Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

24.12.2017, 08:00 Uhr

Schöne Bescherung! Noch einmal StileNachtHeiligeNacht. Dann ziehen wir uns warm an – und nehmen das Gutachten auseinander. Süßer die Glocken nie klingen! 

Schöne Bescherung! Noch einmal StileNachtHeiligeNacht. Dann ziehen wir uns warm an – und nehmen das Gutachten auseinander. Süßer die Glocken nie klingen! 


20. Dezember 2017 

Ein Trauerspiel mit der Regierungsbildung! Ein Vierteljahr nach der Wahl haben wir noch keine Regierung. O.k., derzeit merkt man vom Vakuum noch nicht viel, was manchen sogar dazu verleitet scherzhaft zu sagen, man könnt es auch so lassen, wäre sogar besser. Nein, im Ernst, bei der ganzen Sondiererei geht’s doch vor allem um Eitelkeiten, um Pfründe. Wer kann mit wem, wer bekommt was. Statt sich mal auf Koalitionen einzulassen und dann in demokratischen Prozessen und Debatten um Mehrheiten zu ringen, hat man schon von vornherein Angst, zu regieren, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt. Ein Jammer! Mein liebes Tagebuch, die Parteien haben doch auch eine Verantwortung ihren Wählern gegenüber, eine Regierung zu bilden. Anfang Januar soll’s endlich weitergehen, vom 7. bis 12. Januar wollen Union und SPD eine Regierungsbildung sondieren (man kann das Wort „Sondieren“ schon nicht mehr hören). Sollte man sich annähern und auf Koalitionsverhandlungen einigen, muss die SPD erst auf ihrem Sonderparteitag endgültig darüber entscheiden. Ende Januar könnten dann die Koalitionsverhandlungen beginnen und Mitte Februar muss noch ein SPD-Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag abstimmen, was bis zu drei  Wochen dauern und zwei Mio. Euro kosten kann. Mein liebes Tagebuch, das grenzt schon an Luxus-Demokratie. 

21. Dezember 2017

Verboten! Das Landgericht Mosbach hat den Arzneimittel-Automaten von DocMorris im baden-württembergischen Mosbach für unzulässig erklärt. Damit bestätigte das Gericht seine einstweiligen Verfügungen, die zu einer schnellen Schließung des Abgabe-Automaten geführt hatten. Mein liebes Tagebuch, das ist doch kurz vor Weihnachten wie ein kleines Geschenk vom Christkind. Andererseits, wenn es in dieser Republik noch einen Rest von gesundem Menschenverstand in der Justiz gibt, dann konnte man kein anderes Urteil erwarten. Ein Automat, ferngesteuert aus den Niederlanden, ist trotz zuschaltbarem Apotheker auf dem Videoschirm eben keine Apotheke, wie sie bei uns im Apothekengesetz steht. Punkt. So einfach ist das. Und Versandhandel ist das auch nicht, wenn der Kunde sein Arzneimittel in der Automaten-Stube abholt. Und auch keine Abholstation, weil der Kunde keinen Kaufvertrag über die Arzneimittel vor der Abholung abschließt. So, mein liebes Tagebuch, die erste Hürde ist geschafft. Allerdings ist eine Revision gegen dieses Urteil möglich. Außerdem steht jetzt noch der Prozess am Verwaltungsgericht in Karlsruhe an. Hier klagt DocMorris gegen die Schließungsverfügung des Regierungspräsidiums. Mal rein theoretisch gedacht könnte das Gericht der Schließung aus verwaltungsrechtlichen Gründen widersprechen. Ob DocMorris seinen Automaten reaktivieren und Hüffenhardt wieder öffnen dürfte, wäre dann aber trotzdem nicht klar. Hier stünde dann nämlich ein zivilrechtliches gegen ein verwaltungsrechtliches Urteil. Warten wir’s ab, noch sind wir nicht so weit. Mein liebes Tagebuch, wer weiß, was da in Zukunft noch auf uns zukommt. Wenn sich die Fernbehandlung und Telemedizin etabliert, wenn die Verfügbarkeit von Apotheken (auf dem Land) aus welchen Gründen auch immer in den nächsten Jahren drastisch abnimmt, wenn sich digitale Rezeptsammelstellen wie die vom LAV Baden-Württemberg durchsetzen – wer weiß, welche Strömungen und Innovationen sich beim Begriff Apotheke etablieren? Ob dann – horribile dictu – Automatenapotheken konsensfähig werden? Mein liebes Tagebuch, das wollen wir nicht hoffen. Eine gute, vertrauensvolle Beratung, von Mensch zu Mensch, bleibt hoffentlich noch ganz ganz lange die oberste Maxime.

