Cochem/Rheinland-Pfalz

Offizin auf Rollen: Hochwasser-Apotheke ist gerüstet

Stuttgart - 23.01.2018, 17:45 Uhr

Weil es in der Burg-Apotheke in Cochem immer wieder zu Hochwasser kommt, hat sich Inhaberin Dorothee Kratz besondere Apothekenschränke zugelegt. (Foto: privat)

Weil es in der Burg-Apotheke in Cochem immer wieder zu Hochwasser kommt, hat sich Inhaberin Dorothee Kratz besondere Apothekenschränke zugelegt. (Foto: privat)


Wenn der Pegel der Mosel steigt, sind Apothekerin Dorothee Kratz und ihre Mitarbeiter in Alarmbereitschaft. Anfang Januar war es wieder soweit. Tiefgarage und Keller der Apotheke standen unter Wasser. Die Belegschaft bereitete sich darauf vor, die Burg-Apotheke zu räumen. Dafür verfügt die Offizin über ein ausgeklügeltes Räum-System, mit dem schlimmere Schäden verhindert werden können. Und auch das Warenlager ist besonders geschützt.

„Wir sind trotz des Hochwassers weiter für Sie wie gewohnt erreichbar“, meldete die Cochemer Burg-Apotheke am 6. Januar auf ihrer Facebook-Seite. Inhaberin Kratz hatte an jenem Tag einen bangen Blick auf die Hochwasser-App geworfen. Erreicht der Pegel einen kritischen Stand, werde sie räumen müssen, das war ihr klar. „Wenn in Trier 9,50 Meter angezeigt sind, haben wir 12 Stunden Zeit, bis die Mosel in Cochem bei 8,50 Meter steht“, erklärt sie. „Dann räumen wir“.

Doch sie hat Glück. Das Wasser zog sich aus der Tiefgarage zurück. Die Offizin blieb verschont. „Wir mussten anschließend ein bisschen durchkehren im Keller, das wars“, so die Apothekerin erleichtert.

Komplette Räumung vor acht Jahren

Im Januar 2010 übernahm Kratz die Burg-Apotheke als Filiale. Ihre Hauptapotheke betreibt sie im etwa 40 km entfernten Boppard Buchholz im Hunsrück. Schon ein Jahr später erfuhr sie, was Dienstbereitschaft in der „roten Zone“ an der Mosel bedeutet. Als Schneeschmelze und Dauerregen im Januar 2011 den Pegel innerhalb weniger Stunden um drei Meter ansteigen ließen und dieser schließlich die kritische Grenze überschritt, musste sie räumen. „Die teuren Medikamente in den Arzneimittelschränken mussten in Sicherheit gebracht werden“, erinnert sich die gebürtige Saarländerin.

Arzneimittel im Gesamtwert von 100.000 bis 200.000 Euro waren gefährdet. „Purer Nervenkitzel war das“, sagt sie. Gegenüber DAZ.online erklärt sie das ausgeklügelte Räum-System in ihrer Apotheke, das hilft, den Schaden überschaubar zu halten: „Die Schränke waren zweigeteilt. Der obere Teil wurde mittels eines Starkstromflaschenzuges auf Rollbretter gesetzt. Der untere Teil befand sich bereits auf Rollen. Mit dem Aufzug wurden beide Hälften in den ersten Stock gebracht“. Mobil ist auch die restliche Einrichtung: Der fahrbare HV-Tisch –  eine Spezialanfertigung und die abhängbaren Regale im Freiwahlbereich, dessen Wände mit blauen Metallplatten verkleidet sind.

Warenlager in der zweiten Etage

Ihre Kunden versucht die Pharmazeutin auch bei steigender Mosel zu versorgen. Solange es geht. In diesem Zusammenhang berichtet sie von einer kuriosen Situation 2011: „Wir standen mit Gummistiefeln in der frisch geräumten Offizin, als ein Kunde reinkam und Aspirin kaufen wollte – da konnten wir leider nichts machen“, schmunzelt die Apothekerin. Für die Belieferung von zwei Heimen kann sie auf ihre hochwassersichere Hauptapotheke ausweichen.

Sie erinnert sich an die Erleichterung, als das schlammige Naß damals ein Zentimeter vor der Ladentüre Halt machte. „Es ist einUnterschied, ob das Wasser durch die Eingangstür kommt oder durch den Boden hochdrückt, wie jetzt wieder“, erläutert Kratz. Durch das Erdreich kommt klares Wasser, durch den Eingang äußerst unangenehme Schlammkundschaft – wie 1993 beim Jahrhunderthochwasser, als die Mosel in den Weihnachtstagen bis zehn Zentimeter unter der Decke der Burg-Apotheke stand.

Hochwassersicheres Warenlager

Früher hätte es öfter Hochwasser gegeben, erzählten ihr langjährige Mitarbeiter. „Inzwischen ist wohl das Schleusensystem ausgeklügelter“, vermutet Kratz. Doch darauf will sie sich nicht verlassen. Im Sommer 2017 investierte sie ein vollautomatisiertes Warenlager im zweiten Stock – einen Kommissionierer. „Da ist die teure Ware jetzt absolut sicher“, sagt sie. Auch das Labor hat die mobile Apothekerin dauerhaft vom Erdgeschoss in zweite Geschoss verlegt. „Beim letzten Ausräumen musste alles sehr flott gehen“, erklärt sie. Das halbe Labor sei zu Bruch gegangen.

„Das nächste Hochwasser kommt bestimmt“, weiß Kratz. Kritisch sei z.B. eine zu rasche Schneeschmelze in den Vogesen. Doch die hochwassererfahrene Apothekerin macht sich keine Sorgen. Labor und Ware sind nun sicher. Die Steckdosen im Erdgeschoss befinden sich unterhalb der Decke und auch für die Räumung der Freiwahl hat Kratz ein ausgeklügeltes System entwickelt: Die Regale hat sie abfotografiert. „Ein Anruf, dann leiht uns der Großhandel Lieferwannen“, erklärt sie. Systematisch verpackt, bringen Mitarbeiter die Ware dann mit dem Aufzug in den ersten Stock. Neben Ihrem Team hat die Inhaberin der Apotheke auf Rollen freiwilligen Helfer, die ihr im Notfall zur Seite stehen. „Mit so viel Unterstützung ist die Offizin in einem halben Tag geräumt“.



Eva Becker, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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