Aktionsplan 

EMA will verbesserte Packungsbeilagen

Remagen - 20.11.2017, 09:15 Uhr

Packungsbeilagen von Arzneimitteln sind zweifelsohne verbesserungswürdig. (Foto: VRD / Fotolia)

Packungsbeilagen von Arzneimitteln sind zweifelsohne verbesserungswürdig. (Foto: VRD / Fotolia)


Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat einen Aktionsplan zur Optimierung der Packungsbeilage und der Fachinformation vorgelegt. In den nächsten Jahren sollen die Vorgaben für die Gestaltung der Texte gründlich überprüft werden. Was da so alles im Argen liegt, hatte ein Bericht der Europäischen Kommission im Frühjahr aufgezeigt. Er enthielt auch Verbesserungsvorschläge, die nun im Einzelnen unter die Lupe genommen wurden.

Pläne, die Packungsbeilage patientengerechter zu machen, gibt es schon lange. Dabei sollten die Texte in erster Linie gestrafft werden. Leider ging die Entwicklung in den letzten Jahren eher in die entgegengesetzte Richtung. Statt kürzer wurden die Texte immer länger. Nun könnte aber tatsächlich Bewegung in die Sache kommen, denn die EMA hat einen konkreten Aktionsplan zu ihrer Optimierung vorgelegt.

Zwei Studien sollen den Weg weisen

Dies hat einen speziellen Hintergrund: Im März dieses Jahres hatte die Europäische Kommission einen Bericht über die Analyse der Zusammenfassung der Produktmerkmale (SmPC, Fachinformation) sowie der Packungsbeilage vorgelegt. Er enthielt auch diverse Anregungen für eine Weiterentwicklung, die nun mit dem Aktionsplan geprüft und angegangen werden sollen.

Der Bericht beruht auf zwei Studien des Niederländischen Instituts für Forschung im Bereich Gesundheitsdienste (NIVEL) in Zusammenarbeit mit der Universität Leeds. Eine davon sollte die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Fachinformation und der Packungsbeilage als Informationsquellen bewerten und daraus Verbesserungsvorschläge ableiten (PIL-S Study). Die andere sollte untersuchen, inwieweit es sinnvoll und machbar ist, die „wesentlichen Informationen“ (Key information) in einem gesonderten Abschnitt zusammenzufassen (PILS-Box Study).

Eigentlich alles bekannt

Für beide Studien waren europaweite Befragungen unter den betroffenen Kreisen durchgeführt worden. Die Ergebnisse bestätigten eigentlich nur, was ohnehin bekannt war. Die verwendete Sprache ist häufig zu kompliziert, Gestaltung und Layout sind nicht immer benutzerfreundlich. Die geltenden EU-Rechtsvorschriften zu Humanarzneimitteln bräuchten aber nicht geändert zu werden, um hier Abhilfe zu schaffen, meinte die Kommission. Es könnte reichen, die derzeit geltenden Vorgaben anzupassen.  

QRD-Templates sind zu lang und zu unflexibel  

Für die Gestaltung der Texte müssen die Pharmaunternehmen schon seit vielen Jahren harmonisierte Formatvorlagen berücksichtigen (Quality Review of Documents/QRD-Templates). Diese legen für das gesamte Dokument Standardüberschriften und Standarderklärungen fest und sorgen für eine einheitliche Textstruktur. Die Vorlagen allein haben aber schon einen gewissen Textumfang, ohne dass irgendeine Information zu dem Arzneimittel selbst darin enthalten ist. Die QRD-Templates seien zu restriktiv, hatte die Kommission bemängelt. Sie sollten flexibler gehandhabt werden. Auch Löschungen von Standardformulierungen, die für die Patienten nur begrenzt von Bedeutung sind, sollten in Betracht gezogen werden, um mehr Platz für eine Verbesserung von Inhalt und Layout der Packungsbeilagen zu schaffen.  

Workshop zu elektronischen Formaten geplant

Zudem sollten die Patienten besser in die Entwicklung und das Testen der Texte einbezogen werden. Dabei brachte die Kommission auch wiederholte Nutzer-Testungen auf Lesbarkeit ins Spiel. Die Regeln für die Tests sind in einer speziellen europäischen Leitlinie niedergelegt (Readability Guideline).

Last not least sollte erkundet werden, wie in Zukunft elektronische Medien für die Bereitstellung der Informationen in der Fachinformation und der Packungsbeilage genutzt werden könnten. In dem neuen Aktionsplan soll gerade dieser Vorschlag ein Schwerpunkt sein.

Die EMA will hierzu im dritten Quartal 2018 einen Workshop mit allen Stakeholdern (Patienten/Verbraucher, Angehörige der Gesundheitsberufe, pharmazeutische Industrie und nationale Behörden) veranstalten. Im Vorgriff sollen die Gruppen der Agentur bis Ende Februar 2018 mitteilen, welche Initiativen sie im Bereich elektronischer/digitaler Formate für die Gebrauchsinformation geplant sind oder bereits begonnen haben. 

Initiativen in Phase 2

Weitere Initiativen, die in einer zweiten Phase des Aktionsplans implementiert werden sollen, betreffen die Verbesserung der Verständlichkeit der Packungsbeilage und die Aktualisierung der QRD-Templates sowie der Leitlinie zur Gestaltung der Zusammenfassung der Produktmerkmale (SmPC, Fachinformation), die sich an die Pharmaunternehmen richtet.

Hierfür wird ein Zeitraum von zwei Jahren veranschlagt. Außerdem sollen Methoden entwickelt werden, um die Patienten stärker in die Erstellung der Texte einzubinden. Dabei wird, wie von der Kommission vorgeschlagen, in erster Linie an wiederholte Lesbarkeitstests gedacht. Die Idee für einen Passus in der Packungsbeilage mit der „Key information“ betrachtet die EMA wie die Kommission mit einer gewissen Zurückhaltung, aber auch sie soll detailliert geprüft werden.

Die EMA weist darauf hin, dass sich durch die Brexit-bedingten Einschränkungen und den anstehenden Umzug der EMA Verzögerungen im Zeitplan ergeben könnten.   



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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