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Versandhandel
ABDA und DocMorris wollen die Welt verbessern
Eine Annäherung zwischen der ABDA und DocMorris im Versandhandelskonflikt? Die ist weiterhin undenkbar. Auch bei einer Diskussion auf der Handelsblatt-Tagung „Health“ am heutigen Dienstag stritten sich die ABDA-Wirtschaftschefin Claudia Korf und DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller darüber, wer die Welt denn nun wirklich verbessern könne. Die einzige Überraschung in der Runde: Die vehementeste Unterstützung pro Rx-Versandverbot kam nicht von der ABDA.
Am heutigen Dienstag trafen sich bei der Handelsblatt-Tagung in Berlin mehrere Akteure aus der Apotheken- und Arzneimittelbranche, um über die Zukunft der Arzneimittelpreisverordnung zu diskutieren. Neben Korf und Müller nahmen Christian Buse, Chef des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA), Mani Rafii, Vorstandsmitglied bei der Barmer, und Jörg Wieczorek, Vorsitzender des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH), an der Diskussion teil.
Doch bevor bei der Diskussion die Fetzen fliegen konnten, hatten Buse und Müller die Möglichkeit, ihre Sicht auf die Dinge in Kurzvorträgen darzustellen. Buse stellte Zahlen zum Arzneimittelmarkt vor, mit denen er seine Grundthese untermauern wollte: „Dass der Versandhandel nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung durch die Decke gegangen ist, das ist nicht der Fall“, so der BVDVA-Chef. Buses Zahlen zufolge habe der Versandhandelsumsatz in den Monaten Januar bis September 2017 im Rx-Bereich 227 Millionen Euro betragen, das entspreche einem Plus von 4,2 Prozent. Im OTC-Bereich hätten die Versender allerdings ein Plus von 10,4 Prozent seit Jahresbeginn hinlegen können.
Zur Auflösung des Versandhandels-Konfliktes stellte Buse seinen seit Monaten bekannten Vorschlag vor: Statt den Fixpreisen soll es Höchstpreise samt eines Boni-Deckels geben. Gleichzeitig sollen Apotheker aus ihrem Honorar 16 Cent zusätzlich an den Nacht- und Notdienstfonds abzweigen, womit sich die Notdienstpauschale auf ca. 560 Euro erhöhen würde. Buse dazu: „Gerade Landapotheken würden überproportional davon profitieren. Die betroffenen Apotheker könnten von den Zugewinnen auch neue Mitarbeiter für sich gewinnen.“ Die Grünen-Bundestagsfraktion hatte vor einigen Monaten einen ähnlichen Gesetzgebungsvorschlag ins Parlament eingebracht.
Max Müller: Wir wollen die Welt verbessern
Einen wenig konkreten, dafür aber visionär anmutenden Vortrag hielt DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller. Der DocMorris-Funktionär sprach über gesellschaftliche Veränderungen, bei denen die Digitalisierung eine immer größer werdende Rolle spiele. „Die Digitalisierung ist in der Gesellschaft angekommen, wir im Gesundheitswesen müssen diese Herausforderung annehmen und Versorgungsmodelle entwickeln.“ Er sehe es als eine Aufgabe seines Unternehmens, „Ängste zu nehmen, aufzuklären und zu erläutern“. Denn: „Die Debatte um die Digitalisierung ist hierzulande oftmals angstgetrieben, statt fortschrittgetrieben.“
Aus Sicht von Müller ist es ganz einfach: Beteiligt sich das deutsche Gesundheitswesen nicht am digitalen Fortschritt, wird es von anderen Ländern überholt. „Es geht uns nicht um den Streit ‚Alt gegen Neu’ oder ‚Vor-Ort-Apotheke gegen Versandapotheke‘. Wir müssen alle an dieser Entwicklung partizipieren, sie wird sich nicht mehr aufhalten lassen. Wir bei DocMorris wollen die Welt jedenfalls jeden Tag ein Stückchen besser machen.“
„Uns beschäftigt nicht nur das EuGH-Urteil“
Angesprochen auf diese These reagierte die Wirtschaftschefin
der ABDA, Claudia Korf, bei der nachfolgenden Diskussion so: „Wir machen die
Welt heute schon jeden Tag ein Stückchen besser.“ Auf die Frage, ob die Welt
denn untergehe, wenn es weitere Deregulierungen für die Versandhändler gäbe,
antwortete Korf erst gar nicht, dann ausweichend: „Also die Welt geht
jedenfalls nicht unter, wenn die Arzneimittelpreisverordnung untergeht.“
Ohnehin klangen die Töne von ABDA-Vertretern für das Rx-Versandverbot schon
einmal vehementer. Korf sagte, dass das Verbot „nur eine Frage“ in der
derzeitigen Diskussion sei. Eine davon getrennte, aber ebenso wichtige Frage
sei, wie die Apotheker künftig bezahlt würden. Korf wörtlich: „Uns beschäftigt
nicht nur das EuGH-Urteil, da laufen viele Impulse, die man in der
Zusammenschau diskutieren muss. Das Verbot ist nur ein Aspekt im gesamten
Setting.“ Sie sprach sich für eine „Paketlösung“ anstelle von vielen kleinteiligen Regulierungen vor.
