PEI-Experte in Zyto-Prozess

„Wir haben überhaupt kein Signal gesehen“

Essen - 11.01.2018, 17:45 Uhr

 Ein Biochemiker, der am Paul-Ehrlich-Institut Analysen von sichergestellten Krebsmitteln veranlasst hatte, sagte im Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. aus. (Foto: hfd / DAZ.online)

 Ein Biochemiker, der am Paul-Ehrlich-Institut Analysen von sichergestellten Krebsmitteln veranlasst hatte, sagte im Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. aus. (Foto: hfd / DAZ.online)


Im Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. sagte am heutigen Donnerstag ein Biochemiker aus, der am Paul-Ehrlich-Institut Analysen von sichergestellten Krebsmitteln veranlasste. Ein Beutel war gänzlich ohne Wirkstoff, 28 von 29 anderen teils erheblich unterdosiert oder mit falschen Substanzen hergestellt. Die Verteidiger des Apothekers fordern, den Vorwurf der versuchten Körperverletzung fallenzulassen. 

Am heutigen Donnerstag startete die Verhandlung im Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. mit einer Überraschung: Ein Nebenklage-Vertreter beantragte vor dem Landgericht Essen, Bundeskanzlerin Angela Merkel oder einen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts als Zeugin zu laden – um herauszufinden, ob der Bundesregierung Erkenntnisse in diesem Fall vorliegen. Doch der Vorsitzende Richter Johannes Hidding vertagte die Diskussion über die „Vernehmung einer Zeugin Merkel“ zunächst und begann mit der Befragung eines Biochemikers, der bis Januar 2017 das Fachgebiets Immunchemie beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) geleitet hat. 

„Wir dachten erst, wir haben an einen Fehler gemacht“

Dort war er auch für die Analyse von sichergestellten Zytostatika zuständig: Das PEI hatte insgesamt 30 Präparate mit monoklonalen Antikörpern analysiert, während das Landeszentrum Gesundheit andere Zytostatika analysiert hatte. Ein erster Beutel, den die PTA Marie Klein der Polizei übergeben hatte, ging Ende Oktober 2016 bei der Bundesbehörde ein. Er sei vorschriftsmäßig gelagert worden, doch nach Vergleich mit einer Referenzprobe stellte das PEI-Labor fest, dass ein Wirkstoffgehalt nicht festgestellt werden konnte. Sie hätten „überhaupt kein Signal gesehen“, erklärte der Sachverständige vor Gericht. „Das hat uns erst verwirrt – wir dachten, wir haben vielleicht einen Fehler gemacht.“ Doch weitere Analysen bestätigten das Ergebnis. „Nach unserer Einschätzung war in der Probe kein monoklonaler Antikörper enthalten“, betonte er. 

Am Tag der Razzia Ende November 2016 wurden weitere 29 Proben mit monoklonalen Antikörpern sichergestellt, die gleichfalls vom PEI per Gesamtproteinbestimmung, Molekulargewichtsverteilung oder der so genannten SDS-Elektrophorese analysiert wurden. Doch nur eins der untersuchten Arzneimittel enthielt den richtigen Gehalt des angegebenen Wirkstoffs, erklärte der Sachverständige – offenbar war die Zubereitung zur Verwendung in einer klinischen Studie hergestellt worden, merkte eine Nebenklagevertreterin an. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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