Deutscher Apothekertag

Gröhe erklärt „Sozis“ und Krankenkassen die Apothekenwelt

Düsseldorf - 13.09.2017, 17:44 Uhr

Scharfe Kritik: In seiner Rede auf dem Deutschen Apotheker ging Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hart ins Gericht mit den Krankenkassen und der SPD-Bundestagsfraktion. (Foto: Schelbert)

Scharfe Kritik: In seiner Rede auf dem Deutschen Apotheker ging Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hart ins Gericht mit den Krankenkassen und der SPD-Bundestagsfraktion. (Foto: Schelbert)


Gröhe: Es geht nur um kleine Honoraranpassungen

Doch damit nicht genug. Gröhe sagte, er wolle nicht die Rolle eines PR-Beraters für Krankenkassen übernehmen. „Wenn ich für eine Krankenkasse arbeiten würde, würde ich nicht den Eindruck erwecken wollen, dass jede Leistungsverbesserung eine zu viel ist.“ Er sei der festen Überzeugung, dass Qualität Geld koste. Das Beispiel Hilfsmittelversorgung habe ihm gezeigt: „Wenn die Verbesserung der Versorgungsqualität mal 50 Millionen Euro kostet, dann ist das nun mal so.“ Auch in Sachen Zytostatika-Versorgung ging Gröhe mit den Kassen hart ins Gericht. Zur Vorgeschichte: Der Gesetzgeber hatte die exklusiven Zyto-Verträge zwischen Kassen und Apothekern kürzlich abgeschafft, mit einer dreimonatigen Frist. Viele Kassen schrieben trotz beschlossenem Gesetz jedoch noch einmal neu aus – obwohl das Ministerium sie davon abhalten wollte. Gröhe dazu: „Die Krankenkassen haben da auf Zeit gespielt, das ist jetzt vorbei. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Dieser Vorgang bleibt unvergessen!“

Nachdem er mit den Kassen abgerechnet hatte, geriet die SPD ins Kreuzfeuer des Ministers. Zunächst griff er den ehemaligen SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an. Gabriels Ministerium hatte sich in der Ressortabstimmung zum Rx-Versandverbot aus juristischen Gründen gegen das Verbot ausgesprochen. In Richtung Gabriel sagte Gröhe: „Ich hätte mir gewünscht, er hätte für die 150.000 Beschäftigten in unseren Apotheken genauso viel getan, wie für die 15.000 Beschäftigten von Kaisers Tengelmann.“

„Dass ich den Sozis das alles erklären musste!"

Grundsätzlich habe er kein Verständnis dafür, dass eine sozialdemokratische Partei solche Positionen verfolge. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich den Sozis noch einmal erklären muss, dass Preiswettkampf in der Versorgung nicht geht und dass das Sachleistungsprinzip und die Schnäppchenjagd nicht zusammenpassen.“ Zur Rechtfertigung des Rx-Versandverbotes deutete der Minister auch auf das vom Deutsche Apotheker Verlag und der Noweda in Auftrag gegebene wettbewerbsökonomische Gutachten hin. Dieses habe belegt, dass schon „ein kleiner Zuwachs“ des Versandhandels große Auswirkungen auf den Apothekenmarkt haben könnten. Auch das Argument, dass insbesondere Chroniker und finanziell schlechter gestellte Menschen von Rx-Boni profitiere könnten, ließ der Minister nicht gelten. „Die Nerds können sich dann zwar die besten Preise aus dem Internet suchen, aber auch die wollen nachts gut und in der Nähe versorgt werden.“

Für eventuelle Koalitionsverhandlungen kündigte der CDU-Politiker an, dass das Versandverbot ein „sehr, sehr wichtiger Punkt“ sein werde. „Wir werden alles, das in unserer Kraft liegt, dafür tun, dass das Rx-Versandverbot kommt.“ Relativ unkonkret waren Gröhes Einlassungen allerdings zum Thema Medikationsplan. Der Minister war in den vergangenen Monaten dafür kritisiert worden, dass der Plan nur auf Papier verfügbar ist. Die Apotheker hatten bemängelt, dass sie so gut wie keine Rolle spielen.

Gröhe bezeichnete den Medikationsplan in seiner jetzigen Form als „Übergangsform“. Den Plan werde es bald auch „endlich elektronisch“ geben. Einen genauen Zeitpunkt nannte der Minister aber nicht. Zur Rolle der Apotheker erklärte der Minister, dass er mit Hilfe des Planes die Beratung stärken wolle. Über eine eventuelle Vergütung sagte Gröhe aber nichts. Schließlich äußerte sich der Minister auch zum Thema Lieferengpässe. Gröhe versprach, das Thema weiter im Auge zu behalten. Mit dem Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz (AMVSG) habe man wichtige Schritte zur Sicherheit in der Lieferkette etabliert, etwa die neuen Meldepflichten, das Register beim BfArM oder der Jour Fixe der Lieferketten-Beteiligten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Wirklich alles?

von Christian Becker am 14.09.2017 um 17:46 Uhr

„Wir werden alles, das in unserer Kraft liegt, dafür tun, dass das Rx-Versandverbot kommt.“

Dann können wir also damit rechnen, dass, wenn die Stimmen von CDU und Linken wieder zusammen ausreichen, diesmal auch wirklich das Versandverbot kommt?
Oder das das ein ebenso unverhandelbarer Punkt bei den Koalitionsgesprächen wird wie letztes mal die PKW-Maut?

Ich freue mich drauf.

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Wirklich alles?

von Christian Becker am 14.09.2017 um 17:46 Uhr

„Wir werden alles, das in unserer Kraft liegt, dafür tun, dass das Rx-Versandverbot kommt.“

Dann können wir also damit rechnen, dass, wenn die Stimmen von CDU und Linken wieder zusammen ausreichen, diesmal auch wirklich das Versandverbot kommt?
Oder das das ein ebenso unverhandelbarer Punkt bei den Koalitionsgesprächen wird wie letztes mal die PKW-Maut?

Ich freue mich drauf.

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Danke Herr Bundesminister!

von Dr. Arnulf Diesel am 14.09.2017 um 13:13 Uhr

Danke für diese Worte, Herr Bundesminister. Im Falle eines Wahlsieges Ihrer Partei bei der kommenden BTW hoffe ich, daß sie nicht in Vergessenheit geraten. Schlechter zu ertragen als die Äußerungen von SPD, Grünen, FDP, GKV ist aber das Rumgeeiere aus unseren Standesvertretungen, es hätte ja schlimmer kommen können.

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Den Sozis den Spiegel vorgehalten -

von Alfons Neumann am 13.09.2017 um 23:14 Uhr

super gemacht, Herr Gröhe ! Da kann/darf/muß sich unser Präsi mal abschauen, wie man das macht.
Es sind ja bspw. nicht nur die 150000 vs. 15000 Arbeitsplätze. Bei ´ner privaten Fluglinie sind bei Zypries unbesehen 150 Mio´s € übrig, aber wir müssen eben mal 10 Jahre auf eine Micker-Anpassung warten bzw. werden (bereits vom Erzengel) mit einem Überraschungs-Herbst-Gutachten hingehalten ...

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Gröhe

von Frank ebert am 13.09.2017 um 22:30 Uhr

Warum kommen sollen Worte nicht von F. Schmidt dieser Riesenflasche. Aber warum auch , Schmidt belommt ja trotzdem viel Beifall----unglaublich

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Pflaster auf meine Seele

von Christiane Patzelt am 13.09.2017 um 19:14 Uhr

..dann hab ich ja richtig gewählt (und ich weiß auch, dass es in der Welt nicht nur um Apotheken geht)!

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