Apothekenvergütung

ABDA will „kleinteilige“ Projekte statt neuer Honorar-Struktur

Berlin - 07.12.2017, 20:45 Uhr

Kein großen Umwälzungen, sondern ein langsamer Start: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt will das Apothekenhonorar nicht in Kleinteile zerlegen. (Foto: Schelbert)

Kein großen Umwälzungen, sondern ein langsamer Start: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt will das Apothekenhonorar nicht in Kleinteile zerlegen. (Foto: Schelbert)


Die ABDA lehnt eine große Umstrukturierung des Apothekenhonorars ab. Nach der heutigen Mitgliederversammlung der Standesvertretung in Berlin teilte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt mit, dass die ABDA weder Kürzungen am Honorar noch eine „Verteilungsdebatte“ zulassen wolle. Der richtige Weg seien viele, kleine Projekte, in denen die Apotheker neue Dienstleistungen anbieten und dafür honoriert werden.

Wieder einmal hat die ABDA-Mitgliederversammlung, bei der Vertreter aus allen 34 Kammern und Verbänden zusammenkommen, unter keinem guten Stern stattgefunden: Für die Kernforderung der Apotheker (Rx-Versandverbot) gibt es nach wie vor keine politische Mehrheit, durch die Presse und die gesundheitspolitischen Verbände kursiert ein Honorar-Gutachten, das den Apothekern einen Überverdienst attestiert, und innerhalb der ABDA gibt es auch einigen Dissens, weil Mitglieder mit eigenen Honorar- und Versorgungsvorschlägen an die Öffentlichkeit gehen. Und trotzdem soll die Versammlung am heutigen Donnerstag äußerst ruhig und konstruktiv gewesen sein, berichteten viele Teilnehmer nach der Sitzung.

Auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erklärte im Anschluss, es habe nur „ganz kurz“ überhaupt eine Diskussion zum derzeit am heftigsten debattierten Thema, dem Apothekenhonorar, gegeben. Vielmehr habe es breite Zustimmung für den Plan des geschäftsführenden Vorstandes der ABDA gegeben. Dieser sieht laut Schmidt vor: „Erstens wollen wir über eine Herabsenkung unseres Honorars nicht verhandeln. Wer eine Kürzung des Apothekenhonorars auch nur ins Gespräch bringt, ist für uns kein Gesprächspartner. Und zweitens sind wir uns auch einig, dass es keine interne Verteilungsdebatte geben wird.“

Overwiening-Vorschlag „ist verworfen“

Gabriele Regina Overwiening, Kammerpräsidentin in Westfalen-Lippe, hatte kürzlich einen Honorar-Vorschlag ins Spiel gebracht, der bei vielen ihrer Kollegen in die Kritik geriet. Dem Plan zufolge sollen alle Apotheken einen Teil ihres Honorars in einen Fonds einzahlen, aus dem insbesondere solche Apotheken schöpfen, die besonders viele Gemeinwohlaufgaben und Dienstleistungen anbieten. Angesprochen auf diesen Vorschlag reagierte Schmidt kurz angebunden: „Ist verworfen.“ Und in der Tat: Auch andere Sitzungsteilnehmer berichteten, dass alternative Vergütungsmodelle nicht einmal diskutiert worden seien.

Stattdessen sieht der Plan der ABDA zur Renovierung des Apothekenhonorars folgendermaßen aus: „Neben der existierenden Säule“ des Fixhonorars soll eine weitere Vergütungssäule gebaut werden. „Die Apotheker sollen für ihre individuellen Dienstleistungen vergütet werden", so Schmidt. Diese könnten im Bereich der Chroniker-Beratung oder der klassischen Medikationsanalyse liegen. Den Ärzten will Schmidt dabei nicht zu nahe kommen: „Ein Wettbewerb mit den Ärzten macht keinen Sinn, auch weil der Gesetzgeber dann immer sagen könnte, dass diese Leistungen schließlich schon vergütet würden.“ Auch deswegen sei er kein Freund der Idee, dass Apotheker impfen sollten. Allerdings könnten die Pharmazeuten zur Verbesserung der Impfquote beitragen, etwa durch Dokumentationen oder Aufklärungsarbeit.

