Durchfall und Erbrechen

Gefährlich für Babies – Rotaviren gehen um

Stuttgart - 15.11.2017, 15:45 Uhr

Rotaviren: Etwa die Hälfte aller Säuglinge, die unter einer Enteritis durch Rotaviren leiden, muss im Krankenhaus behandelt werden. (Foto: dpa)

Rotaviren: Etwa die Hälfte aller Säuglinge, die unter einer Enteritis durch Rotaviren leiden, muss im Krankenhaus behandelt werden. (Foto: dpa)


Sie verursachen leichte wässrige Durchfälle mit Erbrechen und Fieber, aber auch schwere Erkrankungen, die krankenhauspflichtig sein können: Rotaviren. Gefährlich ist eine Rotaviren-Enteritis vor allem für Säuglinge und Kleinkinder. DAZ.online hat die wichtigsten Rotaviren-Basics zusammengestellt. Orale Rehydratation als Therapie ist klar, doch empfiehlt das Robert-Koch-Institut auch motilitätshemmende Arzneimittel? Und welche Händedesinfektionsmittel wirken bei Rotaviren?

Magen-Darm oder Erkältung? Das sind wohl die winterlichen Infektionen, mit denen Patienten Rat und Arzneimittel in der Apotheke suchen. Die ursächlichen Viren, seien es Corona-, Rhino- und Influenzaviren oder Noro- und Rotaviren, schließen sich natürlich gegenseitig nicht aus. Nur meist dominieren mal Erbrechen und Diarrhöen den Beschwerdekomplex der Apothekenkunden, mal sind es Schnupfen, Sinusitis und Bronchitis. Adenoviren verursachen vorwiegend respiratorische Infektionen, stecken aber auch hinter Durchfallerkrankungen. Die Grippesaison läuft derzeit – zum Glück – schleppend an, hingegen machen Rotaviren durch eine vermehrte Aktivität von sich reden. So liegt die Gesamtzahl gemeldeter Rotavirus-Infektionen derzeit (bis Kalenderwoche 42) bei 35.064. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren beim Robert-Koch-Institut 20.443 Meldungen zu Rotaviren eingegangen.

Wie äußert sich eine Rotavirus-Infektion?

Rotaviren verursachen Enteritiden. Die Patienten leiden unter wässrigen, nicht-blutigen Durchfällen, die mit Erbrechen und Fieber einhergehen. Rotaviren zählen zur Familie der Reoviridae. Das doppelsträngige RNA-Virus ist unbehüllt und besteht aus elf Segmenten. Diese können sich bei vorliegenden Doppelinfektionen gegenseitig austauschen und so zu neuen Virusstämmen führen (Reassortment).

Wen treffen Erbrechen und Durchfälle durch Rotaviren?

Rotaviren zeichnen für die meisten viralen Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern verantwortlich. Vor allem Kinder im Alter von sechs Monaten bis zwei Jahren trifft die Infektion: Warum ist das so? Das Immunsystem ist bei Säuglingen und Kleinkindern weniger gut gewappnet, was Kinder dieses Alters für die Viren besonders empfänglich macht. Allerdings lernt das Immunsystem recht schnell – durch wiederholte Infektionen mit Rotaviren entwickeln die kleinen Patienten relativ rasch eine spezifische Immunität. Das schützt dann zumindest ältere Kinder und im Erwachsenenalter verstärkt vor Rotaviren. Meist stecken sich die Eltern dann bei ihren Kindern an, allerdings verläuft die Rotavirus-Enteritis deutlich milder als im Kindesalter.

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Erst bei über 69-Jährigen verzeichnet das Robert-Koch-Institut wieder eine höhere Erkrankungshäufigkeit. Von den gesamten Rotavirus-Infektionen des Jahres 2016 entfielen 38 Prozent auf Kinder unter fünf Jahren und 26 Prozent auf über 69-jährige Menschen. Laut Epidemiologischem Bulletin des RKI war die Rotavirus-Gastroenteritis nach Norovirus- und Campylobacter-Gastroenteritis die dritthäufigste meldepflichtige Durchfallerkrankung 2016. Generell war der Trend in den vergangenen Jahren jedoch rückläufig.

Übertragung, Therapie Ernährung bei Rotaviras-Durchfällen

Das Hauptreservoir für Rotaviren bildet der Mensch. Übertragen werden Rotaviren durch fäkal-orale Schmierinfektionen. Und das geht relativ einfach: Bereits zehn Viren genügen, um ein Kind zu infizieren. Dass zehn Viruspartikel in der Tat wenig sind, verdeutlicht die Ausscheidungsrate bei akut Infizierten. Diese scheiden pro Gramm Stuhl eine bis 100 Milliarden Viruspartikel aus.

