Skandal in Bottrop

17 Nebenkläger gehen gegen Zyto-Apotheker vor

Essen - 07.11.2017, 07:00 Uhr

Der Zyto-Apotheker Peter S. soll in einer Apotheke in Bottrop mehr als 60.000 Rezepturen stark unterdosiert oder unter unhygienischen Bedingungen hergestellt haben. (Foto: hfd / DAZ.online)

Der Zyto-Apotheker Peter S. soll in einer Apotheke in Bottrop mehr als 60.000 Rezepturen stark unterdosiert oder unter unhygienischen Bedingungen hergestellt haben. (Foto: hfd / DAZ.online)


In einer Woche beginnt der Prozess gegen den Zyto-Apotheker Peter S. aus Bottrop. Auf Nachfrage von DAZ.online erklärte das Gericht, inzwischen gebe es 17 Nebenkläger, außerdem sind zwei Zivilklagen eingegangen. Aufgrund des Falls sollen Zyto-Kontrollen verstärkt werden. So prüft beispielsweise die Stadt Essen Apotheken nun häufiger – für diese kann dies mit erheblichen Kosten verbunden sein.

Am Montag kommender Woche beginnt vor dem Landgericht Essen der Prozess gegen den Zyto-Apotheker Peter S. aus Bottrop – für den Fall sind bis Mitte Januar 14 Verhandlungstermine angesetzt. Für den ersten Verhandlungstag ist geplant, die Anklageschrift vorzulesen – wobei mehrere hundert Seiten mit Tabellen zu den laut Anklage rund 62.000 fehlerhaft hergestellten Rezepturen nur zusammengefasst werden sollen. Außerdem soll der Zyto-Apotheker bereits am Montag Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen – bislang schweigt er zu den Vorwürfen.

In nur 27 Fällen sieht die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, Peter S. versuchte Körperverletzung nachzuweisen: Für diese Patienten konnten vor gut einem Jahr Infusionsbeutel sichergestellt werden, die der Zyto-Apotheker hergestellt und offenbar unterdosiert hatte. Während die Staatsanwaltschaft nur diese 27 Patienten – beziehungsweise ihre Angehörigen – als Nebenkläger zugelassen hatte, hat sich die Strafkammer umentschieden, wie ein Gerichtssprecher gegenüber DAZ.online erklärte: Nun dürfen die laut Medienberichten mehr als 3000 Betroffenen, die eine der gut 62.000 problematischen Rezepturen erhalten haben, sich dem Strafverfahren anschließen. „Die Staatsanwaltschaft sieht sie nicht als Betroffene“, erklärt der Gerichtssprecher.

Kammern halten sich bedeckt

Problematisch ist jedoch auch, dass offenbar immer noch ein Teil der Patienten, die Infusionen von Peter S. erhalten haben, nicht angemessen informiert wurde. Die Ärztekammern in Nordrhein-Westfalen wollten untersuchen, inwiefern die Ärzte ihren Informationspflichten nachgekommen sind. „Aus unserer Sicht ist das geschehen“, erklärte ein Pressesprecher der Landesärztekammer Westfalen-Lippe. Eine detaillierte Anfrage von DAZ.online blieb aber zunächst unbeantwortet.

Laut einem Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe erhielt bisher die Landesärztekammer Einblick in die Ermittlungsunterlagen, jedoch die Landesapothekerkammer noch nicht: Es habe zumindest bis vor einer Woche „keine Rückmeldung“ gegeben, erklärt der Sprecher – dabei sei es wichtig, um die zugrundeliegenden Probleme umfassend verstehen zu können. Ein Gerichtssprecher erklärte, dass sehr viele Anträge auf Akteneinsicht eingegangen seien – die von Betroffenen würden vorrangig geprüft und großteils positiv beschieden. Es handele sich wohl um ein Versehen der Staatsanwaltschaft, dass die Ärztekammer und nicht die Apothekerkammer Einblick erhielt, was jedoch korrigiert werde. „Die Apothekerkammer ist zuständig“, erklärt der Sprecher. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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