Fortbildung AK Nordrhein

„Der Großhandel ist keine Garantie, keine Fälschung zu bekommen“

Köln - 30.11.2017, 12:30 Uhr

Der Kölner Apotheker Eric Tenberken erklärt bei der Großen Fortbildung der Apothekerkammer Nordrhein, wie er seine Patienten vor Fälschungen schützt. (Foto: Müller / AK Nordrhein)

Der Kölner Apotheker Eric Tenberken erklärt bei der Großen Fortbildung der Apothekerkammer Nordrhein, wie er seine Patienten vor Fälschungen schützt. (Foto: Müller / AK Nordrhein)


Arzneimittelfälschungen sind ein lukratives Geschäft. Auch Arzneimittel gegen HIV, die ja zu den Hochpreisern gehören, sind beliebte Objekte. Immer wieder gelangen Fälschungen in die reguläre Lieferkette. Der auf die Versorgung von HIV-Patienten spezialisierte Kölner Apotheker Erik Tenberken, berichtete auf der großen Fortbildung der Kammer Nordrhein, welche Maßnahmen er ergreift, um größtmögliche Fälschungssicherheit zu gewährleisten und über andere Probleme, die  teure Arzneimittel mit sich bringen.

Als Apotheker, der HIV-Patienten versorgt, hat man zusätzlich zu den üblichen Apothekerproblemen eine ganze Reihe weiterer Baustellen. Über die hat der Kölner Apotheker Erik Tenberken am gestrigen Mittwoch bei der großen Fortbildung der Apothekerkammer Nordrhein berichtet – Thema war dieses Jahr „sexuell übertragbaren Infektionen“. 

Da sei zum einen der hohe Lagerwert, der unabdingbar sei, um eine schnelle Lieferfähigkeit zu gewährleisten, so Tenberken. Die sofortige Verfügbarkeit der Arzneimittel sei für HIV-Patienten noch wichtiger als für andere. Das hat laut dem Kölner Apotheker mit dem Stigma zu tun, mit dem eine HIV-Infektion immer noch behaftet ist. „Wenn Sie das Präparat nicht da haben, müssen die zweimal über die Schwelle treten und sich zweimal mit der Krankheit befassen.“ erklärt Tenberken. Generika und Rabattverträge hätten den Lagerwert dann noch einmal nach oben geschraubt. Die Zahlungsziele bei Direktbestellungen seien zumeist kurz. Dazu kommt das Problem der Vorfinanzierung. Im Hochpreiser-Bereich ist das auch bei der PKV ein Thema. „Viele können diese Summen nicht auf den Tisch legen“, erklärt der Apotheker, „deswegen hat man Abtretungserklärungen. Und wenn die Versicherung nicht anders an ihr Geld  kommt, zieht sie den Selbstbehalt auch mal von der Apothekenrechnung ab. Und wir können dann hinterherlaufen.“  Im Bereich der GKV seien Retaxe natürlich ein Problem, so Tenberken weiter. Das alles beanspruche die Liquidität stark. 

Präparate mit hohem Fälschungsrisiko

Dazu kommt das hohe Fälschungsrisiko. Er habe gehört, die italienische Mafia verdiene mittlerweile mehr Geld mit Arzneimittelfälschungen als mit allen anderen Geschäftsbereichen zusammen. Was tut also ein Apotheker wie Tenberken, der überdurchschnittlich viele hochpreisige und damit für Fälscher attraktive Arzneimittel abgibt, um seine Patienten die größtmögliche Sicherheit zu gewähren?

Direktbestelllung und schriftliche Bestätigung der Lieferkette

Einmal bestelle er so viel möglich direkt beim Hersteller – gemeinsam mit Kollegen, erklärt der Inhaber der Kölner Birken Apotheke. Denn auch über den Großhandel kommen seiner Ansicht nach Fälschungen in die Lieferkette. „Das ist keine Garantie mehr“, erklärt Tenberken. Dass er mit dieser Einschätzung richtig liegt, wurde ja  auch vor nicht allzu langer Zeit unter Beweis gestellt. So gelangten Fälschungen von Hepatitis-C-Arzneimitteln über einen deutschen Großhändler auf den Markt. Dieser hatte die Packungen bei einem niederländischen Großhändler eingekauft und dieser bei einem Kollegen aus Portugal. Die beiden letzteren waren jedoch nicht im Besitz einer Großhandelserlaubnis. 

Viele Importeure wollen die Lieferkette nicht bestätigen

Zudem hat Tenberken gemeinsam mit seinen Kollegen von der  Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken ein Formular entwickelt. Auf diesem müssen Importeure schriftlich die Herkunft der Ware bestätigen: Wo wurde produziert? Für welchen Markt? Über welche Zwischenhändler ging das Arzneimittel? Wie wurde es gelagert? Gibt es Qualitätskontrollen und wenn ja, was wird geprüft.

Eine ganze Reihe von Importeuren weigere sich jedoch den Bogen auszufüllen, berichtet Tenberken. Von denen kaufe er dann nicht. Und das seien dann immer genau die Firmen, deren Produkte aufgrund eines Fälschungsverdachts zurückgerufen würden. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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