Eröffnung der Expopharm

„Es gibt keine vernünftige Alternative zur Apotheke vor Ort“ 

Düsseldorf - 13.09.2017, 14:00 Uhr

Für Dr. Thomas Trümper gibt es keine vernünftige Alternative zur Apotheke vor Ort und zum unabhängigen Apotheker.   (Foto: DAZ / Schelbert)

Für Dr. Thomas Trümper gibt es keine vernünftige Alternative zur Apotheke vor Ort und zum unabhängigen Apotheker.   (Foto: DAZ / Schelbert)


Vertreter der Verbände der pharmazeutischen Industrie und des Großhandels überbrachten zur Eröffnung der Expopharm in Düsseldorf ihre Grußworte an die Apotheker. Sie alle würdigten die Leistungen der Apotheker und verwiesen auf gemeinsame Schwierigkeiten und Projekte, die es zu stemmen gilt.

Zur Eröffnung der diesjährigen Expopharm verwies der Vorsitzende des Bundesverbands des Pharmazeutischen Großhandels, Dr. Thomas Trümper, darauf, dass sowohl der Beitrag der Großhändler und der Apotheker zur Arzneimittelversorgung nicht von allen als „alternativlos“ anerkannt werde. Das zeige sich auch daran, dass es bei ihren Margen keine Bewegung gebe. Stattdessen zögen sich so manche die „rosarote Brille“ auf und redeten „scheinbar attraktiven Ideen“ das Wort. Doch gerade der Phagro, der auch im europäischen Großhandelsverband engagiert sei und dessen Mitgliedsunternehmen vielfach auch im Ausland tätig seien, könne sich ein sicheres Urteil über die Gesundheitspolitik erlauben. Und die Erkenntnis beim Blick über die Ländergrenzen ist für Trümper: „Es gibt keine vernünftige Alternative zur Apotheke vor Ort und zum unabhängigen Apotheker. Wo es anders geregelt ist, beneidet man uns wegen des hohen Qualitäts- und Versorgungsniveaus.“ Der Phagro-Chef wehrt sich gegen Vorwürfe, Neues verhindern zu wollen und an alten Zöpfen festzuhalten. Es gebe ausreichend Pannen in der Vergangenheit – etwa die Umstellung des Ingenieur-Studiums auf Bachelor/Master und der damit einhergehende Reputationsverlust – die zeigten: Es lohnt sich doch, den Sachverstand einzusetzen und Bewährtes zu erhalten.

Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender des BAH

Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), knüpfte an seine Rede vom vergangenen Jahr an, als er die Apotheker aufgefordert hatte, kaufmännisch zu denken und heilberuflich zu handeln. Angesichts der gesellschaftlichen Trends geht Wieczorek davon aus, dass die heilberufliche Beratungs- und Handlungskompetenz der Apotheker künftig noch mehr im Mittelpunkt steht als schon jetzt. Denn es wird mehr ältere Menschen geben und mehr, die allein leben. Die Urbanisierung wird zunehmen und die Eigenverantwortlichkeit in der Gesundheit auch – und hier sei der Apotheker gefragt, nicht zuletzt als Berater in der Selbstmedikation. Gerade bei Switches, also Arzneimitteln, die aus der Verschreibungspflicht entlassen wurden, könnten sich Apotheker als heilberufliche Berater profilieren.

Wieczorek hob zudem hervor, dass der BAH seit jeher die inhabergeführte Apotheke vor Ort unterstützt. So auch beim Thema Rx-Versandhandelsverbot. „Als einziger Verband im Arzneimittelsektor haben wir hier sehr klare Worte gefunden und die Gefährdung der Arzneimittelversorgung deutlich aufgezeigt. Wir fordern das Rx-Versandhandelsverbot – und zwar ohne Wenn und Aber und ohne jede Ausnahme!“, so der BAH-Chef.

Wieczorek sprach zudem das Projekt SecurPharm an. Ab Februar 2019 müssen verschreibungspflichtige Arzneimittel europaweit bestimmte Sicherheitsmerkmale tragen. Bei den Verhandlungen zur Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie in Deutschland habe der BAH gemeinsam mit der Apothekerschaft maßgeblich dazu beigetragen, eine partnerschaftliche Lösung zwischen Herstellern und Apothekern zu finden.  Dafür dankte der BAH-Chef ausdrücklich dem DAV-Chef Fritz Becker, der „in einer kritischen Situation Weitblick bewiesen und zu einer Lösung des gordischen Knotens beigetragen“ habe.

SecurPharm und Lieferengpässe

Auch Frank Schöning, stellvertretender Vorsitzender des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa), sprach SecurPharm an. Das Thema der Arzneimittelfälschungen habe dieses Jahr wieder an Dynamik gewonnen, sei es fiktiv im Fernsehen oder auch durch ganz real entdeckte Fälschungen. Es gelte nun, das Projekt auf die Zielgerade zu bringen – die Zeit dafür sei knapp. Man sei zwar schon ein ganzes Stück weiter als im vergangenen Jahr, doch noch immer gebe es viel Arbeit. Die Apotheker sollten daher bei ihrem Engagement für das gemeinsame Projekt nicht nachlassen.

Schöning würdigte überdies den bewährt sicheren und verlässlichen „Vertriebskanal Apotheke“ und die Beratung der Pharmazeuten am Ende der Versorgungskette. Kritisch sprach der vfa-Vizevorsitzende die Erfahrungen mit der Politik und den Krankenkassen an – hier blieben Industrie wie Apotheker zuweilen ratlos zurück, wenn es darum gehe, ihre Expertise zu hören. Aktuell erlebe man dies etwa im Bereich der Impfstoff- und Zytoverträge, „wo jenseits aller politischen Sensibilitäten gegen die Interessen der Apotheker ‚durchregiert‘ werden soll“. Der vfa habe hierfür gar kein Verständnis. Enttäuscht zeigte sich Schöning auch über die letztlich erreichten Ergebnisse des Pharmadialogs. Der ressortübergreifende Dialog sei zwar durchaus erfolgreich gewesen, die gesetzliche Umsetzung durch das AMVSG allerdings ernüchternd. Die Apotheker hätten im Hinblick auf das Rx-Versandverbot ebenfalls Enttäuschungen erlebt.  

Kein Vertrauen in Selbstheilungskräfte

Wolfgang Späth, Vorsitzender von Pro Generika, thematisierte vor allem das Dauerbrenner-Thema Lieferengpässe. Diese gebe es vor allem im Klinikbereich immer wieder, zuletzt etwa bei Piperacillin/Tazobactam

Hier sei man aber mit den Kliniken im Austausch über Lösungen. In der Politik sei das Thema auch angekommen – eigentlich gebe es dort eine gute Resonanz. Dennoch fehle den Politikern letztlich der Mut für Maßnahmen und sie setzen stattdessen auf Selbstheilungskräfte. Dazu fehle ihm selbst allerdings der Optimismus, betonte Späth. Er plädiert vielmehr für die Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen und das Verbot von Ausschreibungen für versorgungskritische Arzneimittel. Andere Vorschläge, etwa eine verstärkte Lagerhaltung oder mehr Vertragsstrafen, lehnt er hingegen ab. Dies löse die strukturellen Probleme nicht. Strafen und Schadenersatz spüle vielleicht Geld in die Kassen, doch dem Patient fehle das Arzneimittel am Ende immer noch. 

Im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl und die kommende Legislaturperiode sagte Späth, er setze darauf, dass die Politik dann in Sachen Rx-Versandverbot Farbe bekenne. Er wünsche den Apotheken in dieser Hinsicht alles Gute.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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