Inkubationszeit und Dauer der Rotaviren-Diarrhö

Wie lange dauert es von der Infektion bis zur Symptomatik? Die Inkubationszeit beträgt für Rotaviren ein bis drei Tage, meist dauert die Erkrankung dann weitere vier bis sieben Tage.

Wie lange sind Rotaviren ansteckend?

Ansteckend sind Rotaviren-Infizierte während der Dauer der akuten Erkrankung und so lange sie das Virus aktiv ausscheiden. In der Regel sind das acht Tage.

Therapie bei Rotaviren

Orale Rehydratation: Dieser therapeutischen Maßnahme kommt die größte Bedeutung zu. Patienten müssen die durch Diarrhöen und Erbrechen verlorene Flüssigkeit und die Elektrolyte ersetzen. In der Regel gelingt das den Patienten durch eine Selbstmedikation der Apotheke. Eine Krankenhausbehandlung ist dann indiziert, wenn der Patient eine orale Rehydratation in dem erforderlichen Umfang nicht leisten kann, insbesondere bei sehr schweren Durchfällen und starkem Erbrechen oder bei Säuglingen und alten Menschen.

Wie der Name sagt, eine Rotavirus-Enteritis wird durch Viren ausgelöst. Antibiotika sind folglich nicht sinnvoll. Auch sieht das Robert-Koch-Institut die Darmmotilität-hemmende Arzneimittel wie Loperamid nicht indiziert.

Welche Nahrung bei Durchfall?

Die durch die Infektion geschädigte Darmschleimhaut regeneriert sich am raschesten, wenn möglichst früh die enterale Ernährung wieder aufgenommen wird, da die Enterozyten sich hauptsächlich über den Darm ernähren und ihre Nährstoffe weniger über den Blutweg beziehen. Kleinkinder sollten ihre normale Kost erhalten, wobei stärkehaltige Produkte wie Kartoffeln, Haferbrei oder Zwieback bevorzugt werden sollten. Mit stark zucker- und fetthaltigen Speisen sollten Eltern bei ihren Kindern oder auch bei eigenen Infektionen zunächst zurückhaltend sein. Leicht verdauliche Nährstoffe wie Bananenmus oder geriebenen Apfel bieten sich an. Die Pektine aus dem Apfel „gelieren“ und binden zusätzlich Wasser, was unterstützend bei Durchfall wirkt.

Händedesinfektion: Was wirkt gegen Rotaviren?

Das Rotavirus ist ein unbehülltes Viruspartikel. Dieses lässt sich nicht durch „begrenzt viruzide“ Desinfektionsmittel abtöten, sondern lediglich durch „viruzid“ oder „begrenzt viruzid plus“. Die neue Kategorie „begrenzt viruzid plus“ hat das RKI im Mai dieses Jahres eingeführt. Diese Desinfektionsmittel inaktivieren neben den behüllten Viren auch einige unbehüllte Virusspezies, unter anderem Noro- und Rotaviren.

Welche Händedesinfektionsmittel können Apotheker Rotavirus-Infizierten Durchfallpatienten empfehlen?„Viruzid“ wirken – unter Beachtung der jeweiligen Händedesinfektionszeit – unter anderem Alcosyn, Aseptoman viral, Chirosyn Händedesinfektion, Manorapid Synergy, Softa-Man acute und Sterilium Virugard. Das RKI veröffentlicht eine vollständige Liste der wirksamen Desinfektionsmaßnahmen bei unterschiedlichen Erkrankungen.

Impfung gegen Rotaviren

Bereits seit Juli 2013 empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) die routinemäßige Impfung gegen Rotaviren, und zwar bereits für Säuglinge unter sechs Wochen. Es ist die erste Impfung, die die Babies erhalten sollten. Mit Rotarix® und RotaTeq® stehen in Deutschland zwei orale Schluckimpfungen mit einem Lebendimpfstoff zur Verfügung. Die Impfkaskade beginnt optimalerweise ab einem Alter von sechs Wochen. Die Rotavirus-Impfung sollte spätestens jedoch mit zwölf Wochen beginnen und bei Rotarix® mit Woche 16 (zwei Impfungen im Abstand von mindestens vier Wochen) und bei RotaTeq® bis Woche 20 bis 22 (drei Impfungen im Abstand von mindestens je vier Wochen) abgeschlossen sein.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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