Online-Spezial zum Thema Frauengesundheit

Blasenentzündung - Ein brennendes Problem

Hamburg - 21.02.2018, 13:00 Uhr

Die Symptome einer Blasenentzündung sind häufiger Harndrang bei kleinen Urinmengen sowie Brennen und Stechen beim Wasserlassen. (Foto: absolutimages / stock.adobe.com)
HV Theme badge

Die Symptome einer Blasenentzündung sind häufiger Harndrang bei kleinen Urinmengen sowie Brennen und Stechen beim Wasserlassen. (Foto: absolutimages / stock.adobe.com)


Bei der Blasenentzündung führt eine Infektion der Harnwege zur Entzündung der Blasenschleimhaut. Frauen trifft es besonders leicht und häufig. Denn sie haben mit vier Zentimetern eine deutlich kürzere Harnröhre, verglichen mit der von Männern (rund 20 cm). Der kurze Weg macht es Keimen leicht, über die Harnröhre in die Harnblase aufzusteigen. Die häufigsten Erreger der unkomplizierten Blasenentzündung sind Colibakterien, Enterokokken und Staphylokokken. Mittels Teststreifen lassen sich bei einer Infektion Nitrit und Leukozyten im Urin nachweisen. Die Bakterien wandeln u.a. das mit dem Harn auszuscheidende Nitrat in Nitrit um. Bei einer bakteriellen Infektion sind die Leukozyten als Zeichen der aktiven Immunabwehr erhöht. 

Typische Symptome 

Die Symptome einer Blasenentzündung (Cystitis) sind häufiger Harndrang (Pollakisurie) bei kleinen Urinmengen sowie Brennen und Stechen beim Wasserlassen (Dysurie). Grund für den häufigen Harndrang ist, dass die angegriffene Blasenwand wesentlich sensibler auf Dehnungsreize reagiert als im gesunden Zustand. Bei vielen Frauen nehmen die Schmerzen zu, wenn die Blase fast oder ganz leer ist. Häufig kommt der Harndrang sehr schnell, sodass die Betroffenen plötzlich zur Toilette müssen. Manche Frauen haben auch Schwierigkeiten, den Harn zu halten. Zusätzlich kann es zu Krämpfen im Unterleib kommen (Blasenkrämpfe). Außerdem kann der Urin trübe verfärbt sein und auffällig riechen, manchmal ist er mit kleineren Mengen Blut durchsetzt.

Risikofaktoren und Verlaufsformen

Zu den Risikofaktoren für Harnwegsinfekte zählen u.a. Geschlechtsverkehr – eine sinnvolle Empfehlung lautet daher, nach dem Sex zeitnah die Blase zu entleeren –, die Verhütung mit Scheidendiaphragmen oder Spermiziden und alkalische Intimpflegemittel. Durch die anatomische Nähe von Harnröhre und Darmausgang können Darmkeime durch Schmierinfektion zudem leicht in die Harnröhre gelangen. Risikogruppen sind u.a. Schwangere, Frauen in den Wechseljahren, Diabetiker und Patienten mit Immunschwäche, z.B. durch die Einnahme von Immunsuppressiva.

Grundsätzlich lassen sich Harnwegsinfekte in akute oder wiederkehrende sowie unkomplizierte oder komplizierte Verlaufsformen unterteilen. Unter einer unkomplizierten Infektion versteht man, dass sich diese auf Harnröhre und Blase beschränkt und komplikationslos in wenigen Tagen abheilt. Bei einem komplizierten Verlauf breitet sich die Infektion hingegen auf die oberen Harnwege aus oder betrifft bestimmte Personengruppen (z.B. Schwangere). 

Wann zum Arzt?

Leidet eine Frau mit einer Blasenentzündung unter starken Beschwerden oder zusätzlich Schmerzen im Rücken- und Flankenbereich, hat sie Fieber und Ausfluss, ist ein Arztbesuch unumgänglich. Möglicherweise sind Bakterien bis in die Niere aufgestiegen, mit der Folge einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis). Schwangere, Diabetiker, Kinder und Männer sind grundsätzlich ein Fall für den Arzt. Gleiches gilt für Patientinnen, bei denen die Beschwerden erstmalig auftreten, häufig wiederkehren oder bereits länger als fünf Tage dauern. Verschlimmern sich die Beschwerden einer unkomplizierten akuten Blasenentzündung unter der Selbstmedikationstherapie oder halten länger als fünf Tage an, ist die Kundin an den Arzt zu verweisen. Auch bei Blut im Urin sind die Grenzen der Selbstmedikation erreicht.

