Großbritannien

Schwere Vorwürfe gegen Apothekenkette Boots

Berlin - 09.01.2018, 15:15 Uhr

Laut BBC müssen die angestellten Apotheker der Apothekenkette Boots unter erheblichem Druck arbeiten, sodass es immer wieder zu Abgabefehlern kommt. (Foto: DAZ.online)

Laut BBC müssen die angestellten Apotheker der Apothekenkette Boots unter erheblichem Druck arbeiten, sodass es immer wieder zu Abgabefehlern kommt. (Foto: DAZ.online)


Apotheker: Ein kleiner Fehler reicht

In dem Bericht kommen auch drei Pharmazeuten zu Wort, die anonym über die Arbeitsbedingungen in dem Kettenunternehmen berichten. „An manchen Tagen konnte man ohne Probleme feststellen, dass das Team kurz vor dem Zusammenbruch stand.“ Ein anderer Angestellter erklärt laut BBC: „Das Arbeitsaufkommen kann schon rein körperlich nicht sicher umgesetzt werden. Es ist nicht möglich, diese Arbeit entweder mit sehr vielen Überstunden oder gar nach den Schließzeiten zu erledigen.“ Ein anderer Apotheker wird so zitiert: „Fehler werden überhaupt nicht aufgegriffen, das könnte letztendlich zum Tod eines Patienten führen –  ganz kleine Verwechslungen reichten aus, zum Beispiel indem man eine Tablette mit der anderen verwechselt“, so der Apotheker.

Der Whistleblower Greg Lawton fasste seine Erfahrungen in dem Kettenkonzern in einem Bericht zusammen und übergab diesen der pharmazeutischen Überwachungsbehörde, dem General Pharmaceutical Council. Laut BBC soll diese aber 2016 zu dem Schluss gekommen sein, dass es nicht genügend Beweise dafür gebe, dass die Leben von Boots-Patienten in Gefahr seien. Demnach hat die Institution bis August 2017 2000 Boots-Apotheken inspiziert – nur in 26 Filialen habe es Probleme aufgrund einer Unterbesetzung gegeben. Auf Nachfrage von DAZ.online wollte sich eine Konzernsprecherin nicht zu den BBC-Vorwürfen und zum Vorkommen von Abgabefehlern äußern.

In dem BBC-Artikel stehen jedoch Unternehmensangaben dazu. Demnach soll der Konzern im Jahr etwa 220 Millionen Rx-Packungen abgeben. Zwischen April 2016 und April 2017 sei es demnach zu 901 gemeldeten Arzneimittel-bezogenen Problemen gekommen, was einer Rate von 0,00041 Prozent entspräche. Boots gibt allerdings an, dass all diese Komplikationen nach der Abgabe eines korrekten Arzneimittels entstanden seien, dass es sich also um Neben- oder Wechselwirkungen gehandelt habe.

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Eigenen Angaben zufolge beschäftigt Boots derzeit rund 6700 Apotheker – rein rechnerisch arbeiten in jeder Filiale somit knapp drei Pharmazeuten. Seit dem Ausscheiden von Greg Lawton habe der Konzern mehr als 430 neue Apotheker eingestellt, heißt es von einem Boots-Sprecher in dem BBC-Bericht.

Dass die Pharmazeuten bei der Apothekenkette unter hohem Druck arbeiten müssen, wird nicht zum ersten Mal öffentlich diskutiert. Im April 2016 hatte die Zeitung „Guardian“ berichtet, dass die Apothekenleiter Druck auf ihre Angestellten ausüben, damit sie die maximale Anzahl der abrechenbaren Medikations-Checks erreichen. Sei die Zahl der abrechenbaren Medikationsanalysen am Ende des Monats nicht erreicht, sollten die Pharmazeuten sie auch in Fällen anbieten, in denen sie eigentlich nicht angebracht sind, durchführen und abrechnen, so die damaligen Vorwürfe.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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