Von Kassenärzten und Marburger Bund

Konzept für Notfallversorgung liegt vor

Berlin - 18.09.2017, 09:00 Uhr

Kassenärztliche Bundesvereinigung und Marburger Bund haben ein Konzept für die Notfallversorgung vorgelegt.  (Foto: schulzfoto /stock-adobe.com)

Kassenärztliche Bundesvereinigung und Marburger Bund haben ein Konzept für die Notfallversorgung vorgelegt.  (Foto: schulzfoto /stock-adobe.com)


Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) haben ein Reformkonzept für eine integrierte Notfallversorgung durch die rund 150 000 Praxisinhaber und die knapp 2000 Krankenhäuser vorgelegt. So soll das ineffiziente Nebeneinander von ambulanter und stationärer Notfallversorgung verbessert werden.

Überfüllte Notfallambulanzen, überlastete Ärzte, genervte Patienten: Die Zusammenarbeit bei der Notfallversorgung zwischen Kassenärzten und Kliniken klappt nicht. Jetzt gibt es einen neuen Anlauf zur Reform. KBV-Chef Andreas Gassen sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Bereitschaftsnummer der niedergelassenen Ärzte 116117 und die bisherige Notrufnummer des Rettungsdienstes 112 müssten stärker vernetzt werden. Patienten sollen bei dieser gemeinsamen medizinischen Anlaufstelle rund um die Uhr anrufen können und eine qualifizierte Ersteinschätzung bekommen, damit sie „ohne Umwege in die für sie passende Versorgungsebene kommen“, erläuterte der Vorsitzende des MB, Rudolf Henke. Die Ersteinschätzung solle möglichst IT-gestützt und bundesweit einheitlich erfolgen, sagte Henke. „Wir stellen uns vor, dass wir eine einheitliche, standardisierte Ersteinschätzung der Patienten erreichen, die an allen Anlaufstellen der Notversorgung gleich ist.“ Das könne man mit medizinisch geschultem Personal machen. Im Zweifel könne ein Arzt hinzugezogen werden. 

Bereitschaftsnummer der Kassenärzte  soll bekannter werden

KBV-Chef Gassen forderte, dass die Bereitschaftsnummer der Kassenärzte bekannter werden müsse. Nach einer KBV-Studie läuft fast die Hälfte der Befragten zu sprechstundenfreien Zeiten automatisch in die Krankenhausambulanzen – auch, weil etwa 70 Prozent die bundesweite Rufnummer 116117 nicht kennen. KBV und MB war wichtig, das Konzept noch vor der Bundestagswahl am 24. September vorzulegen. Denn die Politik scheine bisher nicht willens, das Problem etwa über Malusregelungen einzudämmen, sagte Gassen. Das Konzept weise große Übereinstimmung auf mit den Vorstellungen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR).

Auch Kassen drängen auf Änderungen

Der SVR hatte außerdem sogenannte integrierte Notfallzentren an den Krankenhäusern vorgeschlagen. Sie sollen – ähnlich wie eine Telefonleitstelle – die drei Bereiche Rettungsdienst, Ärztlicher Bereitschaftsdienst und Klinikambulanz kombinieren – mit einem Eingang und einem Tresen. Konkret sollten diese Zentren von Kassenärztlichen Vereinigungen und Kliniken gemeinsam getragen werden, heißt es. Der Betrieb sollte durch die Kassenärzte erfolgen. So sollen Anreize für die Krankenhäuser vermieden werden, mehr Patienten stationär aufzunehmen, als vielleicht nötig ist. Aus Sicht des SVR sollte es außerdem zur Entlastung der Notaufnahmen mehr Anreize für Hausärzte geben, ihre Praxen länger zu öffnen. Zudem sollte die Vergütung des Rettungsdienstes geändert werden: Anstatt wie bisher nur die Transportleistung abzurechnen, sollte man die medizinische Leistung honorieren.

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) mahnen seit Längerem zur besseren Patientensteuerung eine umfassende Überprüfung der sogenannten sektorenübergreifenden Zusammenarbeit an. Auch die Techniker Krankenkasse (TK) hatte bereits eine gemeinsame Leitstelle für 112 und 116117 vorgeschlagen. Zudem schlägt die TK schlägt, an allen Krankenhäusern als Teil der Notaufnahme sogenannte Portalpraxen einzurichten. Hier soll Fachpersonal den Behandlungsbedarf beurteilen und die Patienten in die passende Versorgungsstruktur weiterleiten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) steht solchen Plänen äußerst skeptisch gegenüber.

Entlastung für Ärzte in den Notaufnahmen

Kliniken klagen seit Langem, dass zu viele Patienten außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen in ihre Notfallambulanzen kommen. Die Kassenärzte halten ihnen dagegen vor, über die Notfallambulanzen unnötigerweise oft ihre Betten zu füllen. So wanderten mehrere Milliarden an Honoraren aus der ambulanten Versorgung von Patienten in die stationäre. Henke sagte, Leitgedanke der zentralen Anlaufstellen und des integrierten Vorgehens sei, „die Ärzte in den Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten“. Es gebe bereits vielversprechende Ansätze durch die Einrichtung von Notdienstpraxen im oder am Krankenhaus. Gassen sagte, die DKG müsse sich „irgendwann mal entscheiden, ob es ihr um eine Sachlösung geht oder nur um die Umleitung von Finanzströmen."



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