PKA-Aussage im Zyto-Prozess

„Als Kind wollte er Bischof werden“

Essen - 16.01.2018, 07:00 Uhr

Dem Zyto-Apotheker Peter S. und seinen vier Strafverteidigern (rechts) sitzen bis zu 45 Nebenkläger gegenüber. (Foto: hfd / DAZ.online)

Dem Zyto-Apotheker Peter S. und seinen vier Strafverteidigern (rechts) sitzen bis zu 45 Nebenkläger gegenüber. (Foto: hfd / DAZ.online)


Nebenklage wirft dem Zyto-Apotheker versuchten Mord vor

Nachdem noch ein Informatik-Spezialist der Polizei über die Beschlagnahme der Zyto-Datenbank der Bottroper Apotheke ausgesagt hatte, gab der Nebenklage-Vertreter Markus Goldbach eine Erklärung ab. Diese bezog sich auf die Vernehmung eines früheren Fahrers der Apotheke – und die Frage, inwiefern S. die bei der Razzia sichergestellten Arzneimittel freigegeben hatte: Seine Verteidiger hatten vergangene Woche argumentiert, der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung sei unzutreffend, da die laut Analysen teils stark unterdosierten Arzneimittel noch nicht zur Anwendung am Patienten bereit gewesen seien.

Mit seiner Aussage habe der Zeuge den Vorwurf der versuchten Körperverletzung bestätigt, erklärte Goldbach. Diese beziehe sich auch auf Handlungen, „die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen“, betonte der Anwalt. „Vorliegend hat der Angeklagte bereits mit der Manipulation der Therapien und der Bereitstellung der mit den Anschriften versehenen Koffern bzw. Kühltaschen alle wesentlichen Schritte unternommen, damit die Therapien dann gemäß dem täglichen Routineablauf von den Fahrern zur Verabreichung an die Patienten transportiert werden und somit die Rechtsgutsverletzung erfolgen kann.“ Die Handlung des Angeklagten mündete somit bereits in den anschließenden Transport und die Verabreichung der Therapien ein.

„Überleben der Patienten vollkommen egal“

Nach Ansicht von Goldbach liege versuchter Mord vor – und zwar in dutzenden Fällen: Jeden Monat habe S. sich bei den regelmäßigen Abrechnungen entschlossen, seine mutmaßlichen Unterdosierungen fortzuführen. „Der Angeklagte wusste dabei, dass er die ungerechtfertigten Zahlungen der Krankenkassen nur um den Preis erhalten würde, dass bei einigen Patienten die Therapien aufgrund der Unterdosierung nicht in dem möglichen Ausmaß anschlagen würden und dass ihre Lebenszeit somit im Vergleich zu einer ordnungsgemäßen Therapierung verkürzt würde“, betonte Goldbach. „Da der Angeklagte trotzdem unterdosierte Therapien hergestellt hatte, hat er sich des versuchten Mordes schuldig gemacht.“ Auch durch das Fehlen der Schutzkleidung sei ersichtlich, „dass dem Angeklagten das Überleben der Patienten tatsächlich vollkommen egal gewesen ist“, erklärte der Anwalt.

Für kommenden Donnerstag ist der Bruder der PKA als Zeuge geladen. Hierbei wird vermutlich auch eine Vorstrafe gegen ihn Thema werden: Im Jahr 2004 war Porwoll wegen Betrugs verurteilt worden, wie er selber gegenüber der „Rheinischen Post“ offengelegt hatte.

Der Apotheker schweigt bislang zu den Vorwürfen, wegen derer er seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Seine eigentlich auch für den gestrigen Montag vom Gericht geladenen Eltern machten von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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