USA

Apotheker sollen Opioid-Missbrauch eindämmen

Remagen - 27.09.2017, 07:00 Uhr

Opioid-Missbrauch ist in den USA ein echtes Problem: Die US-Apothekenkette CVS will gegensteuern. (Foto:dpa)

Opioid-Missbrauch ist in den USA ein echtes Problem: Die US-Apothekenkette CVS will gegensteuern. (Foto:dpa)


Die US-Amerikaner sorgen sich seit geraumer Zeit erheblich über die zunehmenden Todesfälle durch den Missbrauch von Opioiden. Allein im letzten Jahr soll dieser dort 64.000 Todesfälle gefordert haben. Nun steuert die große Apothekenkette CVS Health dagegen, auch Walgreens bringt sich ein, und die FDA (Behörde für Lebens- und Arznemittel) hat einen Aktionsplan aufgelegt.

Die US-amerikanischen Apotheker sollen ihren Beitrag dazu leisten, um der Epidemie von Opioid-Überdosierungen entgegen zu steuern, die die Gesundheitspolitiker bis hin zu Präsident Donald Trump zutiefst beunruhigt. Wie in „USA Today“ nachzulesen ist, will die Drugstore-Kette CVS Health sich darum bemühen, dass Verschreibungen von Opioiden eingeschränkt werden. Der Pharmacy Benefits Manager (PBM)  des Unternehmens „CVS Caremark“ will all seinen Einfluss geltend machen, um dafür zu sorgen, dass Erstverordnungen für Patienten mit akuten Beschwerden nicht länger als für sieben Tage reichen. Die CVS-Apotheker sollen den verschreibenden Arzt kontaktieren, wenn mehr auf dem Rezept steht, als für dessen Genesung notwendig zu sein scheint, und ihn gegebenenfalls bitten, die Verordnung zu ändern. Diese Vorgabe soll ab Februar 2018 greifen. 

Oft zu viel verschrieben

Häufig sollten Verschreibungen von 30 bis 60 der stark wirksamen “Pillen” auf einmal zu beliefert werden, teilt CVS-Chef Larry Merlo gegenüber USA Today mit, und zwar für Fälle, bei denen auch erheblich weniger ausgereicht hätte. „Wir glauben, dass unsere Maßnahme helfen könnte“, meint Merlo. In den 9600 Abgabestellen von CVS sollen die Apotheker außerdem dafür geschult werden, die Patienten proaktiv hinsichtlich der Gefahren der Opioide zu beraten und auf kürzere Behandlungsperioden hinzuwirken. „Wir wollen einfach dafür sorgen, dass weniger Menschen mit irgendeinem Opioid-Abhängigkeitsproblem dabei heraus kommen“, sagt Troyen Brennan, Chief Medical Officer bei CVS.

Die beiden größten USA-amerikanischen Drugstore-Ketten CVS Health und Walgreens engagieren sich außerdem vermehrt bei der Entsorgung von nicht verwendeten Opioiden. So will CVS weitere 750 seiner Abgabestellen mit sicheren Entsorgungs-Kiosks hierfür bestücken. Walgreens hat nach Angaben seines Sprechers Phil Caruso in rund 600 Apotheken im ganzen Land entsprechende „disposal kiosks” eingerichtet. Außerdem will der CVS-Konkurrent Walgreens laut USA Today eine neue Kampagne fahren, mit der Teenager über die Gefahren von Opioiden aufgeklärt werden sollen. Damit übernehmen beide eine zunehmend aktivere Rolle in der Bekämpfung der tödlichen Epidemie. Debatten darüber, wem in der Gemengelage von Pharmafirmen, Ärzten und anderen eine Schuld and der Entstehung der Krise zukommt, lehnt Larry Merlo von CVS jedoch ab und stellt fest: „Als Gesundheitsversorger spielen wir alle eine wichtige Rolle bei der Lösung des Problems.“

Das will die FDA tun

In ihrer Sorge über die wachsende Epidemie des Missbrauchs, der Abhängigkeit und der Überdosierungen von Opioiden in den Vereinigten Staaten hatte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Juni 2017 einen umfassenden Aktionsplan mit einer Reihe konkreter Maßnahmen bekannt gemacht. Unter anderem soll die Nutzen-Risiko-Bewertung für Opioide grundlegend überprüft und sichergestellt werden, dass die Agentur dabei auch die Auswirkungen der Substanzen auf die breitere öffentliche Gesundheit im Auge behält. In Zukunft soll bei jedem Antrag auf Zulassung für ein neues Opioid ohne Missbrauchs-verhindernde Eigenschaften (abuse-deterrent properties) ein Expertengremium befragt werden. Die Ärzte sollen bezüglich der Verordnung von Opioiden besser geschult werden. Der Pharmaindustrie sollen weitergehende Berichtspflichten über die Langzeitfolgen der Daueranwendung von Opioiden auferlegt werden. 

Ausweg über „abuse-deterrent formulations (ADFs)“?

Außerdem will die FDA den Zugang zu den „abuse-deterrent formulations (ADFs)“ fördern. Die Pharmaindustrie habe daran großes Interesse und die Technologie entwickele sich rasch, teilt die FDA mit. Mit physikalischen Ansätzen kann zum Beispiel das Kauen, Zerschneiden oder Zermahlen der Arzneiform verhindert werden. Chemische Barrieren wie gelbildende Zusätze können die Extraktion des Opioids mit Wasser oder Alkohol erschweren. Als weitere Beispiele nennt ein Leitfaden der FDA Kombinationen aus Agonisten und Antagonisten, wobei der Antagonist nur aktiv wird, wenn das Präparat nicht bestimmungsgemäß angewendet, das heißt gemörsert, injiziert oder geschnupft wird, sowie die Hinzufügung von Substanzen, die bei Fehlanwendung und Überdosierung unangenehme Effekte erzeugen. Außerdem kommen Missbrauchs-verhindernde Applikationsformen, wie subkutane Implantate, in Frage oder auch neue Wirkstoffe oder Prodrugs mit einer langsameren Penetration ins Zentralnervensystem. Die FDA setzt sehr stark auf solche Formulierungen und will deshalb auch die Zulassung entsprechender Nachahmerpräparate erleichtern.

Außerdem soll der Zugang zu Produkten für die Behandlung von Überdosierungen, wie etwa Naloxon als OTC-Arzneimittel verbessert werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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