Aquaretika zur Durchspülung

Handelt es sich um eine akute unkomplizierte Blasenentzündung, kann zu Präparaten aus der Selbstmedikation gegriffen werden. Ab den ersten Anzeichen einer Blasenentzündung ist es empfehlenswert, viel zu trinken – möglichst zwei Liter pro Tag. Harntees bzw. Blasen- und Nierentees unterstützen den durchspülenden Effekt und das Ausschwemmen der Erreger (siehe Tabelle 1). Zu den pfanzlichen Aquaretika gehören u.a. Birkenblätter, Brennnesselblätter, Queckenwurzelstock, Hauhechelwurzel, Liebstöckel, Orthosiphonblätter, Schachtelhalmkraut und Goldrutenkraut. Die Übergänge zwischen rein aquaretischen (wassertreibenden) und weiteren Effekten sind teils fließend. Das Echte Goldrutenkraut beispielsweise hat zusätzlich entzündungshemmende und schwach krampflösende Eigenschaften. Nicht geeignet sind solche Mittel für Patienten, die auf eine begrenzte Flüssigkeitszufuhr achten müssen, z.B. bei Ödemen aufgrund von Herz- oder Nierenerkrankungen. 

Tab.1: Harntees bzw. Blasen- und Nierentees (Beispiele)

Präparat Wirkstoffe Hinweise (Auswahl)
Bombastus® Blasen- und Nierentee Teebeutel Bärentraubenblätter, Birkenblätter, Queckenwurzelstock keine Altersangabe
H&S® Blasen- und Nierentee Bärentraubenblätter, Samenfreie Garten-Bohnenhülsen, Schachtelhalmkraut Birkenblätter ab 12 Jahren
Harntee 400 TAD® N Instanttee Birkenblätter, Orthosiphonblätter, Echtes Goldrutenkraut ab 12 Jahren
Heumann® Blasen- und Nierentee Instanttee Birkenblätter, Goldrutenkraut ab 12 Jahren
Sidroga® Blasen- und Nieren-Spültee Teebeutel Birkenblätter, Orthosiphonblätter, Goldrutenkraut ab 18 Jahren
Sidroga® Blasentee plus Teebeutel Birkenblätter, Orthosiphonblätter, Goldrutenkraut, Bärentraubenblätter ab 18 Jahren

Keimhemmende Phytopharmaka

Als pflanzliche Drogen mit keimhemmenden Effekten gelten u.a. Bärentraube, Kapuzinerkresse und Meerrettich. Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium, enthalten in Cystinol® akut) setzen aus Arbutin das antimikrobiell wirkende Hydrochinon frei. Entsprechende Präparate werden bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege angewendet. Sie dürfen ohne ärztlichen Rat höchstens eine Woche lang eingenommen werden, und das insgesamt nicht häufiger als fünfmal im Jahr. Aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressekraut (enthalten in Angocin® Anti Infekt N) werden im Körper Allyl- und Benzylsenföle freigesetzt und über die Niere (und die Atemwege) ausgeschieden. Sie weisen eine hohe antibakterielle, außerdem antivirale und antimykotische Aktivität auf. 

Tab.2: Mittel bei Blasenentzündungen (Beispiele)

Wirkstoffe Indikation Präparate (Auswahl)                       
pflanzliche Monopräparate
Bärentraubenblätter entzündliche Erkrankungen der ableitenden Harnwege

Cystinol® akut 
Arctuvan®
Uvalysat® Bürger

Echtes Goldrutenkraut zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege

Cystinol® long
Nieral®

Solidacur®

Solidago Steiner® (Tabletten)

Orthosiphonblätter zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege Ardeynephron®
Carito® mono
Diufluxx® Mono
pflanzliche Kombipräparate
Bärentraubenblätter, Echtes Goldrutenkraut entzündliche Erkrankungen der ableitenden Harnwege Cystinol® N
Kapuzinerkresse-kraut, Meerrettichwurzel zur Besserung der Beschwerden bei akuten entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege Angocin® Anti-Infekt N
Echtes Goldrutenkraut, Orthosiphonblätter, Hauhechelwurzel zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege Aqualibra®
Rosmarin, Tausendgülden-kraut, Liebstöckel adjuvant bei leichten Beschwerden i. R. von entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege Canephron® N
Echtes Goldrutenkraut, Gänsefingerkraut, Schachtelhalmkraut adjuvant bei leichten Beschwerden i. R. von entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege Solidagoren® Liquid

Physikalische Wirkansätze und symptomatische Behandlung

Weiterhin stehen Medizinprodukte mit physikalischem Wirkansatz zur Verfügung, die sich an Patientinnen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten richten. In Femannose® ist das Monosaccharid D-Mannose enthalten. Es soll E.-Coli-Bakterien in den Harnwegen binden und sie so neutralisieren. Das Medizinprodukt Utipro® plus enthält Xyloglucan-Gelatine, Hibiskus und Propolis. Durch die Xyloglucan-Gelatine entsteht ein Biofilm, der die Darmschleimhaut auskleidet. Er soll das Anhaften und die Verbreitung der Bakterien in Richtung Blase verhindern. Durch Hibiskus und Propolis wird ein saures Milieu in der Blase geschaffen, das die Bakterienproliferation hemmen soll.

