Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

Erstmals Abwärtstrend bei den PPI-Verordnungen

Remagen - 27.12.2017, 07:00 Uhr

Im vergangenen Jahr wurden in deutschen Apotheken weniger PPI, wie Omeprazol, abgegeben. (Foto: picture alliance / Arco Images GmbH)

Im vergangenen Jahr wurden in deutschen Apotheken weniger PPI, wie Omeprazol, abgegeben. (Foto: picture alliance / Arco Images GmbH)


Die Verschreibungen von Protonenpumpeninhibitoren sind in den letzten zehn Jahren fast linear angestiegen. Nun zeigt sich zum ersten Mal ein Rückgang. Dies berichtet das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung .

Protonenpumpeninhibitoren (PPI), umgangssprachlich auch Säureblocker oder „Magenschutzmittel“ genannt, gehören in Deutschland zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln. Sie bewirken eine irreversible Hemmung der Protonenpumpen in den Belegzellen des Magens und unterdrücken die die Salzsäureproduktion, die für Schleimhautläsionen und Refluxsymptome verantwortlich ist, fast vollständig. Die wichtigsten Indikationsgebiete der PPI sind die Refluxkrankheit, die Therapie und Prophylaxe des Magen- und Duodenalulkus (z.B. bei NSAR-Gabe) sowie die Eradikation des bakteriellen Erregers Helicobacter pylori in Kombination mit entsprechenden Antibiotika 

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Über Jahre hinweg zweitstellige Zuwachsraten

Nach Auswertungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) haben die Verordnungen von Protonenpumpenhemmern über Jahre hinweg stetig zugenommen. Waren im ersten Halbjahr 2007 waren laut Zi noch 676 Mio. definierte Tagesdosen (DDD) verschrieben worden, so hatte sich der Umfang bis zum zweiten Halbjahr 2016 mit rund 1,94 Milliarden Tagesdosen fast verdreifacht. Die jährlichen Zuwachsraten waren bis 2014 zweistellig und erreichten bis zu 18 Prozent. Als mögliche Gründe für diese rasante Entwicklung führen die Experten des Zi Nachholeffekte an. Außerdem vermuten sie, dass immer mehr Wert auf die Ulkusprophylaxe bei NSAR-Gabe gelegt wird. Des Weiteren könnten die deutlich gesunkenen Preise für PPI, von 0,73 Euro in 2007 auf 0,18 Euro in 2017 (Bruttokosten je DDD) diese Entwicklung zusätzlich begünstigt haben.

Deutlicher Schwund bei Pantoprazol und Omeprazol

Nun zeichnet sich für das erste Halbjahr 2017 erstmals ein Abwärtstrend ab. Die verordneten Tagesdosen seien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,3 Prozent gesunken, schreibt das Zi, und ein erster Blick auf die Daten der folgenden Monate im Jahr 2017 lasse vermuten, dass dieser Trend anhalten werde. Von Januar bis Juli 2017 habe Pantoprazol, auf das im Jahr 2016 nach DDD 73 Prozent der PPI-Verordnungen entfielen, 36,1 Millionen DDD verloren. Bei Omeprazol (21 Prozent der Verordnungen in 2016) seien es sogar 52,7 Millionen DDD weniger gewesen. Tagesdosen der Selbstmedikation zur kurzfristigen Behandlung von Refluxsymptomen nach dem OTC-Switch von Pantoprazol und Omeprazol ab dem Jahr 2009 sind hierbei nicht erfasst. 

Nebenwirkungsrisiko steigt

In Fachkreisen werde die hohe Zahl der PPI-Verordnungen zunehmend kritisch gesehen, berichtet das Zi weiter. Zweifelsohne hätten indikationsgerecht eingesetzte PPI einen großen Nutzen für die betroffenen Patienten. Insbesondere bei Langzeitgabe mehrten sich jedoch die Hinweise auf schwerwiegende Nebenwirkungen, wie etwa eine Erhöhung des Risikos für Frakturen, Clostridium difficile-Infektion sowie die Entwicklung einer Niereninsuffizienz. Seit Kurzem werde zudem über ein erhöhtes Mortalitätsrisiko bei Dauertherapie diskutiert.

Patienten sorgfältig überwachen

Auch den nicht-bestimmungsgemäßen Einsatz sieht das Zi mit Besorgnis. Die bei ärztlichen Abrechnungsdaten hinterlegten Diagnosen ließen vermuten, dass sie vielfach auch gegen funktionelle Dyspepsie (Reizmagensyndrom) oder Gastritis verschrieben würden. Die Evidenz hierfür sei jedoch schwach. Aufgrund der jüngsten Marktentwicklung geht das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung davon aus, dass sich der Anteil der Patienten mit unklarer Indikationsstellung in den nächsten Jahren weiter verringern wird. Es rät dazu, Indikation, Dosierung und Dauer der Therapie stets kritisch zu überprüfen. Außerdem sollten die Patienten sorgfältig überwacht und bei der Therapie begleitet werden, auch um bei Absetzversuchen das mögliche Rebound-Phänomen mit einer überschießenden Magensäureproduktion so gering wie möglich zu halten.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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