 

Es ist der Hammer, der Donnerschlag, das Fallbeil, unerwartet und unangekündigt. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sein berüchtigtes Gutachten zum Apothekenhonorar veröffentlicht, im Auftrag erstellt von der 2hm-Agentur für schlappe 450.000 Euro. Es wurde einfach so auf die Website des Ministeriums gestellt. Eine zentrale Aussage in diesem Papier: Das Fixhonorar des Apothekers muss auf 5,84 Euro abgesenkt werden. Und dieses Gutachten soll nun die Bibel sein für zukünftige Diskussionen über unser Honorar, über Top oder Hopp von Apotheken und damit über das Schicksal von Tausenden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von Arbeitsplätzen.

Mein liebes Tagebuch, jetzt also doch, das Weihnachtsgeschenk, mit liebem Gruß von der SPD. Im Prinzip ist es allerdings das Gutachten, wie es schon seit Wochen in Insiderkreisen kursierte. Das Statistische Amt, das prüfte, sowie das Wirtschaftsministerium haben nicht mehr viel verändert und es so durchgewunken. Ein paar Zahlen wurden marginal korrigiert, die Korrekturen tragen aber nicht wirklich zu einer Entschärfung bei. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass das Honorar einer Apotheke um  durchschnittlich 40.000 Euro gesenkt werden sollte. Aberwitzig! Und wie zu erwarten halten die Gutachter von einem Rx-Versandverbot rein gar nichts. Es würde keine strukturellen Vorteile in der Versorgung mit sich bringen. Voll krass. Und dann noch ein weiteres Detail aus dem Gutachten: „Relevante“ Apotheken sollen identifiziert und durch einen Strukturfonds (100 Mio. Euro) unterstützt werden. Wie das gehen soll, wie man diese Apotheken identifiziert und aussortiert, bleibt natürlich offen. Ist doch alles ziemlich schräg, oder? Da können wir doch gleich ein staatliches Apothekensystem aufbauen.

Mein liebes Tagebuch, was passiert jetzt mit dem Gutachten? Erstmal nichts. Wir haben keine Regierung, es stehen keine geplanten Veränderungen auf dem Apothekenmarkt an. Bis Ostern ist, abgesehen von Verbände-Diskussionen ums Gutachten, politisch erst mal Ruhe im Karton. Und dann? Mal ganz leise gedacht: Könnte es vielleicht ein kleiner Lichtblick sein, dass das unsägliche Papier in den Wirren der Regierungsbildung „vergessen“ wird? Wohl nicht ganz. Irgendwann, wenn wir Apothekers auch nur die kleinste Honorarforderung erheben, kommt der 260-Seiten starke Schinken auf den Tisch. Und dann brauchen wir Argumente. Hallo, ABDA! Was nun? Haben wir nun ein Gegengutachten oder haben wir keins? Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen? Erst wenn wir eine neue Regierung haben? Das ABDA-Gutachten als dickes Osterei? Und bis dahin geht jede andere Organisation allen voran die Krankenkassen, von der Richtigkeit dieses Gutachtens aus, nimmt es als Grundlage für die Zukunft der Apotheken. Denn dann wird es heißen: Die Apotheker haben sich doch nicht gegen das Gutachten gewehrt. Mein liebes Tagebuch, wenn uns das mal nicht alles um die Ohren fliegt. Mit dieser ABDA kannste keinen Staat mehr machen. Da schicken Sie dieses Mal nur ihren Sprecher vor, der leicht verschnupft erklären darf: Das Ministerium hat uns einfach übergangen, Zusagen nicht eingehalten, böse, böse. Die armen Apothekers, schnief, schnief. Na, mein liebes Tagebuch, so wird’s nichts. Vom Präsidenten, vom Verbandschef kein Wort zum veröffentlichten Gutachten. Man wird da nicht mehr schlau aus diesem Haufen. Sieht nach Überforderung aus. Halten wir fest mein liebes Tagebuch: Läuft die ABDA-Strategie etwa auf Stillhalten hinaus, vielleicht mit der Hoffnung auf ein Verschwinden des Papiers? Das wird sich nicht erfüllen. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

