Mögliche Einstiegskonzepte

Wie Amazon den Apothekenmarkt umkrempeln könnte

Berlin - 09.10.2017, 14:35 Uhr

Arzneimittel bald über Amazon? In den USA verfolgt der Internet-Gigant derzeit offenbar konkrete Pläne zum Einstieg in den Apothekenmarkt. Welche sind das? (Foto: dpa)

Arzneimittel bald über Amazon? In den USA verfolgt der Internet-Gigant derzeit offenbar konkrete Pläne zum Einstieg in den Apothekenmarkt. Welche sind das? (Foto: dpa)


Mögliches Szenario: Einstieg in den Pharmavertrieb

Schon vor ein paar Wochen hat die US-Bank Goldman Sachs in einer Untersuchung analysiert, wie ein nachhaltiger Eintritt von Amazon in den Gesundheitsmarkt und insbesondere in den Arzneimittelversand im Detail aussehen könnte. Dabei haben die Analysten fünf verschiedene Szenarien aufgezeichnet. Die Annahmen sind zwar überwiegend aus der US-Perspektive beschrieben, könnten in ähnlicher Form aber auch auf den europäischen Markt angewendet werden.

Einen besonderen Fokus richteten die Autoren auf den Pharmavertrieb. Insbesondere der Markt der verschreibungspflichtigen Arzneimittel würde für Amazon ein lukratives Geschäftspotenzial darstellen. Zudem sei diese Branche wie geschaffen für den Handelsriesen: Bestellungen von Arzneimitteln aufnehmen, diese verarbeiten und den Versand nachverfolgen sei ein Geschäft, das Amazon im Kern beherrsche. Andererseits gebe es aber auch einige Besonderheiten, nämlich eine hohe Konzentration von Anbietern oder die Notwendigkeit zur Größe, um erfolgreich zu sein. Hinzu komme, dass es sich um eine stark regulierte Branche handele.

Um bei einem Eintritt in den Arzneimittelversand nicht ins Schlingern zu geraten, halten es die Analysten für am wahrscheinlichsten, dass sich Amazon mit einem erfahrenen Partner zusammentun könnte – ein Vorgehen, das der Konzern bereits bei früheren Gelegenheiten angewendet habe. Auf diese Weise könne Amazon lernen, wie die Branche funktioniert, ehe das Unternehmen auf eigene Faust aktiv wird. In diesem konkreten Fall, so die Goldman Sachs-Analysten, könnte Amazon beispielsweise ein Online-Portal für Patienten zur Verfügung stellen, über das diese verschreibungspflichtige Arzneimittel bestellen. Der Partner übernehme dann die Auslieferung.

Aufbau einer Online-Apotheke

In einem weiteren Szenario haben die Bankanalysten den Aufbau einer eigenen Online-Apotheke durch Amazon unter die Lupe genommen. Der US-Umsatz im Bereich der stationären und Versandapotheken biete mit jährlich 72 Milliarden Dollar das höchste Umsatzvolumen im Bereich des Arzneimittelvertriebs und habe vergleichsweise geringe Markteintrittsbarrieren. Andererseits sei der Marktanteil von Rx-Arzneien, die bestellt und dann direkt zum Kunden nach Hause geliefert werden, nach Angaben von Goldman Sachs in den USA von 17 Prozent im Jahr 2010 auf 12 Prozent in 2016 gesunken. Dies liege unter anderem daran, dass keiner der existierenden Arzneimittel-Versender in den USA das Geschäft optimiert und exakt auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten habe. Hinzu komme, dass es für Patienten oft nicht teurer sei, ihre Arzneimittel bei einer stationären Apotheke abzuholen.

Amazon könnte laut Goldman Sachs in diesem Umfeld gleich mehrere Vorteile ausspielen: So könnte der Konzern die besten Anwendungen seiner Webseite auf den Online-Verkauf von Arzneimitteln übertragen und dabei die bislang durchschnittliche Lieferzeit in den USA von 3,5 Tagen auf 2,5 Tage verkürzen. Ein einfacher Bestellprozess und die genaue Nennung des Lieferzeitpunktes beim Kunden wären weitere Vorzüge. Auch nach einem Bericht des Brancheninformationsdienstes HealthcareITNews sei es nicht unwahrscheinlich, dass Amazon bei Arzneimitteln die gleiche Marketing-Vorgehensweise wiederhole, die der Konzern mit Büchern und anderen Artikeln bereits erfolgreich praktiziert habe.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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