Arzneimittelkosten

Wer finanziert das 1-Million-Dollar-Arzneimittel?

Berlin - 24.10.2017, 14:45 Uhr

Schon bald könnte es Arzneimittel geben, die mehr als eine Million Dollar kosten. Wer finanziert solche Arzneimittel? (Foto: shima-risu / stock.adobe.com)

Schon bald könnte es Arzneimittel geben, die mehr als eine Million Dollar kosten. Wer finanziert solche Arzneimittel? (Foto: shima-risu / stock.adobe.com)


vfa setzt auf Einzelverträge mit Versicherungen

Auch beim Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) macht man sich zu derartigen Modellen Gedanken. Auf Anfrage von DAZ.online stellt Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes, fest: „Pay-For-Performance-Modelle waren in Deutschland schon vor Jahren durchaus erfolgreich. Leider kamen sie mit dem Amnog weitgehend zum Erliegen. Man müsste also hierzulande erst einmal Fehlsteuerungen beseitigen, damit der Vertragswettbewerb stimuliert werden kann.“

Laut Fischer könnten die Pharmaunternehmer Pay-For-Performance-Modelle aber nur zusammen mit einzelnen Krankenkassen umsetzen, die nahe am Versorgungsgeschehen seien. Dafür gebe es in Deutschland durchaus ein passendes Instrument: Verträge zwischen einzelnen Pharma-Unternehmen und einer einzelnen Krankenkasse. „Über sie wäre tatsächlich versorgungsnaher Wettbewerb um innovative Vertrags- und Erstattungslösungen möglich“, so die Verbandschefin. Allerdings stehe dem das Amnog entgegen: Zentralverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband hätten Vorrang vor vertraglichen Lösungen einzelner Kassen mit einzelnen Pharmaunternehmen. Fischer wörtlich: „Es wäre interessant zu sehen, was in Deutschland möglich wäre, wenn der Gesetzgeber den Mut hätte, einzelvertragliche Lösungen aus der babylonischen Gefangenschaft des Amnog zu befreien.“

Hürden des erfolgsabhängigen Modells

In den USA weist Bluebird Bio-Chef Leschly darauf hin, dass auch das erfolgsbasierte Bezahlmodell nicht frei von potenziellen Hürden ist. Was, wenn ein Patient Jahre nach der Gentherapie den Krankenversicherer wechselt? Wer zahlt dann die verbleibenden Rechnungen? Oder was, wenn ein Patient nach einer Behandlung festgelegte Untersuchungstermine nicht einhält und damit nicht festgestellt werden kann, ob das Arzneimittel wirklich wirkt? Was wäre, wenn ein Arzneimittel wie Kymriah nach einem Monat Behandlungszeit zu wirken scheint und die Versicherung zahlt, danach der Krebs aber wieder auftritt?

Die Frage nach der Messbarkeit eines Behandlungserfolges stellt auch der deutsche GKV-Spitzenverband: „Es liegt auf der Hand, dass hier die Bewertungen zwischen einem Unternehmen und einer Krankenversicherung weit auseinandergehen können“, so ein Sprecher gegenüber DAZ.online.

Experten verweisen laut Stat zudem auf ein grundlegendes Problem bei diesem Bezahlmodell: Es gebe derzeit keinen Prozess, wie ein Unternehmen eine Ein-Million-Dollar-Rechnung über mehrere Jahre hinweg streckt, während die Gesundheit des Patienten und dessen therapeutische Fortschritte regelmäßig begutachtet werden. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass neue Preis- und Bezahlmodelle gefunden werden müssen, wenn in Zukunft weitere Gentherapien auf den Markt kommen. Es müsse eine neue Art der Kooperation zwischen Gesundheitspolitikern, Pharmaunternehmen und Versicherern gefunden werden, so Bluebird Bio-Chef Leschly: „Wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingen wird.“



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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