6 Kommentare

Dank x2

von Thomas Hardt am 24.12.2017 um 13:27 Uhr

Lieber Peter Ditzel, den Zeilen von Dr. Diefenbach schließe ich mich gerne an - Glückwunsch und Dank für Ihre Motivation für alle, denen das ewige „weiter so“ und „geht nicht“ in unseren selbstzufriedenen Standesorganisationen nicht reicht. Sie geben anderen Meinungen eine Stimme - nochmal danke dafür auch wenn noch viel zu wenige erkennen, dass nur „Handeln Zukunft Schafft“.
Frohe Weihnachten Ihnen und dem DAZ Team
Dr. Thomas Hardt

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Tagebuch

von Dr.Diefenbach am 24.12.2017 um 12:40 Uhr

Lieber Herr Ditzel,ich sage einfach mal "Danke" für Ihre Einlassungen,sogar heute,und wünsche Ihrem Team und Ihnen schöne Weihnachten.Ich glaube dass Viele Vieles gar nicht in der entsprechenden Tragweite realisieren würden,wenn Sie uns nicht sonntags die kleine Welt der Pharmazie,leider oft mit grossen Folgen,vor Augen führen würden.Nochmals :Danke!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Weihnachtsnotdienst

von Karl Friedrich Müller am 24.12.2017 um 12:18 Uhr

Es gibt nur noch Apotheken in Städten über 500.000 Einwohnnern. Die Notdienstapotheke ist 100 km weit weg. Das Kind krank. Die Ärzte haben zwar Dispensierrecht erhalten, aber was nützt es. Über die Feiertage gibt es nur den Video Arzt Notdienst. Aus Timbuktu. Spricht kaum Deutsch, dafür will er erst mal Vorkasse.
Das Kind braucht ein Antibiotikum. Anruf in der Notdienstapotheke. Nach 2 Stunden komme ich tatsächlich durch. Leider ist das Medikament aus.
Also, in das nächste Krankenhaus. Dort angekommen, erhält man die Auskunft: das ist nun blöd. Wir machen nur noch Knieoperationen. Alles Andere lohnt nicht mehr...
Also Versandapotheke. Die können liefern! Aber erst in einer Woche. Personalengpässe, dazu Lieferprobleme beim Hersteller und Sttreiks bei den Paketdiensten....
Da die Krankenkassen in Geld schwimmen, konnten die Boni für die Vostände verdreifacht werden. Die Versandapotheken machen riesige Gewinne und schütten enorme Dividenden aus. Der Beitragssatz für Arbeitgeber konnte abgeschafft werden, Dafür hat der Beitrag für Arbeinehmer sich geringfügig um 50% erhöht. Und die Zuzahlungen.
Politiker verdienen ihr Gnadenbrot bei Krankenkassen und Versendern. Null Arbeit, sicheres Auskommen....

Schöne Weihnachten

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ärzte

von Anita Peter am 24.12.2017 um 9:39 Uhr

Werden bei den jährlichen Honorarerhöhungen der Ärzte auch die IGEL Leistungen und sonstige Selbstzahlerleistungen abgezogen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

still ruht der See

von Christian Giese am 24.12.2017 um 9:38 Uhr

Alles Politische beginnt mit der Erkenntnis, dass man handeln muss.
Denn ohne eigene debattenfähige Meinungsbildung siegt immer der Andere.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Der letzte Tag ...

von Christian Timme am 24.12.2017 um 8:51 Uhr

Hoffen wir das es den nie geben wird ... frohe Weihnachten ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.