Neues Apothekenhonorar ein „evolutionärer Prozess“

Aber auch bei dieser zweiten Säule will die ABDA keineswegs mit der Planierraupe vorgehen und diese neuen Dienstleistungen samt Vergütung sofort durchsetzen. Vielmehr handele es sich um einen „evolutionären Prozess“, bei dem die Apotheker zunächst „kleinteilige, regionale“ Projekte gestalten und gemeinsam mit den Krankenkassen Verträge abschließen.

Auf das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Honorar-Gutachten wollte Schmidt nicht im Detail eingehen. Er weigere sich, die Vorab-Version überhaupt anzuerkennen und sprach stets von einem „angeblichen Gutachten“. Auf Nachfrage ging der ABDA-Präsident dann doch noch etwas genauer auf die bekannt gewordenen Zahlen und Vorschläge ein. Zu einem der Kernbefunde des Gutachtens, dass die Verdienstschere bei den Apothekern weit auseinander geht, erklärte Schmidt: „Das ist ein Wettbewerb, den die Politik vor vielen Jahren selbst ins Leben gerufen hat. Jetzt sollen wir mit einem Umverteilungsmechanismus die Ausputzer sein? Nein, das gibt es nicht.“

Auch aus diesem Grund verteidigte er die Mischkalkulation im Apothekenhonorar und sprach sich gegen ein weit aufgefächertes, ausdifferenziertes Apothekenhonorar aus. Die Erklärung des ABDA-Präsidenten dazu: „Wenn es für jeden Prozess im Apothekenalltag einen Preis geben müsste, wären diese Preise der Gesellschaft nicht vermittelbar.“ Man erlebe es derzeit schon in den Kassenverhandlungen zur Cannabis-Abgabe, dass die Leistungsträger die Arbeit der Apotheker zwar anerkennen, letztlich aber sagen müssten, dass die verlangten Preise nicht bezahlbar seien.

Schließlich kündigte Schmidt an, dass auch die Apotheker mit eigenen Zahlen und Statistiken bei der Politik vorsprechen würden, wenn es mit der Umstrukturierung des Apothekenhonorars konkret wird. Man werde ein richtiges Gutachten in der Schublade haben, das klarstelle, wie wichtig auch die wirtschaftliche Bedeutung der Apotheke vor Ort sei. Dieses Papier wolle man – so Schmidt – aber erst vorstellen, wenn sich eine neue Regierung mithilfe des BMWi-Gutachtens anschickt, das Honorar umzubauen.

Kiefer: Versorgungsfragen und -probleme regional klären

Ein weiterer Diskussionspunkt bei der heutigen Mitgliederversammlung war die Versorgungsdichte in Deutschland. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, stellte klar, dass es bei diesem Punkt keine Zweifel gibt: „Es gibt keine belastbaren Daten dafür, dass auch nur eine Region in Deutschland unterversorgt ist.“ Deswegen sei auch keine bundesweite Neuregelung nötig, nach der die Versorgung zentral gesteuert werde.

Den Vorschlag seines Kollegen Lutz Engelen aus der Kammer Nordrhein, nach dem die Kammern einen Sicherstellungsauftrag für die Versorgung erhalten sollen, nannte Kiefer nicht direkt. Allerdings deutete auch er an, dass den Kammern in dieser Frage mehr Kompetenzen eingeräumt werden sollen. „Wenn irgendwo Apotheken fehlen oder eine Rezeptsammelstelle eröffnet werden soll, dann sind das Fragen, die auf regionaler Ebene von den Kammern am besten bearbeitet werden können.“

