Gutachten für Bundesverband der Freien Berufe

Neue Argumente zur Rx-Preisbindung

Süsel - 15.09.2017, 07:00 Uhr

ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz zeigte in seinem Bericht auf dem DAT neue Aspekte auf. (Foto: DAZ / Schelbert)

ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz zeigte in seinem Bericht auf dem DAT neue Aspekte auf. (Foto: DAZ / Schelbert)


Gutachten zu freiberuflichen Leistungen

Das Gutachten beschäftigt sich mit der Deregulierung unter Berücksichtigung der speziellen Marktcharakteristika freiberuflicher Tätigkeiten. Demnach führt eine Liberalisierung des Marktzutritts bei diesen Tätigkeiten zumeist zu einer ineffizient hohen Anbieterzahl und niedriger Qualität. Bei der Einschätzung der Produktivitätsentwicklung müssten die fehlenden Möglichkeiten zur Rationalisierbarkeit und Delegierbarkeit freiberuflicher Dienstleistungen beachtet werden. Außerdem könne der Regulierungsindikator der OECD zu einer verzerrten Darstellung der tatsächlichen Regulierungsdichte und -wirkung führen. Mit Blick auf die aktuelle Problematik nach dem EuGH-Urteil ist besonders das Kapitel zur Preisregulierung interessant. Demnach können Preisuntergrenzen in Märkten mit asymmetrischer Information die Qualität der Leistungen sichern und die Markteffizienz verbessern.

Erklärungen zur Wirkung von Preisen

Die zentrale Voraussetzung ist dabei die asymmetrische Information, die typisch für sogenannte Vertrauensgüter ist. Dies sind Güter oder Dienstleistungen, bei denen der Anbieter über Expertenwissen verfügt und im Gegensatz zum Leistungsempfänger dessen Leistungsbedarf kennt. Als experimentelle Evidenz dazu verweisen die Autoren auf ein spieltheoretisches Experiment von Mimra, Rasch und Waibel, das 2016 publiziert wurde. Demnach verhindert Preiswettbewerb den Aufbau von Reputation. Bei festen Preisen bauen die Anbieter dagegen mithilfe der Leistungsqualität Reputation auf. Der Anteil von Leistungen zu geringer Qualität ist bei regulierten Preisen meist geringer als bei Preiswettbewerb. Für die Kunden wird die Leistungsqualität bei festen Preisen zur entscheidenden Größe, bei Preiswettbewerb ist es dagegen der Preis.

Außerdem stützt sich das Gutachten auf ein theoretisches Modell, das Pesendorfer und Wolinsky 2003 vorgestellt haben. Dabei geht es um eine Konstellation, bei der zunächst eine Diagnose nötig ist, bevor die Leistung erbracht wird. Dabei führt Preiswettbewerb zu niedrigen Preisen und zugleich geringen Anstrengungen bei der Diagnose. Durch die notwendigen Zweitmeinungen wird dies letztlich ineffektiv, während eine Preisuntergrenze die Markteffizienz erhöht.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Richtig verstanden?

von Anita Peter am 15.09.2017 um 9:25 Uhr

Habe ich das richtig verstanden, in seiner Großkonzern-Lobby-Position als Vorsitzdender der Monopolkommission hat er sich für eine weitgehende Liberalisierung des Apothekenmarktes ausgespreochen, als er sich wissenschaftlich mit dem Thema beschäftigt hat, legt er eine 180 Grad Wende hin?
Das empfehle ich dem aktuellen Vorsitzenden auch, der meint 5 Euro pro Rezept tun der Apotheke nicht weh. Gut er hat aber gleich im Anschluss zugegeben, dass er von der betriebswirtschaftlchen Situation in den Apotheken keine Ahnung hat. Aber so funktioniert das heute. Ohne Ahnung viel in die Welt hinausposaunen.

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