Beratungs-Quickie

Rauchstopp mit einem Nicotin-Inhaler

Stuttgart - 04.01.2018, 14:20 Uhr

 Wie gelingt der Rauchstopp? Nicotinersatz-Präparate aus der Apotheke unterstützen die Zigarettenentwöhnung. (nikkytok / stock.adobe.com)

 Wie gelingt der Rauchstopp? Nicotinersatz-Präparate aus der Apotheke unterstützen die Zigarettenentwöhnung. (nikkytok / stock.adobe.com)


Mit welchen Vorsätzen sind Sie ins neue Jahr gestartet? Rauchen zählt zu den beliebtesten Lastern, die mit den Silvesterböllern zu Neujahr abgelegt werden wollen – endgültig. Und so hoffen auch Raucher auf kompetente pharmazeutische Unterstützung durch die Apotheke bei ihrem ambitionierten Vorhaben, mit dem Rauchen aufzuhören. Nicotinhaltige Inhaler, Sprays, Kaugummis oder Pflaster – was eignet sich für welchen Raucher? Und wie lange sind Nicotin-Inhalerpatronen nach Anbruch haltbar?

„Im Fitness-Studio habe ich mich bereits angemeldet“, erzählt der knapp 50-jährige Mann dem Apotheker stolz am HV-Tisch. Doch anscheinend ist die Liste mit den guten Vorsätzen des Mannes lang und mit diesem sportlichen Vorhaben nicht zur Gänze erschöpft. Denn: Er habe sich auch vorgenommen, mit dem Rauchen aufzuhören – dieses Mal aber endgültig, wie er entschlossen erklärt.
In den vergangen Jahren habe er es immer wieder auf eigene Faust versucht und schlagartig die Zigaretten in den Ascher gekippt – ungeraucht. Das habe auch wenige Tage funktioniert, dann allerdings sei das Verlangen, „eine zu rauchen“, übermächtig geworden. Und mit den wöchentlichen Einkäufen im Supermarkt seien auch die Zigaretten an der Kasse wieder über das Fließband gezuckelt. Auch die Kaugummis aus der Apotheke habe er im vergangenen Jahr probiert, die hätten ihm allerdings wenig gut geschmeckt. „Haben Sie mir einen Tipp, dass es dieses Mal klappt? Gibt es nicht auch Pflaster oder so ein Spray?“ erkundigt sich der Mann beim Apotheker.

Nicotinpflaster, Nicotinkaugummis oder einen Inhaler zum Rauchstopp?

In der Tat ist es so, dass eine Nicotinersatz-Therapie den Rauchstopp nicht nur erleichtert, sondern den Tabakverzicht auch erfolgreicher macht. In den ersten Tagen der Nicotinabstinenz ist die Rückfallgefahr am höchsten. Jedoch eignet sich nicht jede Art der Nicotinersatz-Therapie für jeden Rauchertypus gleichermaßen. Ob Pflaster, Kaugummis, Nicotinsprays, Inhaler oder Lutschtabletten – welches Präparat am besten passt, hängt auch davon ab, ob der Raucher eher ein „Party-“ oder „Gelegenheitsraucher“ ist oder vielmehr regelmäßig Tabak konsumiert. Die einzelnen Präparate unterscheiden sich in der Nicotinfreisetzung und der Kinetik. Mit Pflastern erreichen Raucher konstante Nicotinspiegel im Blut. Kaugummis, Sprays und Inhaler fluten dafür rascher an und wirken kürzer.

Auf Nachfrage des Apothekers bestätigt der Mann, dass er sich nur am Wochenende, mittwochs beim Kegeln und bei besonderen Festen die eine oder andere Zigarette genehmigt.

