Ab November

Imatinib-Kapseln und Tabletten austauschbar – auch bei 7000 Euro Differenz 

Stuttgart - 16.10.2017, 13:40 Uhr

Filmtablette oder Hartkapsel? Spielt bei Imatinib keine Rolle, findet der G-BA. (Foto: Haru / Stock.adobe.com) 

Filmtablette oder Hartkapsel? Spielt bei Imatinib keine Rolle, findet der G-BA. (Foto: Haru / Stock.adobe.com) 


Ab 15. November können Imatinib-Hartkapseln und –Filmtabletten zum Beispiel im Rahmen von Rabattverträgen gegeneinander ausgetauscht werden. Die notwendige Änderung der Arzneimittelrichtlinie wurde vergangenen Freitag im Bundesanzeiger veröffentlicht. Bereits jetzt sorgen die großen Preisunterschiede der Glivec®-Nachahmer für Verwirrung.

Bereits im Juli hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Beschluss gefasst, dass die verschiedenen Darreichungsformen des Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib – Hartkapseln und Filmtabletten – gegeneinander austauschbar sind. Am 15. November tritt die Änderung der Anlage VII der Arzneimittelrichtlinie „Regelungen zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln (aut idem)“ laut Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Bislang darf nämlich zum Beispiel das Original Glivec®, das nur als Filmtablette im Handel ist, im Rahmen von Rabattverträgen nur gegen andere Filmtabletten ausgetauscht werden. Viele der Generika-Hersteller haben bereits beide Varianten im Portfolio. 

Große Preisunterschiede sorgen für Unsicherheit

Für Unsicherheit in den Apotheken sorgen allerdings schon jetzt die großen Preisunterschiede zwischen den Imatinib-Generika – und bei Kassen, die Rabattverträge mit mehreren Herstellern haben, bestehen diese auch zwischen den jeweiligen Rabattartikeln. Hat eine Kasse für einen Wirkstoff mehrere Rabattpartner, ist es völlig normal, dass diese Rabattartikel unterschiedliche Listenpreise haben. Dass die Unterschiede groß sind wie bei den Imatinib-Generika, ist allerdings eher ungewöhnlich. Die Listenpreisdifferenz der rabattierten Glivec®-Nachahmer beträgt zum Teil knapp 7000 Euro.

Kann die Apotheke wählen?

Kann die Apotheke trotzdem frei wählen, welches Rabatt-Arzneimittel sie abgibt? Gilt das auch, wenn der Preisunterschied zwischen den Präparaten mehrere 1000 Euro beträgt? Diese Frage wurde an das Deutsche ApothekenPortal herangetragen.

Die Antwort ist eindeutig: Ja, das darf sie. Denn was die Kasse am Ende tatsächlich für eine Rabattarznei bezahlt, gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen. Für die Apotheke gilt daher die Prämisse „Rabattartikel ist gleich wirtschaftlich“. Der Listenpreis spielt keine Rolle – zumindest nicht bei der Frage, welches Arzneimittel zulasten der Kasse abgegeben werden kann. 

Teuer oder nicht – das ist hier die Frage

So ganz außen vor lassen sollte man den Listenpreis bei der Entscheidung für die Abgabe des einen oder anderen Rabattarzneimittels bei so immensen Preisunterschieden aber doch nicht. Aus verschiedenen Gründen: 

  • Retaxrisiko: Bei einer Nullretax zieht die Kasse den Apothekenabgabepreis ab – gegebenenfalls abzüglich der Zuzahlung. Bei einem Präparat mit einem Listenpreis von 7000 Euro ist das finanzielle Risiko größer als bei einem das knapp 900 Euro kostet. 
  • Drei-Prozent-Marge versus Vorleistung: Das DAP gibt zu Bedenken, dass es für die Apotheke unter Umständen im Vergleich unwirtschaftlicher sein kann, ein teures Produkt abzugeben, da sie bis zur Erstattung mit dem hohen Preis in Vorleistung treten muss. Allerdings fällt bei dem teureren Arzneimittel die Drei-Prozent-Marge höher aus. Diese beiden Punkte sind gegeneinander abzuwägen. 

Vorsicht Preisanker!

Sind die Rabattarzneimitel nicht lieferbar, spielt der Listenpreis aber dann doch eine Rolle. Im Falle der Nicht-Lieferbarkeit kann das namentlich verordnete Arzneimittel oder eines der drei preisgünstigsten verschrieben werden. Zählt das namentlich verordnete Präparat bereits zu den drei günstigsten, darf das abgegebene jedoch nicht teurer sein (Preisanker).

Imatinib

Imatinib ist ein oraler Tyrosinkinase-Inhibitor, der zur Behandlung von Erwachsenen mit Philadelphia-Chromosom (bcrabl)-positiver chronisch-myeloischer Leukämie (CML) eingesetzt wird. Der Wirkstoff hemmt die Aktivität der Tyrosinkinase Bcr-Abl. Diese Tyrosinkinase entsteht bei CML-Patienten durch eine genetische Veränderung, das Gen bcr-abl, und ist aktiver als die Ausgangsform. Als Folge wird die unkontrollierte Proliferation von weißen Blutzellen stimuliert.

Präparate: Glivec und Generika



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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