Staatsanwalt ermittelt

Wer sind die Urheber der Drohbriefe im Zyto-Skandal?

Essen - 16.01.2018, 09:45 Uhr

Teilnehmer der Demonstrationen gegen den Zyto-Apotheker haben per Brief Gewaltdrohungen erhalten. Der Staatsanwalt ermittelt. (Foto: hfd)

Teilnehmer der Demonstrationen gegen den Zyto-Apotheker haben per Brief Gewaltdrohungen erhalten. Der Staatsanwalt ermittelt. (Foto: hfd)


Mehrere Organisatoren und Teilnehmer von Demonstrationen, die an den Bottroper Zyto-Skandal erinnern sollten, hatten von einem unbekannten Briefschreiber Gewaltdrohungen erhalten. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt nun wegen möglicher Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, die mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden könnten.

Länger als ein Jahr sitzt der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. in Untersuchungshaft: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchte Körperverletzung durch systematische Unterdosierung von Krebsmitteln vor. Hinzu kommt möglicher Betrug an Krankenkassen mit einem Gesamtvolumen von rund 56 Millionen Euro in mehr als 60.000 Fällen seit 2012.

Die beiden ehemaligen Mitarbeiter der Apotheke, die den Fall als Whistleblower ins Rollen gebracht hatten, sind inzwischen gekündigt – viele frühere Mitarbeiter der Apotheke arbeiten jedoch offenbar noch dort. Patienten, die Krebsmittel aus der Apotheke von S. erhalten hatten, organisieren seit Herbst 2017 monatlich eine Demonstration, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Doch sie erhielten von einem unbekannten Autor Schreiben, dass sie offenbar einschüchtern sollte.

Einige Familienmitglieder der aktuellen Apotheken-Mitarbeiter „verteidigen ihre Familien bis aufs Blut“, erklärt die unbekannte Person. Diese hätten „herausragende körperliche Eigenschaften“, heißt es in den Schreiben. „Also bei der nächsten ach so stillen Demo, aufgepasst!“

Bis zu drei Jahre Haft

„Wir haben ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet und prüfen derzeit noch den strafrechtlichen Gehalt der Briefe“, erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Essen vor gut einer Woche – während der Staatsschutz der Polizei Recklinghausen noch die Prüfung abwarten wollte, bevor er seine Ermittlungen aufnahm. Bei einer zwischenzeitlich am vergangenen Mittwoch organisierten Demonstration gab es zwar keine Zwischenfälle – doch schon die Briefe selber sieht die Staatsanwaltschaft Essen als womöglich strafbar an, wie eine Sprecherin am gestrigen Montag gegenüber DAZ.online bestätigte. 

Laut der Ermittlungsbehörde könnten die Briefe gegen Paragraphen 21 des Versammlungsgesetzes verstoßen: „Wer in der Absicht, nichtverbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt es dort. Als nächsten Schritt will die Staatsanwaltschaft nun herausfinden, wer Autor der Schreiben ist.

Die Organisatorin der Demo Heike Benedetti hatte gegenüber DAZ.online betont, sie habe nie daran gedacht, die Demo abzusagen. „So eine armselige Drohung macht mir keine Bange“, hatte sie erklärt.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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