Diätplan für die Weihnachtszeit

Funktioniert Abnehmen mit „Schummel-Tagen"?

Stuttgart - 22.12.2017, 11:05 Uhr

 Oh Tannenbaum: Bei der „Schummel-Tage"-Diät ersetzen Sie wohl an Tag zwei Brokkoli und Mandarinen durch Bratapfel mit Nussfüllung und Vanillesoße. (Foto: bobakphoto / stock.adobe.com)

 Oh Tannenbaum: Bei der „Schummel-Tage"-Diät ersetzen Sie wohl an Tag zwei Brokkoli und Mandarinen durch Bratapfel mit Nussfüllung und Vanillesoße. (Foto: bobakphoto / stock.adobe.com)


Zwischen Weihnachten und Silvester, spätestens zu Neujahr, immer beliebt: abnehmen und Diäten. Speckt man mit „Schummel-Tagen“ effektiver ab als mit einer strikten Kalorienreduktion auf 75 Prozent? Welches Diätprogramm halten Übergewichtige langfristig leichter durch – sich auch mal was gönnen oder konsequent jeden Tag verzichten? Das Fachmagazin JAMA hat sich mit diesen Fragen befasst. 

Wie übersteht man Weihnachten unbeschadet – nicht nur vielleicht die Schwiegermutter, sondern auch figurtechnisch Weihnachtsgans mit Knödeln, Raclette-Pfännchen mit üppig Käse, gebrutzelte Filetstückchen aus dem öligen Fleischfonduetopf? Und das alles jeweils mit Vorspeise und Dessert. Schließlich ist nur einmal Weihnachten im Jahr. 

Nicht zu vergessen, den opulenten Plätzchenteller, der einen nachmittags verlockend verführt. Ach, und dann noch das ausgedehnte Frühstück, wo doch endlich einmal die ganz Familie beisammen ist. Gegenmaßnahme dieser Völlerei ist meist nur ein Alibi-Spaziergängchen – über die Felder, kurz um den See oder vielleicht auch einfach nur zur Christmette.

Hängt vielleicht auch in so manchen Familien der Haussegen während der allzu harmonischen Weihnachtszeit schief – die Energiebilanz tut es in jedem Fall. Wie also die Feiertage genießen, ohne die Quittung der penibel genauen, digitalen Körperwaage direkt zu Neujahr zu kassieren?

Tägliche Kalorienrestriktion oder abwechselnd hungern-schlemmen-hungern-schlemmen?

Zwar nicht vor diesem aktuellen weihnachtlichen Hintergrund, aber mit dieser generellen Frage einer erfolgreichen Diät beschäftigten sich Wissenschaftler: Welche Diätmaßnahme ist effektiver – lieber täglich Maß halten oder alternierend schlemmen und hungern? Die Ergebnisse zu den „Diät-Tipps“ veröffentlichte das JAMA, das US-amerikanische Ärzteblatt.

Die Wissenschaftler gewannen 100 Versuchsteilnehmer für ihr einjähriges Projekt. Davon war der überwiegende Teil weiblich – was beim Thema Diäten nicht weiter überraschen sollte. Die 86 Frauen und 14 Männer waren durchschnittlich 44 Jahre alt – die Alters-Range umfasste 18 bis 64 Jahre. Allen gemein war: Die Probanden waren stark übergewichtig und hatten im Mittel einen Body-Mass-Index (BMI) von 34. Der BMI berechnet sich aus Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch Körpergröße in Meter zum Quadrat.

Welcher BMI ist „normal“?

Kategorie BMI (kg/m²) Körpergewicht

leichtes Untergewicht

17 – < 18,5

Untergewicht

Normalgewicht

18,5 – < 25

Normalgewicht

Präadipositas

25 – < 30

Übergewicht

Adipositas Grad I

30 – < 35

Adipositas

Adipositas Grad II

35 – < 40

Adipositas

Adipositas Grad III

> 40 

Adipositas

Gewichtsklassifikation Erwachsene nach BMI laut WHO

Alternierend fasten oder konsequent weniger essen reduziert Gewicht

Die Wissenschaftler teilten die Teilnehmer in drei Gruppen ein: Gruppe eins musste „alternierend“ fasten – sie erhielten einen Tag 25 Prozent ihrer täglich benötigten Energie, am darauffolgenden Tag 125 Prozent. Folglich 500 kcal im Wechsel mit 2500 kcal. Die Probanden der zweiten Gruppe erhielten konstant 75 Prozent ihrer täglichen Energiezufuhr, sprich 1500 kcal. Und die letzte Versuchsgruppe lief sozusagen also Placebo – „no-intervention-control“.

