Lancet-Studie in Großbritannien

HIV-Präexpositionsprophylaxe könnte kosteneffektiv sein – irgendwann

Remagen - 18.10.2017, 09:00 Uhr

Eine Präexpositionsprophylaxe könnte sich laut einer aktuellen Untersuchung auf lange Sicht lohnen. (Foto: mbruxelle / Fotolia)

Eine Präexpositionsprophylaxe könnte sich laut einer aktuellen Untersuchung auf lange Sicht lohnen. (Foto: mbruxelle / Fotolia)


Vielleicht schon viel eher kosteneffektiv

Die Zeitspanne bis zum Erreichen der Kosteneffektivität könnte sich aber auch noch verkürzen, wenn die Medikamente für die PrEP und antiretrovirale Therapien kostengünstiger würden. Bei einer Preissenkung um 80 Prozent würden sie zum Beispiel schon innerhalb von 20 Jahren kosteneffektiv. Die Autoren heben diesen Gesichtspunkt besonders hervor, weil der Patentschutz für die Medikamente, die zu diesem Zweck eingesetzt werden, in Europa zwischen 2017 und 2018 ausläuft. Danach könnten bereits im Jahr 2019 billigere Generika verfügbar sein. Co-Autorin der Studie Alison Rodger, ebenfalls vom University College London, fügt hierzu an: „Dies könnte zu einer drastischen Kostensenkung für die Prophylaxe führen, was wiederum das Budget des NHS weniger belasten würde. Die PrEP könnte damit in einer relativ kurzen Zeit kosteneffektiv werden.“ Die Autoren räumen allerdings ein, dass die genauen Kosten, die der NHS für antiretrovirale Medikamente ausgibt, vertraulich sind, so dass diese nur geschätzt werden könnten. Ebenso unsicher sei das Ausmaß der Kostensenkung durch die Patentabläufe.  

Mit den Herstellern günstige Preise aushandeln

„Die Ergebnisse rufen die politischen Entscheidungsträger beim NHS dazu auf, mit den Herstellern günstige Preise auszuhandeln und weitsichtig zu sein, jetzt investieren und langfristig Gewinne ernten“, schreibt Paul Revill von der University of York, UK in einem Kommentar zu der Studienpublikation. „Mit einer Kombination aus häufigen HIV-Tests, sofortiger Behandlung und der Verfügbarkeit der Präexpositionsprophylaxe gibt es jetzt eine Hoffnung, die Kurve der HIV-Neuinfektionen nach unten zu biegen, was vor wenigen Jahren noch nicht machbar erschien.“

In Deutschland ist man was die Senkung der Kosten angeht schon ein wenig weiter. Hierzulande sind bereits Generika auf dem Markt, die zum Teil auch zur PrEP zugelassen sind. Zudem gibt es im Rahmen eines Projektes die Möglichkeit, ein Truvada-Generikum, zugelassen für die PrEP  sehr kostengünstig zu beziehen. Dieses Präparat kostet dann nur ein Zehntel davon, was die auch zur HIV-Behandlung zugelassenen Präparate kosten. Es soll in der Startphase in sieben deutschen Städten zu haben sein. Dahinter steckt der Kölner Apotheker Erik Tenberken, der den Generika-Hersteller Hexal gewinnen konnte, sein Truvada-Generikum im Rahmen des Projektes zu vertreiben.

WHO: PrEP für alle Hochrisikogruppen 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihren konsolidierten Leitlinien zum Einsatz antiretroviraler Arzneimittel zur Behandlung und Prophylaxe einer HIV-Infektion aus dem Jahr 2016 sogar eine umfassende Präexpositionsprophylaxe für alle Gruppen mit hohem Risiko für eine HIV-Infektion (HIV-Inzidenz von 3 auf 100 Personenjahre oder höher ohne PrEP). Im Jahr 2014 war die Empfehlung noch auf Männer beschränkt gewesen, die Sex mit Männern haben. 

Die starke Empfehlung wird laut WHO von einer qualitativ hochwertigen Evidenz gestützt. Zur Kosteneffektivität trifft die Weltgesundheitsorganisation keine klare Aussage und begründet dies mit der inhomogenen Ausgangssituation. Der Schwellenwert für die HIV-Inzidenz zur Implementierung der medikamentösen PrEP werde wahrscheinlich variieren, heißt es in der aktuellen Guideline. In vielen Situationen könne davon ausgegangen werden, dass die Prophylaxe bei einem Schwellenwert von 3 auf 100 Personenjahre kostensparend wirke, aber dies könne auch noch unterhalb dieses Schwellenwertes zutreffen. Im Übrigen sollte monetäre Erwägungen hier nicht allein ausschlaggebend sein, betont die WHO. 




Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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