Digital Health

„Gesundheits-Apps könnten Milliarden sparen“ 

Remagen - 21.11.2017, 10:00 Uhr

Health Apps und die dazugehörigen Wearables erfahren immer größere Akzeptanz. (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)

Health Apps und die dazugehörigen Wearables erfahren immer größere Akzeptanz. (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)


Innerhalb von zehn Jahren dürfte die Verwendung von Digital Health für die meisten Organisationen, die Gesundheitsdienstleistungen anbieten, „Mainstream“ sein. Die ist die Schlussfolgerung aus einer neuen, umfassenden Studie des IQVIA Institute for Human Data Science. Die Datenlage wird immer besser, und das Einsparungspotenzial für die Gesundheitssysteme soll beträchtlich sein. 

Im Zuge der wachsenden Akzeptanz von mobilen Health Apps und tragbaren Sensoren (Wearables) wird die Digitalisierung sich zunehmend auf die Patientenversorgung auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des IQVIA Institute for Human Data Science mit dem Titel „The Growing Value of Digital Health: Evidence and Impact on Human Health and the Healthcare System”. 

Nach Angaben der Autoren handelt es sich um die größte bislang zu dieser Thematik durchgeführte Studie. Sie liefert einen umfassenden Überblick über die Qualität von Gesundheits-Apps, die zugehörige klinische Evidenz und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und die Kosten in der Versorgung. 

Verdoppelung der Health-Apps seit 2015

Wie aus dem Studienbericht von IQVIA (bis vor Kurzem QuintilesIMS) hervorgeht, soll sich die Zahl der gesundheitsbezogenen Apps seit 2015 nahezu verdoppelt und seit 2013 etwa verfünffacht haben. Fast 320.000 Anwendungen soll es derzeit geben, und täglich sollen in den Top App Stores 200 neue dazukommen. Daneben sind weltweit mehr als 340 Consumer-Wearables verfügbar. Zwar machen allgemeine „Wellness-Apps” immer noch den Großteil der mobilen Health-Apps aus, aber die Zahl der Anwendungen, die auf das Gesundheits-Management inklusive der Patientenversorgung ausgerichtet sind, wächst rasch. Nach der Studie machen sie heute bereits 40 Prozent aller gesundheitsbezogenen Apps aus. Im Jahr 2015 hatte der Anteil noch bei 27 Prozent gelegen.  

Angesichts der nackten Zahlen scheine die Auswahl für die Verbraucher unbegrenzt zu sein, schreiben die Autoren. De facto verzeichneten jedoch 85 Prozent der Health-Apps weniger als 5.000 Downloads. Trotzdem haben sie einige klare „Leader“ ausgemacht. Mit fast zehn Millionen registrierten Downloads können 41 Apps fast die Hälfte aller Download-Aktivitäten für sich verbuchen. Außerdem soll für jeden Schritt auf der „Reise des Patienten” mindestens eine qualitativ hochwertige App verfügbar sein, aus ihrer Sicht eine ermutigende Nachricht im Hinblick auf die Patienten-Outcomes.  


Immense Einsparungen für die Gesundheitssysteme

Ein weiterer Schlüsselbefund der Studie: die klinische Evidenz zur Wirksamkeit von Digital Health ist erheblich gewachsen. 571 Studien, darunter randomisierte kontrollierte Studien (RCT) und Metaanalysen geben Aufschluss darüber, für welche Apps eine robuste klinische Evidenz verfügbar ist. Mehr als ein Viertel davon wurde erst in diesem Jahr veröffentlicht. Besonders überzeugende Ergebnisse gibt es für deren Einsatz bei Diabetes, Depression und Angststörungen, nach Auffassung der IQVIA-Experten eine starke Empfehlung, sie als Kandidaten für die Aufnahme in klinische Leitlinien für die Standardversorgung ins Auge zu fassen. Zu weiteren 24 Krankheitskategorien fanden sie mindestens eine RCT mit positivem Ausgang für die jeweiligen Apps (z. B. Gewichtsmanagement, Asthma, Schlaganfall, Medikationsmanagement, Alzheimer, Raucherentwöhnung, Bluthochdruck, Arthrose). Zusätzlich berichten sie von 860 Studien zur Nutzung von Digital Health Tools, die derzeit weltweit laufen, davon 540 in den USA. Zwei Drittel konzentrieren sich auf Apps und Interventionen über Text-Messages an Smartphones. Dabei liegt der Haupt-Fokus auf der Fernbetreuung von Patienten mit chronischen Erkrankungen.

Gesundheitsbezogene Apps und Wearables könnten dem US-amerikanischen Gesundheitssystem alleine in den fünf Therapiebereichen Prävention und Behandlung von Diabetes, Asthma, kardiale und pulmonale Rehabilitation) geschätzt 7 Milliarden US-Dollar an jährlichen Einsparungen bringen, haben die Datenfachleute von IQVIA berechnet. Übertragen auf alle Krankheitsbereiche könnten hieraus 46 Milliarden werden, so vermuten sie. 

Drei wesentliche Triebfedern

So weit ist es aber lange noch nicht. Noch sehen sie zu viele Barrieren für die Verbreitung von Digital Health. Es gebe jedoch zunehmend mehr Initiativen, um die Einführung entsprechender Tools durch die Gesundheitsversorger zu beschleunigen. Außerdem werde mehr investiert, um Pilot-Programme in Full-Scale-Rollouts umzuwandeln. „Die Forschung zeigt, dass wir uns offenbar an einem Wendepunkt für die Digital Health Trends befinden, und zwar in Bezug auf Innovation, Evidenz und Annahme“, sagt der Direktor des IQVIA Institute for Human Data Science Murray Aitken. „Die Konvergenz dieser drei Triebfedern, zusammen mit anderen Makro-Faktoren geht einher mit der Entwicklung der neu definierten wissenschaftlichen Disziplin, die sich mit Humandaten beschäftigt.“ Aitken ist überzeugt, dass sich die wachsende Innovation, Evidenz und Einführung von Digital Health-Tools zunehmend positiv auf Gesundheits-Outcomes auswirken werden. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.