Forderung der Grünen

Patienten sollen direkten Zugang zu Gesundheitsdaten haben

Berlin - 02.11.2017, 17:00 Uhr

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Maria Klein-Schmeink fordert, dass Patienten direkten Zugang zu digitalen Gesundheitsdaten erhalten sollen. (Foto: dpa)

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Maria Klein-Schmeink fordert, dass Patienten direkten Zugang zu digitalen Gesundheitsdaten erhalten sollen. (Foto: dpa)


Dürfen Versicherte alleine auf ihre Gesundheitsinformationen zugreifen können? Die Grünen wehren sich gegen bisherige Pläne, dass Patienten hierbei auf die Freigabe durch Heilberufler angewiesen sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisiert derweil, dass die AOK die Gematik am liebsten durch eine Behörde ersetzen möchte.

Das Thema „elektronische Gesundheitskarte“ und Digitalisierung im Gesundheitswesen sorgt seit Jahren für anhaltende Auseinandersetzungen. Derzeit streiten die Beteiligten unter anderem um die Frage, ob ein Zugriff auf Gesundheitsdaten – wie lange geplant – immer nur von Patienten zusammen mit Ärzten erfolgen darf, wie es das Bundesgesundheitsministerium kürzlich forderte. Nach Ansicht der Grünen ist dies jedoch eine völlig veraltete Vorstellung – und „ein Witz“, wie Grünen-Expertin Maria Klein-Schmeink gegenüber dem Tagesspiegel erklärte: Patienten sollten nicht nur über eine so genannte „Kiosk-Lösung“ in Arztpraxen Zugriff haben.

Das geplante „Zwei-Schlüssel-Prinzip“, bei dem eine doppelte Legitimation durch Versicherten- sowie Heilberufeausweise nötig ist, laufe jeglicher Patientenautonomie zuwider. „Die Patientenakte gehört in Patientenhand“, forderte Klein-Schmeink gegenüber der Zeitung. Dies habe auch die Betreibergesellschaft Gematik befürwortet, als sie Anfang September beschlossen hat, von dem bisherigen Konzept abzuweichen – da es wenig praktikabel sei, wenn Versicherte die gespeicherten Daten „nicht zuhause oder auf ihren mobilen Endgeräten einsehen und administrieren können“.

Das Gesundheitsministerium wolle aber hiervon noch nicht abrücken, kritisierte Klein-Schmeink gegenüber dem „Tagesspiegel“. Gleichzeitig forderte sie, dass der Gesetzgeber klare Regelungen erlasse. Auch um einen Wildwuchs zu verhindern, wie er durch Initiativen der Techniker Krankenkasse oder verschiedener AOKs entstehen könnte. „Damit diese Projekte nicht zu teuren Inseln werden, ist eine Verpflichtung zu offenen, anbieterunabhängigen und international gebräuchlichen Standards notwendig“, erklärte Klein-Schmeink gegenüber DAZ.online. 

KBV wehrt sich gegen Behörden-Ersatz für Gematik

Kürzlich hatte AOK-Chef Martin Litsch laut „Ärztezeitung“ gefordert, dass die Selbstverwaltung in Teilen „durch unabhängige Strukturen“ ersetzt werden sollte. So beispielsweise die Gematik, die durch eine Behörde ersetzt werden könnte. „Wir brauchen so etwas wie eine Bundesnetzagentur“, sagte Litsch.

Scharfe Kritik hieran gab es von Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): Thomas Kriedel, der als Vorstandsmitglied die Arzt- und Psychotherapeutenpraxen in der Gematik vertritt, verteidigte die Organisation in einem Webvideo gegen Kritk. „Die Gematik hat es inzwischen geschafft, dass wir eine Infrastruktur im nächsten Jahr haben werden, die bundeseinheitlich ist, so dass alles Leistungserbringer – Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser – mit einer sicheren und interoperablen Infrastruktur sich vernetzen können und Daten austauschen können“, betonte Kriedel. Die Anbindung von Apotheken war für ihn hierbei kein Thema.

Es stehe noch an, dass die nötigen Lesegeräte ausgerollt werden. Kriedel hofft, dass dies bis Ende nächsten Jahres abgeschlossen ist. Wichtig sei, dass gleichfalls bis Ende 2018 die Entwicklungen von medizinischen Anwendungen wie dem Notfalldatensatz oder dem elektronischen Medikationsplan gestartet werde.

Auf die Frage, welchen Anteil an Verzögerungen die Selbstverwaltung habe, erklärte Kriedel: „Ich würde sagen: gar keinen mehr“. Die Effizienz der Selbstverwaltung-Strukturen habe sich „inzwischen deutlich verbessert“, betonte der KBV-Vorstand. „Wir sind da schnell geworden.“ Und bei Problemen gebe es seiner Ansicht nach „effiziente Schlichtungsmechanismen“. Einem Ersatz der Gematik durch eine Behörde begegnete er daher mit großem Unverständnis. „Wir brauchen das nicht“, erklärte Kriedel: Er könne sich nicht vorstellen, wie eine Behörde schneller arbeiten solle, als die Selbstverwaltung.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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