Diskussionswürdig sei auch die Frage, ob der Ermessensspielraum der Kammern in Versorgungsfragen ausgebaut werden müsse. Man sei sich aber einig, dass eine Prämisse immer gelten wird: „Der direkte Kontakt zwischen Patient und Apotheker muss immer gewährleistet sein. Das hängt auch eng zusammen mit unserem Kontrahierungszwang, den der Versandhandel nicht hat. Es ist ja bekannt, dass Versandhändler nicht jeden Auftrag annehmen, der ihnen entgegen gebracht wird.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Wen interessiert´s...

von Mathias Mallach am 08.12.2017 um 10:57 Uhr

..., was die ABDA will ?
Die Apothekerschaft will und BRAUCHT DRINGEND ein höheres Honorar !
Hallo ? Ihr erinnert Euch ? Die Diskussion haben wir schon vor mehr als 2 Jahren angefangen, weil wir mehr Geld brauchen, nicht weniger, also ist die Diskussion darum noch lange nicht beendet. Jetzt geht sie erst los!
Und an alle ABDA-Einknicker und Pseudo-Gutachter-Schwachmaten: Geht jetzt endlich mal beiseite und lasst die Erwachsenen ran, es ist ja nicht mehr auszuhalten !
(*Netiquette aus*)

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Ins Abseits

von Reinhard Rodiger am 08.12.2017 um 9:55 Uhr

" Man habe zwar kein richtiges Gutachten in der Schublade, aber eine „Management Summary“

Auf das amtlich veranlasste Gutachten wird nicht eingegangen, ein eigenes aber nicht erstellt.Dies-verbunden mit dem Weiterreichen der Probleme an die Regionen-ist eine Steilvorlage zum Nachweis der Verhandlungsunfähigkeit.

Vor diesem Hintergrund ist der Wille hervorzuheben, nicht mit der Planierraupe vorzugehen,um nicht gewollte Dienstleistungen durchzusetzen.Untaugliche Mittel soll man jetzt wirklich nicht einsetzen.Immerhin etwas.

Die Gefährlichkeit selektiver Verträge - vor allem bei Kleinteiligkeit - wird nicht gesehen.Was vom Grundsatz her nicht geht,wird durch Aufspaltung nicht besser.

Evolutionäre Entwicklung bedeutet also ein Aussteigen des Managements aus dem Prozess.Ein "Management-Summary" ist ein wenig zu knapp.

Zahlen sagen viel, aber nicht alles.Sie machen die wesentlichen Stellgrössen transparenter.Dazu muss man sie auch darstellen-vor allem die Folgen bei Veränderung.

Sie sind vor allem deshalb wichtig,weil die qualitative Seite völlig unbeachtet bleibt. Ohne sie sind Zahlen nichts.
Hier ist erheblicher Input gefragt.Auch in Form eines Gutachtens.Jedenfalls mehr als "Weiter so" oder ein
"Summary".

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Verblendung oder Prokrastination als Lebensmotto ?

von gabriela aures am 07.12.2017 um 22:07 Uhr

„Erstens wollen wir über eine Herabsenkung unseres Honorars nicht verhandeln. Wer eine Kürzung des Apothekenhonorars auch nur ins Gespräch bringt, ist für uns kein Gesprächspartner. “

Hallo ?

Brauchte die Politik jemals die Apotheker als Gesprächspartner, um ihre Entscheidungen zu treffen ?
Was für putzige Träumerles .....
Die ABDA kann ihre dürftigen Unterlagen einpacken.
Fertig.
Das ist die harte Realität abseits des Lindencorsos !

Ich erinnere mich noch an F. Becker‘s Einschätzung zum Honorar: 9,14 € als fundierte Hoffnung.
Zwei Tage später kamen dann 8,35 € aus der Wundertüte - wie von Jens Spahn schon Wochen vorher erfühlt, erahnt oder einfach gewußt.

Also : die Zahlen stehen im luftleeren Raum und die Apothekenbranche im Abseits.

Mittlerweile geht es seit Jahren und auf Jahre hin nur noch um Schadensbegrenzung, mehr wird‘s nicht.
„Evoltionäre Weiterentwicklung“ bedeutet homöopathische Dosen an Zulagen , die für viele KollegInnen zu spät kommen werden.

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