Wenn die Blasenentzündung große Schmerzen verursacht, können auch Schmerzmittel eingenommen werden, wobei Ibuprofen und Paracetamol Mittel der Wahl sind. Das Spasmolytikum Butylscopolamin (Buscopan®) wirkt krampflösend und kann den Druck der unter Umständen besonders aktiven Blasenmuskulatur senken.

Antibiotika – ja oder nein?
 

Blasenentzündungen müssen in vielen Fällen mit Antibiotika behandelt werden. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, ob in jedem Fall prophylaktisch Antibotika verabreicht werden sollen. Die Leitlinien sind beim unkomplizierten Harnwegsinfekt nicht einheitlich: Während die Urologen primär auf Antibiotika setzen, sind gemäß einer hausärztlichen Leitlinie die rein symptomatische Therapie und der Einsatz alternativer Methoden bei unkomplizierter Blasenentzündung gleichwertige Optionen. Diese Haltung dürfte vielen Patientinnen entgegenkommen, die Antibiotika kritisch gegenüberstehen, z. B. weil sie es nach der Einnahme mit wiederkehrenden Infekten oder Scheidenpilz zu tun hatten. Keimhemmende und die Durchspülung fördernde Heilpflanzen haben aus diesen Gründen ihre Berechtigung. Ist ein Antibiotikum nötig, sind Fosfomycin (z. B. Monuril®), Nitrofurantoin (z. B. Nifurantin®) und Pivmecillinam (X-Systo®) oder Nitroxolin (z. B. Nitroxolin forte, 250 mg, Weichkapseln von MIP Pharma GmbH) als Kurzzeittherapie bei unkomplizierten Blasenentzündungen von Frauen Mittel der Wahl. Cotrimoxazol kommt nur bei günstiger Resistenzsituation zum Einsatz.

Beratung bei Blasen- und Nierenerkrankungen

Ob Blasenentzündung, Inkontinenz oder sexuelle Funktionsstörung – Patienten mit Beschwerden des Urogenitaltraktes kommen täglich in die Apotheke. Bei diesen heiklen Themen sind ein sicherer Umgang damit und eine vertrauensvolle Beratung das A und O.

Das Buch „Blasen- und Nierenerkrankungen“ bietet kompaktes Beratungswissen zu gängigen Krankheitsbildern und deren Behandlung, hält Beratungshinweise zur Abgabe von OTC- und rezeptpflichtigen Arzneimitteln bereit und punktet mit wertvollen Zusatzinformationen, z.B. zur medikamentösen Prophylaxe, zu sinnvollen Hilfsmitteln oder zu verhaltensbasierten Therapiemaßnahmen. 

Jürgen Krauss

Blasen- und Nierenerkrankungen

Krankheitsbilder – Beratung – Therapie

2016

Deutscher Apotheker Verlag

163 Seiten, 24,- Euro

ISBN 978-3-7692-6022-9

Teamschulung Blasenentzündung 

Vergangenes Jahr ist die Teamschulung zum Thema Blasenentzündung erschienen. Das Fortbildungsheft richtet sich mit verschiedenen Selbstmedikationsthemen an das gesamte Apothekenteam. In der Zeitschrift, die der DAZ und der PTAheute beiliegt, wurden die Grundlagen der Blasenentzündung erörtert, ausführliche Beratungshilfen mitsamt nützlichen Tipps an die Hand gegeben, und die entsprechenden Arzneimittel in der Selbstmedikation bei akuten und rezidivierenden Infekten detailliert besprochen.

 Auch die Komplementärmedizin kommt nicht zu kurz. Eine übersichtliche Tabelle zu Mitteln bei Blasenentzündung und zur Komplementärmedizin sorgen für einen guten Überblick. Übrigens: Wer eine Ausgabe verpasst hat, kann sie problemlos bestellen: Einfach eine E-Mail an service@deutscher-apotheker-verlag.de schreiben oder den Abo-Service anrufen (Tel.: 0711 25 82 353). 

Quellen: SM Kitteltasche, TS Blasenentzündung, Thema Frauengesundheit, Lauer Taxe


Annette Lüdecke (lue), Apothekerin, Autorin DAZ.online
teamschulung@deutscher-apotheker-verlag.de


Ralf Schlenger, Apotheker. Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Selbstmedikation bei Blasenentzündung

Hilfe bei brennenden Beschwerden

Phytotherapie bei Infektionen der ableitenden Harnwege

Gibts da auch was Pflanzliches?

Beratung bei Blasenentzündungen erfordert einen differenzierten Blick

(Un)kompliziert?