Für Gelegenheitsraucher kurz wirksame Nicotinersatz-Präparate

Da eine Nicotinersatz-Therapie mit Kaugummis bereits erfolglos blieb, empfiehlt der Apotheker dem Kunden – als reinem Gelegenheitsraucher – nicotinhaltige Sprays oder einen Inhaler. Diese eignen sich durch ihren schnellen Wirkeintritt besonders gut, um ein akutes Rauchverlangen zu befriedigen.
Der Kunde ist verwirrt. Was denn dann der Vorteil von Nicotininhalern oder Nicotinsprays sei im Vergleich zur Zigarette, fragt er. Er inhaliere das Nicotin dann ja doch wieder. Nicotinersatz-Präparate haben jedoch den klaren Vorteil, dass sie auf begleitende Schadstoffe verzichten, wie sie im Tabakrauch enthalten sind. Von den rund 4800 Substanzen im Tabakrauch sind wenigstens 90 gesichert oder zumindest mutmaßlich krebserregend oder mutagen, weiß der Apotheker.

Nicorette® bietet einen Inhaler und ein Spray zur Nicotinersatz-Therapie an. Nachdem der Apotheker dem Kunden beide Arzneimittel gezeigt hat, interessiert sich dieser insbesondere für den Inhaler.

Wie funktioniert der Nicotin-Inhaler?

Die Idee hinter dem Inhaler ist, dem Raucher eine Art „Plastikzigarette“ in die Hände zu geben, die möglichst originalgetreu den gewohnten Rauchhabitus imitiert. So inhaliert der Raucher beim Inhaler wie auch beim Rauchen einer gewöhnlichen Zigarette, nur dass die begleitenden Schadstoffe fehlen. Eine Patrone des Nicorette®-Inhaler reicht für sieben Anwendungen, sprich sieben Zigaretten. Sie enthält 15 mg Nicotin, wobei pro Anwendung etwa 1 mg Nicotin freigesetzt wird. Der Inhaler garantiert eine lineare Wirkstoff-Freisetzung aus einer Patrone für 7 mg, also sieben Anwendungen. Danach gibt die Patrone zwar weiterhin Nicotin ab, aber mit einer reduzierten Freisetzungsrate. Der Apotheker weist den Patienten auf die nach sieben Anwendungen verringerte Wirkstoffmenge hin, da eine Unterdosierung die Erfolgschancen einer Rauchentwöhnung drastisch reduziert.

Saugt der Patienten durch den Inhaler Luft an, verdampft das Nicotin und wird durch die Mund- und Rachenschleimhaut aufgenommen. Da beim Inhaler-Rauchen weniger Nicotin aufgenommen wird, als bei einem Zug an einer Zigarette, müssen die Raucher etwa acht bis zehnmal häufiger am Inhalator ziehen als üblicherweise an einer normalen Zigarette. Nur so ist eine adäquate Nicotinsubstitutionsmenge gewährleistet. So dauert auch das Rauchen via Inhaler länger als bei einer Zigarette – rund zehn bis 20 Minuten. Da die freigesetzte Nicotinmenge je nach Intensität und Häufigkeit der Züge schwankt, kann der Raucher durch seine Inhalationstechnik auch die Nicotindosis variieren. Sind die Entzugssymptome nicht ausreichend gelindert, kann er stärker und/oder häufiger am Inhalator ziehen. Im Gegenzug kann der Raucher auch weniger stark inhalieren, sollte ihn die Inhalation im Rachen reizen.

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Lust auf eine Zigarette? Inhalern!

Das Arzneimittel sollte immer dann angewendet werden, wenn Verlangen nach einer Zigarette aufkommt oder Entzugssymptome bestehen. Da der Kunde reiner Gelegenheitsraucher ist, spielt bei ihm wohl vor allem die reine Gewohnheit, das Ritual des Rauchens, eine große Rolle und weniger eine dominierende körperliche Nicotinabhängigkeit.
Der Hersteller von Nicorette®-Inhaler, Johnson & Johnson, empfiehlt für wenig starke Raucher, drei bis vier Patronen pro Tag, was einem Zigarettenkonsum von etwa 20 Zigaretten entspricht. Mit dieser Angabe ist dem Kunden jedoch nicht geholfen. Als reiner Gelegenheitsraucher – während des Kegelns oder eines Grillabends – wird er mit deutlich weniger Patronen auskommen, maximal mit einer pro Abend.

