Deutscher Apothekertag

Apotheker wollen über die Lieferkette sprechen

Berlin - 08.09.2017, 16:42 Uhr

Leere im Generalalphabet: Auf dem Deutschen Apothekertag wollen einige Apothekerverbände und -kammern das Problem der Lieferengpässe ansprechen. (Foto: dpa)

Leere im Generalalphabet: Auf dem Deutschen Apothekertag wollen einige Apothekerverbände und -kammern das Problem der Lieferengpässe ansprechen. (Foto: dpa)


Herstellungsprozesse zurück nach Europa holen?

Apotheker und Großhändler kritisieren die Pharmaindustrie schon seit Monaten für ihr Verkaufsverhalten. Argumentiert wird, dass die Hersteller immer mehr Arzneimittel kontingentieren und teilweise gar nicht mehr an den Großhandel ausliefern, um die gleichen Medikamente dann per Direktgeschäft oder über die Pharma Mall selbst anzubieten. Thomas Trümper, Chef des Großhandels-Verbandes Phagro, hatte den Herstellern vorgeworfen, so einen Teil der Großhandelsmarge abgreifen zu wollen. Laut Phagro gibt es in Deutschland derzeit elf vollversorgende Großhändler, die jederzeit ein Sortiment vorhalten sollen, das dem Bedarf für zwei Wochen entspricht. Wie die Apotheker weist auch der Phagro immer wieder auf die Vorteile der traditionellen Lieferkette hin, die aus seiner Sicht gegen ein zunehmendes Direktgeschäft sprechen. Laut Phagro beziehen Apotheken in der Regel 84 Prozent ihrer Ware über den Großhandel. Die Händler verknüpfen die Apotheker mit rund 1500 Pharmaunternehmen. Somit enthalte eine Lieferung eines Vollversorgers Produkte von durchschnittlich 9,4 Anbietern – mehrmals täglich.

Die forschende Pharmaindustrie hingegen sieht in erster Linie Apotheker und Großhändler in der Pflicht. Die Unternehmen verweisen auf das Exportgeschäft der Grossisten und Apotheker sowie auf Parallelexporteure. Der Branchenverband Pro Generika hingegen sieht zumindest einen Teil der Problemursache bei den Rabattverträgen und fordert mit Blick auf die Bundestagswahl in einem Positionspapier die verpflichtende Einführung der Mehrfachvergabe bei Fertigarzneimitteln. Bei der Aussage, für lebenswichtige Medikamente dürfe es keine Verträge geben, schließt sich Pro Generika den Apothekern an. Darüber hinaus fordert der Branchenverband, dass bei den Ausschreibungen künftig nicht mehr nur das Kriterium „billigster Preis“ gelten dürfe.

Auch für die Politik wird das Thema der Arzneimittel-Lieferengpässe immer bedeutender. Kürzlich hatte CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich auf einer Veranstaltung des Pharmahändlers Gehe dafür geworben, Herstellungsprozesse und Produktionsstätten nach Europa zurückzuholen. Hennrich sagte: „Wir müssen wieder Anreize für Pharmafirmen setzen, damit diese wieder anfangen in Europa zu produzieren. Das allerdings müssten wir auf europäischer Ebene klären. Wenn man es hinkriegt, Energiepolitik europäisch zu regeln, dann muss das mit Arzneimitteln auch gehen. Ich könnte mir sogar europäische Preise vorstellen“, so der CDU-Politiker. Vor etwa einem Jahr hatten sich die EU-Gesundheitsminister auch mit diesem Thema beschäftigt und sich in einer Erklärung dafür ausgesprochen, dass die Mitgliedsstaaten zwar enger zusammenarbeiten sollen, jegliche Preis- und Lieferregulierungen aber nur auf nationaler Ebene geklärt werden können. In den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl spielt die Arzneimittel-Versorgung jedoch nur am Rande eine Rolle, Lieferengpässe werden bei keiner Partei angesprochen.

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Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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