Wegen Todesfällen

Bezirksregierung stoppt Tätigkeit des Heilpraktikers Klaus R.

Karlsruhe - 11.09.2017, 09:10 Uhr

Behördlich geschlossen: Die Praxisräume des Heilpraktikers Klaus R. in Brüggen-Bracht sind schon seit einem Jahr geschlossen, nun darf er auch im Nachbarkreis nicht mehr arbeiten. (Foto: dpa)

Behördlich geschlossen: Die Praxisräume des Heilpraktikers Klaus R. in Brüggen-Bracht sind schon seit einem Jahr geschlossen, nun darf er auch im Nachbarkreis nicht mehr arbeiten. (Foto: dpa)


Kurz nach fragwürdigen Krebstherapien starben vor einem Jahr drei Patienten eines Heilpraktikers aus Brüggen-Bracht – doch nur wenige Wochen später durfte er im Nachbarkreis wieder arbeiten, wie kürzlich bekannt wurde. Nachdem der NRW-Gesundheitsminister dies kritisierte, erzwang die Bezirksregierung nun die Untersagung seiner Tätigkeit. Gerichtsmediziner untersuchen derweil die pharmakologische Wirkung des Präparats 3-Bromopyruvat.

Mehrere Todesfälle von Krebspatienten des Heilpraktikers Klaus R. sorgten im Juli 2016 für Aufsehen in ganz Deutschland: Der selbsternannte Krebsheiler behandelte sie mit dem Präparat 3-Bromopyruvat, das jedoch bislang nicht ausreichend erforscht ist. Seitdem untersucht die Staatsanwaltschaft, inwiefern ein möglicher Zusammenhang mit den Todesfällen nachgewiesen werden kann. Doch wie Medienrecherchen Mitte August dieses Jahres ergaben, war R. schon 2,5 Monate nach den Todesfällen wieder im Nachbarkreis Wesel aktiv.

Wie konnte es angesichts der laufenden Ermittlungen dazu kommen? Der Kreis Viersen, in dem sein „Biologisches Krebszentrum“ lag, untersagte R. die Tätigkeit vor einem Jahr – und das Gesundheitsministerium in Düsseldorf benachrichtigte alle Gesundheitsämter, damit diese „umgehend tätig werden“ können, wenn der Heilpraktiker eine neue Tätigkeit aufnehme. Doch obwohl er gegenüber dem benachbarten Kreis Wesel anzeigte, zwei Patienten in anderen Kreisen zu Hause zu behandeln, untersagte der Kreis R. dies nicht. Das Ministerium kritisierte dies gegenüber dem Kreis mehrfach deutlich: Es sei verboten, die Heilkunde „im Umherziehen“ auszuüben, erklärte ein Sprecher – auch müssten mögliche Verletzungen von Sorgfaltspflichten geprüft werden.

Doch der Kreis sah ein Verbot der Tätigkeit rechtlich als nicht angemessen an, wie ein Sprecher erklärte – auch habe eine Besichtigung der Wohnräume von R., von denen er seine „Hausbesuchspraxis“ aus ausübte, keine Auffälligkeiten ergeben. „Es ist absurd, wenn ein Heilpraktiker trotz Tätigkeitsverbot in einem Landkreis einfach im Nachbarkreis weiterpraktizieren darf“, kritisierte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), damals noch Patientenbeauftragter der Bundesregierung, sprach sich angesichts des Falles für Gesetzesänderungen aus.

Anweisung von der Bezirksregierung an den Kreis

Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte vor einer Woche gegenüber DAZ.online bestätigt, dass sie im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht zusammen mit dem Kreis die Untersagung der Tätigkeit prüft. „Ein Ende der Prüfung ist nicht abzusehen und steht in Zusammenhang mit den Ergebnissen der staatsanwaltlichen Ermittlungen“, erklärte eine Sprecherin – doch zwischenzeitlich schickte das Regierungspräsidium offenbar eine Anweisung nach Wesel. „Der im Kreis Wesel ansässige Heilpraktiker, gegen den die Staatsanwaltschaft Krefeld ermittelt, erhielt jetzt eine Untersagung seiner Tätigkeit als Heilpraktiker im Kreisgebiet“, bestätigte der Kreis Wesel am vergangenen Freitag.

Die Bezirksregierung betrachtet eine Untersagungsverfügung im Kreisgebiet Wesel gegen den Heilpraktiker „in der Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter“ nun als „ermessensgerecht“, heißt es in einer Pressemitteilung des Kreises. Sie sei der Auffassung, dass trotz des Ergebnisses der durchgeführten Überprüfungen Tatsachen vorliegen, „die ein Eingreifen erforderlich machen“.

Tätigkeit in einem anderen Kreis theoretisch noch möglich

Die unterschiedlichen Einschätzungen ergäben sich durch eine nicht eindeutige Gesetzeslage – das Heilpraktikergesetz stammt aus dem Jahr 1939, betont der Kreis Wesel. Landrat Ansgar Müller sehe den Bund in der Pflicht, Klarheit zu schaffen. „Er plädiert für eine Anpassung der gesetzlichen Regelungen, um einheitliche Mindeststandards für eine Heilpraktikertätigkeit zu gewährleisten und so Rechtssicherheit zu schaffen“, erklärt der Kreis.

Laut Mitteilung könnte der Heilpraktiker rein theoretisch noch in anderen Landesteilen tätig werden. „Die Stadt Krefeld als zuständige Genehmigungsbehörde für eine generelle Heilpraktikererlaubnis hat ihm diese Erlaubnis bisher nicht entzogen“, erklärt der Kreis Wesel. Dies liegt offenbar auch daran, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen bislang nicht abgeschlossen hat: Die Gerichtsmedizin habe zwar einige „interessante Ansätze“, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber DAZ.online bestätigt, doch sei noch völlig offen, wie sich das Verfahren entwickelt. Weiterhin werden die pharmakologische Wirkung und andere „sehr grundsätzliche Fragen“ von 3-Bromopyruvat untersucht – doch sei man relativ hoffnungsfroh, dass bis Jahresende verwertbare Ergebnisse vorliegen.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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