Auch die Umgebungstemperatur spielt eine Rolle beim Verdampfen des Nicotins. Bei unter 15°C verdampft das Nicotin langsamer, und es sind häufigere oder intensivere Inhalationen notwendig, während bei hoher Umgebungstemperatur über 30°C das Nicotin schneller verdampft. In diesem Fall werden dann weniger häufige Inhalationen empfohlen.

Wie lange soll der Raucher den Nicotin-Inhaler anwenden?

Johnson & Johnson empfiehlt in den begleitenden Texten zum Inhaler mindestens drei Monate Behandlungsdauer. Danach sollte der Raucher versuchen, sukzessive die Dosis zu reduzieren, was er entweder durch weniger Inhalationszüge pro Inhaler-Anwendung oder durch weniger intensive Züge erreichen kann oder indem er die Anzahl der inhalierten Patronen pro Abend reduziert. Diese Phase der Dosisreduktion beziffert der Hersteller mit sechs bis acht Wochen. Insgesamt sollte eine Nicotinersatz-Therapie nicht länger als sechs Monate dauern, in Einzelfällen auch mal neun.

A-Tipps zur Rauchentwöhnung

Vor einem geplanten Rauchstopp sollte man sich klar machen, welche Gewohnheiten man mit dem Rauchen verbindet und wie diese ersetzt werden können. Ist das Rauchen an bestimmte Situationen gekoppelt, etwa kegeln oder Feste, sollte man neue Rituale finden. Ist das Verlangen nach der Zigarette an Schlüsselreize wie ein Getränk gebunden, hilft es, in der ersten Zeit auf ein anderes Getränk umzusteigen. Wird das akute Verlangen zu groß, helfen die ‚A-Tipps‘: Erstens Aufschieben – etwa zehnmal tief durchatmen. Zweitens Ausweichen, zum Beispiel auch anfangs auf die Mittwochabend-Kegelabende zu verzichten. Außerdem sollte man keinen Zigarettenvorrat mehr griffbereit zuhause haben. Auch psychotherapeutische Intervention unterstützen eine dauerhafte Tabakabstinenz.

Der Apotheker empfiehlt dem Patienten allerdings, auch nach Beendigung der Nicotinersatz-Therapie immer noch einen Inhaler als „back-up“ parat zu haben – überkommt ihn akutes Rauchverlangen, kann er diesem mit einem Nicotinersatz entgegenwirken und verringert die Verlockung einer Zigarette. Nach Anbruch kann eine Patrone maximal 48 Stunden angewendet werden. Die Patronen darf der Patient im Hausmüll entsorgen.

Rauchstopp: Was zahlt die Krankenkasse?

„Zahlt das nicht die Krankenkasse?“, will der Kunde noch wissen. Die Antwort ist hier eindeutig und in § 34 SGB V Abs. 1 A gesetzlich fest verankert: Arzneimittel, die hauptsächlich dazu dienen, die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen, schließt die Krankenkasse von der Erstattung aus. Darunter fallen auch Arzneimittel zur Rauchentwöhnung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) argumentiert: „Da es sich dabei um Arzneimittel handelt, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist, ist jeder Verbraucher für deren Finanzierung selbst verantwortlich.“ Somit zahlen Raucher Nicotinersatz-Präparate oder andere Arzneimittel, die ihre Rauchentwöhnung unterstützen sollen, selbst.

Der G-BA listet in der Anlage II der Arzneimittelrichtlinie Präparate, die von der Erstattung ausgeschlossen sind: Nicotin (Niquitin®, Nicopass®, Nicopatch®, Nicorette®, Nicotinell®, Nikofrenon®), Bupropion (Zyban®) und Vareniclin (Champix®).



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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