Darauf angesprochen verteidigte Korf die Sinnhaftigkeit eines eventuellen Rx-Versandverbotes trotzdem. Das Verbot sei der einzige Weg, die Gleichpreisigkeit aufrechtzuerhalten. Alle anderen Wege seien „nur Krücken“. Sie erinnerte an den „Deal“, den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auch immer wieder einbringt: „Der Versandhandel wurde damals zugelassen, mit der Voraussetzung, dass die Gleichpreisigkeit erhalten bleibt.“ In Sachen Digitalisierung übte Korf zudem heftige Kritik am Vortrag von Max Müller. „Digitalisierung ist nicht gleich Versandhandel. Die Digitalisierung ist somit nicht automatisch mit einem Nutzen für die Gesellschaft verbunden. Man muss sich genau überlegen, wie man die Digitalisierung einsetzt, um die Versorgung auch zu verbessern.“ Die Apotheken verfolgten genau diese Strategie: Erstens individuelle, digitale Angebote in den Apotheken, zweitens die Telematikinfrastruktur und drittens künftige Versorgungsangebote, die die Standesvertretungen der Apotheker mit „Partnern“ aushandeln wollen.
Zur Rolle des Versandhandels in der Versorgung erklärte Korf, dass der Online-Handel aus Sicht der Apotheker eine „substitutive, also ergänzende Funktion“ habe. Er könne aber nicht die Regelversorgung übernehmen. Korf weiter: „Und genau deswegen setzen wir uns auch dafür ein, dass die Apotheker mehr pharmazeutische Dienstleistungen in den Apotheken anbieten und dafür auch vergütet werden.“
Wieczorek (BAH): Versandhandel gefährdet die Versorgung
Als einziger Diskutant sah BAH-Chef Jörg Wieczorek es als gegeben an, dass die „flächendeckende Arzneimittelversorgung durch den Versandhandel gefährdet“ sei. Wieczorek begründete das einerseits mit dem Sachleistungsprinzip: „In diesem Prinzip sind keine Boni und Geldvorteile vorgesehen. Wer so etwas plant, stellt das gesamte System infrage.“ Wieczorek wies außerdem darauf hin, dass der Rx-Versand derzeit in 21 anderen Ländern verboten sei.
Max Müller warf Wieczorek daraufhin vor, „eine Mauer rund um Deutschland bauen zu wollen“. Auch in Richtung ABDA teilte Müller aus: „In den Gesprächen mit der Politik in der vergangenen Legislaturperiode hätte die ABDA statt des Rx-Versandverbotes so viel haben können: Eine höhere Vergütung, auch für Dienstleistungen, auch eine engere Beteiligung der Apotheker am Medikationsplan war im Spiel. Aber Sie haben alles abgelehnt!“, sagte Müller in Richtung Korf.
5 Kommentare
DocMorris Versand
von Dieter Beck am 13.12.2017 um 16:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Weltverbesserer?
von Heiko Barz am 13.12.2017 um 13:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Lebensfähigkeit?
von Reinhard Rodiger am 12.12.2017 um 23:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Lebensfähigkeit ohne Weichteile?!
von Christian Giese am 13.12.2017 um 13:30 Uhr
Versandhandel, Digitalisierung
von Gerhard Wandel am 12.12.2017 um 21:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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