Retax-Quickie

Wie lange kann die Apotheke ein Rezept abrechnen?

Stuttgart - 09.11.2017, 12:30 Uhr

Unter dem Regal gefunden: Ein bereits beliefertes Rezept. Seit
Ausstellungsdatum sind drei Monate vergangen. Bekommt die Apotheke noch ihr Geld?
(Foto: wildworx / stock.adobe.com)

Unter dem Regal gefunden: Ein bereits beliefertes Rezept. Seit Ausstellungsdatum sind drei Monate vergangen. Bekommt die Apotheke noch ihr Geld? (Foto: wildworx / stock.adobe.com)


Die Abrechnungsfristen der einzelnen Arzneiversorgungsverträge

Wie sich die Fristen zur Rechnungslegung und die daraus folgenden finanziellen Einbußen in den jeweiligen Arzneimittelversorgungsverträgen unterscheiden, soll hier an wenigen Beispielen dargestellt werden. Im konkreten Fall empfiehlt sich immer der Blick in den für Sie geltenden aktuellen Arzneimittelversorgungsvertrag. 

Die Ersatzkassen bundesweit

Für die Ersatzkassen (TK, Barmer, DAK, KKH, HEK, hkk) gilt ein bundesweiter Arzneiversorgungsvertrag, geschlossen mit dem Deutschen Apothekerverband (gültig ab 1.April 2016). Dort heißt es unter „§ 11 Rechnungslegung“, dass diese spätestens einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte, stattfinden muss. Eine Überschreitung der Frist befreie die Kassen jedoch nicht von der Zahlungspflicht. Insoweit lässt sich also oben erwähnte Faustregel der VSA anwenden, und man ist vor einer Nullretaxation geschützt.

Wird die Monatsfrist für einzelne Verordnungsblätter aber überschritten, dürfen die Ersatzkassen  den Gesamtbruttobetrag um fünf Euro je Verordnungszeile  kürzen, bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und anderen Mitteln darf um zehn Prozent des Apothekenabgabepreises, insgesamt jedoch je Abrechnungsmonat und Ersatzkasse höchstens um 50 Euro gekürzt werden.

Primärkassen in Bayern

Ganz ähnlich gestalten sich die Regelungen bei den Primärkassen in Bayern (AOK, BKK, Knappschaft, SVLFG, IKK). Im mit dem Bayerischen Apothekerverband geschlossenen Arzneimittelversorgungsvertrag (Fassung vom 1.Juni 2016) findet man sie unter „§ 7 Rechnungsstellung“. Auch dort ist festgelegt, dass eine Überschreitung der Frist, die Kassen nicht von der Zahlungspflicht befreit – allerdings begrenzt auf bis zu zwölf Monate. Danach sind Abrechnungen oder sonstige Nachforderungen ausgeschlossen („es sei denn, die Apotheke hat das Fristversäumnis nicht zu vertreten“).

Das Rezept hinter dem Schrank vom letzten Jahr, ist dann also wahrscheinlich endgültig „verloren“. Auch ähnlich den Ersatzkassen können die Primärkassen in Bayern nach Überschreitung der Ein-Monats-Frist den Gesamtbruttobetrag um 5 Euro je Packung kürzen, jedoch höchstens um 50 Euro je Verordnungsblatt.

Beispiel für Baden-Württemberg

Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg regelt die Abrechnungsfrist in seinem Arzneiversorgungvertrag mit Primärkassen (AOK, SVLFG; Stand 01.04.2015) unter „§ 12 Rechnungslegung“. Auch hier lässt sich die Ein-Monats-Faustregel anwenden. Jedoch bezieht sich der Paragraf bei Überschreitung der Ein-Monats-Frist auf die „gesetzlichen Verjährungsfristen“. Außerdem sind die finanziellen Einbußen anders gestaffelt: Wenn einzelne Verordnungsblätter mehr als zwei Monate nach Ablauf der Frist abgerechnet werden, dürfen die Krankenkassen den Abrechnungsbetrag auf den Apothekeneinkaufpreis zuzüglich Mehrwertsteuer kürzen. Wird die Frist um mehr als sechs Monate überschritten, dürfen die Kassen den Abrechnungsbetrag teilweise oder sogar ganz kürzen, sofern sie eine durch den Verzug entstandene finanzielle Schadenshöhe nachweisen können.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Apotheken sollten bestimmte Fristen einhalten

Retaxiert, und nun?

Vorlagefrist beachten!

Einen Tag zu spät: Nullretax

Keine Bedenken gegen Retaxation wegen verfristeter Abrechnung

Bundessozialgericht billigt Ausschlussfrist in ALV

AOKen gehen unterschiedlich vor – DAV hält Aussetzung vertraglicher Fristen für sinnvoll

Zyto-Retax: Ersatzkassen warten ab

Barmer hat Rezeptfälschung zu spät bemerkt – Gericht: Beanstandungsfrist am ALV ist absolute Ausschlussfrist

Retax-Beanstandung nur binnen Jahresfrist

Retaxation bei verspäteter Abrechnung

LSG: Ausschlussfrist in ALV rechtswidrig

1 Kommentar

Abrechnungsfragen

von Heiko Barz am 10.11.2017 um 11:44 Uhr

Zu spät eingereichte Rezepte sind immer ein Zinsgewinn für die KKassen. Die wollen aber nicht nur die Zinsen gewinnen, sondern auch die komplette Verordnung für sich behalten. Das nenn ich mal eine Strategie!
Im Allgemeinen werden die Rezepte bei der Bestellung bedruckt, teilweise aber viel später abgeholt. Wie verhält es sich dann mit dem Verlangen der KKassen, dass erst unmittelbar bei Übergabe der Arzneimittel die Bedruckung des Rezeptes zu erfolgen hat? Gab es da nicht kürzlich die Diskussion mit den Hochpreisern? Ein diffuser Kreislauf der stets nur einen Gewinner kennt: die KKassen!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.