Bundestagspräsident

Schäuble erteilt Abgeordneten Twitter-Verbot

Berlin - 23.11.2017, 13:30 Uhr

Bitte keine Fotos und kein Twitter! Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat alle Abgeordneten aufgefordert, ihre Handys nur sehr zurückhaltend im Plenarsaal zu nutzen. (Foto: dpa)

Bitte keine Fotos und kein Twitter! Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat alle Abgeordneten aufgefordert, ihre Handys nur sehr zurückhaltend im Plenarsaal zu nutzen. (Foto: dpa)


Seit etwa einem Monat ist Wolfgang Schäuble neuer Bundestagspräsident. Dass mit dem ehemaligen Finanzminister ein neuer Wind im Parlament herrscht, dürfte den 709 Abgeordneten spätestens seit heute klar sein: Schäuble ließ eine persönliche Mitteilung in die Postfächer aller Parlamentarier legen, in der der Bundestagspräsident das Twittern aus Plenardebatten als „unerwünscht“ bezeichnet.

Wer sich über aktuelle Debatten im Bundestag informieren will oder sogar live dabei sein möchte, kann Fernsehsender wie Phoenix oder das Parlamentsfernsehen einschalten. Spätestens seit der vergangenen Legislaturperiode ist aber auch der Nachrichtendienst Twitter voll von Kurznachrichten der Abgeordneten über aktuelle Geschehnisse, Beschlüsse und Konflikte aus dem Bundestag. Immer wieder werden auch Fotos verbreitet. Erst kürzlich hatte ein AfD-Abgeordneter ein Foto getwittert, das den Eindruck erweckt, dass der Plenarsaal bei der wichtigen Abstimmung zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr fast leer gewesen sei.

Der neue Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble stört sich an diesem Trend. In einem persönlichen Brief an alle Abgeordnete, den Schäuble heute in alle Postfächer legen ließ, fordert er die Parlamentarier auf, technische Geräte nur eingeschränkt bis gar nicht zu verwenden. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Zu Beginn der 19. Wahlperiode und nach Verständigung mit dem Präsidium möchte ich Sie an die Regeln zur Benutzung technischer Geräte im Plenarsaal erinnern.“ Daraus zitiert Schäuble eine Passage, nach der insbesondere Mobiltelefone und Tablet-Computer „nur zurückhaltend und in einer Teilnahme an einer Plenarsitzung angemessenen Weise“ genutzt werden dürfen.

Abgeordnete uneinig über Twitter-Verbot

Doch damit nicht genug: Schäuble zählt auch auf, was die Abgeordneten gar nicht dürfen. Dazu gehört „die Nutzung von Geräten, die Geräusche erzeugen, aufgeklappt oder hochgestellt werden, insbesondere Computer-Laptops“. Und weiter: „Den Verhandlungen des Bundestages unangemessen und daher unerwünscht ist die Nutzung von Geräten zum Fotografieren, Twittern oder Verbreiten von Nachrichten über den Plenarverlauf.“

Ob und wie sich die Abgeordneten daran halten, bleibt abzuwarten. Unter einigen MdBs entfaltete sich aber sofort eine Debatte über Schäubles Twitter-Verbot – auf genau diesem Nachrichtenkanal Twitter. Die Gesundheitspolitikerinnen Kordula Schulz-Asche (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) wiesen beispielsweise daraufhin, dass es ohnehin kein Wlan im Bundestag gebe. Die Linken-Politikerin Helin Evrim Sommer begrüßte den Vorstoß und erklärte Im „Tagesspiegel“, dass es einen Kodex für Abgeordnete für Plenardebatten geben solle. Andere Abgeordnete sind weniger begeistert von Schäubles Brief. Die CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär twitterte: „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen…“ Und auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Frank Sitta, wundert sich: „Wenn man rausgeht, ist es ok? (…) Das ergibt doch alles keinen Sinn!“

Zumindest bei seinem Vize-Präsidenten Wolfgang Kubicki (FDP) dürfte Schäuble aber auf Verständnis stoßen. Der Liberale leitete am gestrigen Mittwoch eine Sitzung und fiel seinem Parteikollegen Stephan Thomae gleich zwei Mal heftig ins Wort, um die restlichen Abgeordneten daran zu erinnern, dass das Fotografieren in Plenardebatten nicht erlaubt sei.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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