Die Studienteilnehmer sollten nach einer sechsmonatigen Phase der Gewichtsreduktion dieses Gewicht für weitere sechs Monate halten. War der primäre Endpunkt wohl auch ästhetisch attraktiv – wie ändert sich das Körpergewicht? – interessierte die Wissenschaftler ebenso: Wie leicht fällt den Probanden der jeweilige Diätplan, bleiben sie dran? Und wie wirkt sich die jeweilige Ernährungs-Intervention auf kardiovaskuläre Erkrankungen aus, Blutdruck beispielsweise?

Hilft ein „Schummel-Tag“ beim Abnehmen?

Welches zu bevorzugende Diät-Regime förderte die Studie zutage, wie nehmen die Patienten am Effektivsten ab? Und helfen die „Schummel-Tage“ – das „sich-etwas-gönnen“ – den Patienten eher, diätmäßig bei der Stange zu bleiben?

Beim Ergebnis gibt es nicht viel zu schrauben: Eine konstante 75-Prozent-Kalorienzufuhr oder alternierende Fastentage mit 25 Prozent und 125 Prozent wirken sich nicht signifikant unterschiedlich auf den Gewichtsverlust aus. Bei beiden Teilnehmergruppen purzelten die Pfunde, und zwar durchschnittlich um 6 Prozent bei den alternierend Fastenden beziehungsweise 5,3 Prozent bei der konstanten Diätgruppe jeweils im Vergleich zum Kontrollkollektiv. Auch beim „Gewichthalten“ unterscheiden sich die beiden Abnehm-Methoden nicht signifikant.

Diät durchhalten fällt mit konstanten Kalorien leichter

Allerdings scheinen die beiden Diätstrategien dennoch unterschiedlich zu motivieren. Bei der alternierenden Fasten-Methode haben mehr Teilnehmer die Studie abgebrochen (38 Prozent) als bei der kontinuierlichen 75-Prozent-Kaloriengruppe (29 Prozent). Auch bei der Kontrollgruppe, die keine Diätmaßnahmen befolgte, lag die Abbruchquote bei 26 Prozent.

Offenbar fällt es den übergewichtigen Patienten auch schwer, die richtigen „Essensmengen“ einzuschätzen: So nahmen in der alternierenden Fastengruppe die Patienten am 125-Prozent-Tag mehr Kalorien zu sich als erlaubt, am 25-Prozent-Tag haben sie jedoch „gespart“ und weniger gegessen als im Diätplan vorgesehen war. Hingegen ist es den Probanden des einheitlichen 75-Prozent-Regimes gelungen, sich an ihre täglichen Essensmengen zu halten. Auch hier gilt wohl hinsichtlich der Adhärenz, es den Patienten so einfach wie möglich zu machen.

Auswirkungen auf Blutdruck und Co. 

Wie wirkt sich das ganze Diätverfahren auf Blutdruck, Triglyceride, Nüchternglucose und Insulinresistenz aus? Signifikant – überhaupt nicht. HDL-Cholesterin stieg beim alternierenden Fasten im Vergleich zur täglich restriktiven Diätgruppe signifikant bis zu Monat sechs, nach zwölf Monaten jedoch war der Effekt nicht mehr vorhanden. Allerdings hatten die alternierenden Faster signifikant höhere LDL-Spiegel nach zwölf Monaten verglichen mit den anderen Patienten. Und nun?

Welche Diät sollen Übergewichtige nun verfolgen?

Letztlich kommen die Wissenschaftler zu der Conclusio, dass hinsichtlich kardiovaskulärer Protektion, Gewichtsverlust und Gewichterhalt beide Diätregime vergleichbar erfolgreich sind. Heißt für die bevorstehenden Feiertage – wer hier abspecken will: Auf welchem Weg er seine Kalorienzufuhr reduziert, ist wohl einerlei. Wirkungsvoller ist das alternierende Fasten wohl beginnend an Heiligabend mit zwei „Spartagen“, wer es genussvoller mag, legt einen einzelnen „Spartag“ auf den ersten Feiertag.

Und ob Weihnachten die Zeit für ausgedehnte Diätpläne sein sollte, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Meist sind die Tage zwischen Neujahr und Weihnachten eher die unheilvollen Gewichtsbringer als die zwischen Weihnachten und Neujahr. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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