Zyto-Skandale

Rechtsstreit um Buch „Die Krebsmafia“

Essen - 11.01.2018, 11:30 Uhr

In dem Buch „Die Krebsmafia“ werden schwere Vorwürfe gegen Zyto-Apotheker erhoben. Die Autoren mussten vor Gericht nun jedoch eine Niederlage hinnehmen. (Foto: benicoma/stock.adobe.com)

In dem Buch „Die Krebsmafia“ werden schwere Vorwürfe gegen Zyto-Apotheker erhoben. Die Autoren mussten vor Gericht nun jedoch eine Niederlage hinnehmen. (Foto: benicoma/stock.adobe.com)


In ihrem kürzlich erschienenen Buch „Die Krebsmafia“ thematisieren zwei Journalisten die Zyto-Versorgung in Deutschland. Neben bereits aus Medienberichten bekannten Skandalen veröffentlichten die Autoren auch neue Recherchen. Ein Hamburger Zyto-Apotheker zog nun gegen Teile des Buches vor Gericht und erhielt in einem Eilverfahren teils Recht. Die ABDA hält sich derweil komplett bedeckt.

Der Journalist und Autor Oliver Schröm beschäftigt sich seit langem mit der Zyto-Versorgung: Für den „Stern“ sowie das ARD-Magazin „Panorama“ deckte er mehrfach illegale Machenschaften auf und filmte beispielsweise mit versteckter Kamera, wie ein Apotheker einen Onkologen bestechen wollte. Zusammen mit seinem Kollegen Niklas Schenck veröffentlichte er Ende vergangenen Jahres das Buch „Die Krebsmafia. Kriminelle Milliardengeschäfte und das skrupellose Spiel mit dem Leben von Patienten“, in dem sie bisherige Recherchen mit neuen Details anreicherten. „Kein Bereich im deutschen Gesundheitswesen ist so skrupellos und kriminell wie das Geschäft mit Krebsmedikamenten“, heißt es in der Beschreibung des Buches: Statt Vertrauen sei Vorsicht geboten. „Mit dem Leid der Patienten machen Ärzte und Apotheker kriminelle Geschäfte“, erklärt der Verlag.

Aus Sicht des Journalisten Schröm sind Vorfälle wie jene in Bottrop kein Einzelfall: Dass Krebsmittel – wie es einem Bottroper Apotheker vorgeworfen wird – gestreckt werden, sei „leider Alltag in Deutschland“, erklärte Schröm gegenüber „Deutschlandfunk Kultur“: „Nach unseren Recherchen müssen wir davon ausgehen, dass quasi täglich tausende von Menschen Medikamente bekommen, wo fragwürdig ist, ob überhaupt noch Wirkstoff drin ist oder ob der Wirkstoff noch ausreichend vorhanden ist“, erklärte der Autor auch unter Berufung auf überschrittene Haltbarkeitszeiten bei Restmengen, über die auch DAZ.online berichtet hatte.

Er kritisierte gegenüber dem Radiosender auch die bisherige Praxis der Zyto-Kontrollen stark. „Jede Pommesbude wird besser überwacht als solche Zyto-Apotheken“, erklärte er unter Berufung darauf, dass die Kontrollen fast immer nach Vorankündigung erfolgen – und die Arzneimittel selber praktisch nie untersucht werden.

Hamburger Apotheker erzielt vor Gericht Teilerfolg

Ein Hamburger Zyto-Apotheker, dem die AOK Rheinland/Hamburg im Jahr 2016 nach schweren Vorwürfen einen Exklusivvertrag gekündigt hatte , wehrte sich nun gerichtlich gegen Teile des Buches von Schröm und Schenck. Vor dem Landgericht Hamburg erhielt der Apotheker in einem Eilverfahren teilweise Recht: Mit dem diese Woche zugestellten Beschluss entsprach die Pressekammer überwiegend den Anträgen, erklärt ein Gerichtssprecher gegenüber DAZ.online. Auf Nachfrage wollte er keine weiteren Details zu den umstrittenen Passagen mitteilen, da noch nicht sichergestellt sei, dass alle Verfahrensbeteiligten von dem Beschluss Kenntnis haben. Andere kritische Äußerungen über den Hamburger Apotheker erlaubten die Richter jedoch weiterhin (Az. 324 O 598/17).

Der Rechtsanwalt des Apothekers begrüßte die Entscheidung in einer Pressemitteilung. Das Gericht habe die Verbreitung „weitreichender Passagen“ untersagt, erklärt der Anwalt. Er verweist darauf, dass auch in Bezug auf frühere Beiträge im „Stern“ und von „Panorama“ über den Apotheker teils erfolgreich angegriffen wurden – hierzu laufen noch Verfahren. „Das Buch enthält eine große Anzahl rechtswidriger Behauptungen“, behauptet der Anwalt in der Mitteilung. Schröm habe sich „auf den Hamburger Apotheker eingeschossen“, erklärt er. Durch die Berichterstattung, „die sich teilweise aus dubiosen und interessengeleiteten Quellen speist“, habe der Apotheker sowohl geschäftlich als auch persönlich Schaden erlitten, betont der Anwalt.

ABDA hält sich zurück

In einer Erklärung, die der Verlag Bastei Lübbe auf Nachfrage verschickte, heißt es, dass das Gericht das Buch nicht vollumfänglich verboten hat: Die gedruckte Ausgabe des Buchs darf weiterhin verkauft werden, in der digitalen Fassung müssen einige Passagen entfernt werden. Die einstweilige Verfügung „bezieht sich nur auf einzelne Aussagen des Buches, nicht jedoch auf den kompletten Inhalt“, betont der Verlag.

Das Buch „Krebsmafia“, in dem teils heftige Vorwürfe gegen Apotheker erhoben werden, hatte in den vergangenen Wochen deutschlandweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Auf Nachfrage an die ABDA, inwiefern das Buch in der Standesvertretung bekannt sei und ob es nach Wissen der ABDA derartige mafiöse Strukturen gebe, antwortete die Pressestelle auch auf mehrfache Nachfrage nicht.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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