Interview Detlef Parr, Chef der Liberalen Senioren

„Wir haben kein Interesse daran, die Apotheker zu benachteiligen“

Berlin - 24.11.2017, 13:00 Uhr

Beratung ist ein hohes Gut: Detlef Parr, ehemals FDP-Bundestagsabgeordneter und heute Chef der Liberalen Senioren, will das Apothekensystem unbedingt erhalten, ist aber gegen ein Rx-Versandverbot. (Foto: FDP)

Beratung ist ein hohes Gut: Detlef Parr, ehemals FDP-Bundestagsabgeordneter und heute Chef der Liberalen Senioren, will das Apothekensystem unbedingt erhalten, ist aber gegen ein Rx-Versandverbot. (Foto: FDP)


Was den Apothekenmarkt betrifft, hat die FDP eine Kehrtwende hingelegt. Vor etwa 14 Jahren stimmte die Partei gegen die Freigabe des Versandhandels, heute wollen die Liberalen deregulieren. Was hat sich in der Partei geändert? DAZ.online hat dazu mit dem liberalen Urgestein Detlef Parr gesprochen. Parr saß für die FDP im Bundestag und ist heute Chef der Liberalen Senioren. Er ist der Meinung, dass das Apothekensystem erhalten werden muss. Ein Versandverbot ist aber auch für ihn keine Option mehr.

Bei den Jamaika-Sondierungsgesprächen war der Apothekenmarkt nur am Rande ein Thema. Dem Vernehmen nach sollen die vier Parteien den Versandhandels-Konflikt nur wenige Male thematisiert haben. Die Positionen der Parteien lagen nach wie vor meilenweit auseinander: Während die Union den Apothekenmarkt nach dem EuGH-Urteil durch ein Rx-Versandverbot schützen will, stehen FDP und Grüne für größere Veränderungen und für die gedeckelte Aufhebung der Rx-Preisbindung.

Es gab Zeiten, da waren die politischen Verhältnisse genau umgekehrt: Als der Bundestag 2003 um das Gesundheitsmodernisierungsgesetz stritt, wollten Union, SPD und Grüne gemeinsam den Versandhandel erlauben. Nur die FDP war damals der Meinung, dass man die Apotheker keinem ungleichen Wettbewerb mit Versandhändlern aussetzen dürfe. Detlef Parr war damals als Gesundheitsexperte der FDP-Bundestagsfraktion an diesen Verhandlungen beteiligt. Im Gespräch mit DAZ.online erklärt er, warum er die Freigabe des Versandhandels damals für falsch hielt, warum ein Rx-Versandverbot in der heutigen Marktsituation aber kein gangbarer Weg sei.

DAZ.online: Sehr geehrter Herr Parr, Sie sind ein Urgestein der FDP und gehören heute als Bundesvorsitzender der Liberalen Senioren immer noch zum liberalen Kern der Partei. Wäre eine Jamaika-Koalition für Sie überhaupt denkbar gewesen?

Parr: Ich finde es schon schade, dass das nicht geklappt hat. Die Chancen für neues Denken und eine Trendwende in der Politik sind verspielt worden. Vielleicht wird ja nach dem Intervenieren des Bundespräsidenten noch etwas gehen. Ich muss aber auch deutlich sagen, dass wir Liberalen Senioren Verständnis für die Parteikollegen haben. Die Verhandlungen waren nach meinen Informationen von Anfang an falsch organisiert. Die FDP wollte in einer kleinen Gruppe vorsondieren und zunächst einen Rahmen für fachliche Einzelgespräche schaffen. Die Kanzlerin bestand auf einem Einstieg mit über 50 Teilnehmern. Das führte in der Folge zu teilweise chaotischen Abläufen. Hinzu kommt, dass durch ein ständiges Durchstecken von vertraulichen Vereinbarungen das Misstrauen immer größer wurde. Man bekam zunehmend das Gefühl, dass wir nicht gewünscht waren.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Liberaler Brückenbauer ...

von Christian Timme am 26.11.2017 um 10:19 Uhr

Neue Brücken sind besser als juristische Stromschnellen ... aber wer gerne schwimmt ...

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Widersprüche

von Anita Peter am 24.11.2017 um 13:10 Uhr

Ich haben selten soviele Widersprüche in einem Interview gelesen....

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