Onkologie

Warum Immuntherapien manchmal nicht ansprechen

Remagen - 25.10.2017, 14:40 Uhr

Forscher
aus Bonn und Magdeburg haben eine mögliche Ursache dafür entdeckt, dass Krebs-Immuntherapien nicht immer ansprechen. (Foto: royaltystockphoto / Fotolia)

Forscher aus Bonn und Magdeburg haben eine mögliche Ursache dafür entdeckt, dass Krebs-Immuntherapien nicht immer ansprechen. (Foto: royaltystockphoto / Fotolia)


Neue Immuntherapien wie die „Immun-Checkpoint-Inhibitoren“ können die körpereigene Abwehr gegen Krebszellen besser in Stellung bringen. Bei einigen Patienten bilden sich hierdurch sogar bereits fortgeschrittene Tumore zurück. Die Strategie klappt aber nicht immer. Warum, ist bislang nicht bekannt. Forscher aus Bonn und Magdeburg haben jetzt eine mögliche Ursache dafür entdeckt.

Die „Immun-Checkpoint-Inhibitoren“ sind ein vergleichsweise neuer Ansatz in der onkologischen Therapie. Die Antikörper wirken nicht direkt gegen Krebszellen, sondern greifen in die Steuerung der körpereigenen Immunantwort gegen Tumore durch die T-Lymphozyten ein. Diese können nicht nur Viren und Bakterien gezielt erkennen und zerstören, sondern auch entartete Krebszellen. Die Immun-Checkpoints sind wichtige Schaltstellen im Immunsystem, an denen zelluläre Proteine dafür sorgen, dass eine laufende Immunreaktion auch wieder beendet wird. Dies ist nötig, um überschießende Autoimmunreaktionen zu verhindern. Die gezielte „Bremse“ der Immunreaktion gegen den eigenen Körper nutzen aber auch manche Krebszellen. Da sie immer noch viele Merkmale ihres Ursprungsgewebes aufweisen, können sie die Checkpoints und damit die eigentlich gegen sie gerichtete T-Zell-Abwehr ebenfalls ausschalten.

Zur Therapie von Haut- und Lungenkrebs zugelassen

Eine der wichtigen Schaltstellen im Immunsystem ist CTLA4 (cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4), ein Eiweiß auf der Oberfläche von T-Zellen. Es reguliert die Immunantwort und schwächt sie ab, um eine Überreaktion zu verhindern. Medikamente, die das inhibitorische Signal von CTLA-4 aufheben, wirken daher als Verstärker der T-Zell-vermittelten Immunabwehr. Eine weitere Gruppe sind die Hemmstoffe, die am Immun-Checkpoint PD-1 (programmed death 1) angreifen. Der PD-1-Rezeptor ist ebenfalls an der Kontrolle der T-Zellreaktionen beteiligt.

Checkpoint-Inhibitoren sind innerhalb der Europäischen Union bislang für fortgeschrittene Krebserkrankungen zugelassen, zum Beispiel Ipilimumab (Yervoy®) zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem schwarzem Hautkrebs, Nivolumab (Opdivo®) unter anderem bei metastasiertem und/oder inoperablen Melanom, bei NSCLC, Nierenzell- und Urothelkarzinomen und Pembrolizumab (Keytruda®) unter anderem für Patienten mit inoperablen Melanomen oder Fernmetastasen, NSCLC und Urothelkarzinom. 

Seit September dieses Jahres bereichern zwei weitere Checkpoint-Inhibitoren die onkologischen Therapieoptionen: Avelumab (Bavencio®)hemmt PD-L1, also erstmalig den Liganden. Avelumab hat die Indikation zur Therapie der orphan disease Merkelzelkarzinom. Atezolizumab (Tecentriq®) von Roche hat die EMA-Zulassung für Urothelkarzinom und für NSCLC. Atezolizumab hemmt ebenfalls PD-L1.

Checkpoint-Inhibitoren wirken nicht immer

Die neuen immuntherapeutischen Krebswirkstoffe bieten zwar Patienten, für die es bisher nur sehr eingeschränkte therapeutische Optionen gab, eine Perspektive, haben aber auch Schwächen. Eine davon ist, dass nicht jeder Betroffene darauf anspricht. Warum dies so ist, wird weltweit von zahlreichen Forschergruppen untersucht. Ein internationales Forscherteam aus Deutschland, Australien und Belgien unter der Leitung von Michael Hölzel vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie am Universitätsklinikum Bonn und Thomas Tüting von der Universitätshautklinik in Magdeburg hat nun einen körpereigenen „Bremsmechanismus“ aufgedeckt, der die Wirksamkeit der Krebsimmuntherapie begrenzt. Die Ergebnisse ihrer Studie sind im Fachjournal „Immunity“ erschienen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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