Versorgung unabhängig vom Alter, Wohnort und Einkommen des Versicherten. So müssen wir uns weiter um die Pflege kümmern und ein weiteres Pflegestärkungsgesetz auf den Weg bringen. Ebenso müssen wir mit einem weiteren Versorgungsstrukturgesetz dafür sorgen, dass die Landversorgung für Ärzte attraktiver wird.

DAZ.online: Hört man Ihrer Parteiführung zu, kommt man aber auf andere Ideen. Dort heißt es immer wieder, die Zusammenarbeit müsse grundlegend überarbeitet werden – insbesondere in der Gesundheitspolitik fordern Martin Schulz und Co. doch bahnbrechende Richtungswechsel…

Franke: Auch ich bin der Meinung, dass wir das Gesundheitssystem sehr viel solidarischer gestalten müssten. Es macht für mich zum Beispiel immer noch keinen Sinn, alle Beamten mit staatlicher Beihilfe in die PKV zu drängen. In Hamburg wird derzeit demonstriert, dass man Beamten mehr Wahlrecht einräumen kann, indem man ihnen einen Wechsel in die GKV erleichtert. Zu solchen Kompromissen müssen wir die Union bewegen, wenn die Bürgerversicherung nicht durchzusetzen ist.

Abwarten, was in den Verhandlungen rauskommt

DAZ.online: Wenn Sie auch im Apothekenmarkt so weitermachen, wie sie aufgehört haben, dürfte es ja erst wieder monatelangen Streit zwischen Ihnen und der Union geben, bevor der Versandhandelskonflikt endlich gelöst wird.

Franke: In dieser Sache müssen wir jetzt erst einmal abwarten, was in den Koalitionsverhandlungen festgelegt wird. Ich als Verfassungsrechtler kann nur immer wieder betonen, dass ein Rx-Versandverbot aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht möglich wäre. Auch die Begründung, dass man mit dem Verbot das Gemeinwohl der Bevölkerung schützen müsste, würde aus meiner Sicht derzeit nicht ausreichen, um die Berufsfreiheit der Versandhändler so einzuschränken. Auch das Argument, dass es in anderen Ländern ein Verbot gebe, gilt aus meiner Sicht nicht. Schließlich gibt es hier schon länger als zehn Jahre einen anderen Rechtsrahmen – in all den anderen Ländern hat es den Rx-Versand nie gegeben, hier müsste man die bestehenden Berufsaktivitäten einzelner Apotheker unterbinden.

DAZ.online: Sie stehen also nach wie vor zu dem Kompromiss, den Sie und Ihre Kollegin Sabine Dittmar eingebracht hatten, nach dem man ein Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V einführen könnte?

Franke: Ja, aus meiner Sicht ist das ein Kompromiss, der sowohl die Interessen der Apotheker als auch die der Verbraucher gut vereint hätte. Aber die ABDA hat damals alle Kompromissvorschläge abgelehnt.

DAZ.online: Was stand denn alles im Raum?

Franke: Wir haben beispielsweise über bessere Notdiensthonorare oder eine Umverteilung gesprochen – unser Ziel war es, ein Gesamtkonzept auch mit dem Apothekenhonorar zu finden. Denn auch die Apotheker müssen aus meiner Sicht geschützt werden – schließlich investieren sie beispielsweise in Reinräume. Übrigens haben mich inzwischen auch viele Apotheker angerufen. Die haben mir alle gesagt: Jeder Kompromiss wäre besser gewesen als die derzeitige, unkontrollierte Lage.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Eine gekaufte Partei

von Karl Friedrich Müller am 24.01.2018 um 21:53 Uhr

Braucht nicht die Klappe aufreißen. Es ist vollkommen egal, was ein SPDler absondert. Diese Partei ist für immer unglaubwürdig, unwählbar, unmöglich.
Für mich gibt es nichts widerlicheres als die SPD.

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So schwer wäre es nicht ........

von Wolfgang Müller am 24.01.2018 um 17:51 Uhr

Es gäbe ja EINIGE Möglichkeiten. Warum wird nicht im Rahmen der von der SPD angestoßenen - und, egal was die ABDA nun will oder nicht - keinesfalls ausbleibenden 2HM-Gutachten-Debatte die (Boni)-Zahlung von "Rezept-Fangprämien" an Zuzahlungs-Befreite ausgeschlossen? Was ja sowieso passieren MUSS? Und anschließend eben die Zuzahlung - Lauterbach folgend - komplett abgeschafft? Zu einfach? Keine Traute, sowas zu fordern? Wieso?

Was die SPD sich vorstellen kann, hat Lauterbach schließlich gesagt, und die CDU will die gegen uns evident und eklatant unfaire Konkurrenz ausländischer Versender auch eindämmen. Und zu einer Inländer-Diskriminierungs-Klage soll es ja wohl auch nicht kommen, wird es aber bald, wenn nix passiert.

Hoffentlich ist dieser Weg jetzt nicht verbrannt, weil "not invented here" ......

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2 Fragen

von Florian Becker am 24.01.2018 um 17:41 Uhr

2 Fragen an Herrn Franke, vielleicht liest er ja hier mit.

"Ich als Verfassungsrechtler kann nur immer wieder betonen, dass ein Rx-Versandverbot aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht möglich wäre!"

Frage: Halten Sie eine Deckelung (von einem Verbot war zum Schluss ja auch keine Rede mehr über das SGBV für konform mit dem EuGH-Urteil? Wenn ja, warum?
Wie wollen Sie sicherstellen, dass sich die Versender daran halten?

"Auch die Begründung, dass man mit dem Verbot das Gemeinwohl der Bevölkerung schützen müsste, würde aus meiner Sicht derzeit nicht ausreichen, um die Berufsfreiheit der Versandhändler so einzuschränken"

Frage: Wenn Ihrer Meinung nach der Schutz des Gemeinwohls als Begründung für eine Einschränkung der Berufsausübung nicht ausreicht, wie sind dann die Einschränkungen MEINER Berufsausübung durch die massive Einschränkung der Einkaufsrabatte bei RX zu rechtfertigen, die für mich einen weiteren Nachteil gegenüber den Versendern bedeutet?

Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.

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