60 Jahre Contergan

Für die Opfer ist der Skandal noch nicht vorbei

Aachen - 26.09.2017, 10:00 Uhr

Für Betroffene ist der Skandal um Contergan noch lange nicht vorbei. (Foto: Harald Meyer-Kirk)

Für Betroffene ist der Skandal um Contergan noch lange nicht vorbei. (Foto: Harald Meyer-Kirk)


Wurde durch Contergan die Blutgefäß-Bildung gestört?

Von den laut Bundesverband Contergangeschädigter ungefähr 5000 Kindern, die damals allein in Deutschland mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt kamen, leben heute noch etwa 2400. Jetzt, im fortgeschrittenen Alter, stellt sich ihnen eine ganz neue Frage: Wurden durch den Wirkstoff vor der Geburt auch Gefäße geschädigt? „Es gab einen Fall, bei dem ein Herzkatheter gelegt werden sollte, wo die Ärzte nicht zum Herzen gekommen sind, weil die Blutbahnen anders lagen“, nennt Löwenhauser ein Beispiel, das diesen Verdacht nährt.

Bei einem anderen Contergan-Opfer seien gleich zwei Anomalien an den Gefäßen aufgetaucht: Blutgefäße waren demnach an einer Stelle, wo sie der Operateur nie vermuten würde. „Das hätte gefährlich werden können“, sagt der Verbandsvorsitzende. Schon Heidelberger Forscher gingen 2012 in ihrer Studie zur Situation Contergangeschädigter von Schäden auch an Gefäßen aus.

Was allerdings erst noch in einer Vergleichsstudie wissenschaftlich zu beweisen wäre. Die Conterganstiftung bereitet nach eigenen Angaben eine solche Studie mit einem Expertengremium vor. „Um wissenschaftliche Ergebnisse zu bekommen, brauchen wir mindestens zwischen 450 und 500 Betroffene“, sagt Margit Hudelmaier vom Stiftungsvorstand. Parallel dazu müsse eine Gruppe ohne Contergan-Schäden untersucht werden.

Ob es dazu kommt, hängt von der Entscheidung des Stiftungsrates am 16. Oktober ab. Der Stiftungsrat war nicht zuletzt auch wegen seiner Zusammensetzung in der Vergangenheit immer wieder konfliktbeladen: Zwei Betroffenen-Vertreter stimmen neben drei Vertretern des Bundesfamilienministeriums ab. Auch wenn allein die Studie schätzungsweise 1,4 Millionen kosten wird, geht es um viel mehr: Je nach Ergebnis könnte es zu Forderungen nach höheren Entschädigungszahlungen kommen. Zuallererst aber gehe es um die Betroffenen selbst, betont Löwenhauser: „Es ist wichtig, dass die Risikofälle wirklich wissen, was mit ihnen los ist und dass das in einem Notfall-Ausweis vermerkt werden kann.“



dpa / DAZ.online
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