Beratungs-Quickie

Sprechstundenbedarf des Zahnarztes

München / Stuttgart - 31.08.2017, 13:30 Uhr

Auch bei Sprechstundenbedarfsrezepten für Zahnarztpraxen müssen Apotheker Rabattverträge beachten. (Foto: Africa Studio / Fotolia)

Auch bei Sprechstundenbedarfsrezepten für Zahnarztpraxen müssen Apotheker Rabattverträge beachten. (Foto: Africa Studio / Fotolia)


Welche Punkte sind bei der Beratung wichtig? Was für Zusatzinformationen kann man geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jeden Donnerstag einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung für den zahnärztlichen Sprechstundenbedarf und um ein Rezept über ein Lokalanästhetikum-haltiges Mundgel für eine Stammkundin.

Die Sprechstundenhilfe der Zahnarztpraxis Dr. Schmelz legt zwei Rezepte in der Apotheke vor. Die Präparate für die Praxis nehme sie direkt mit. Das Medikament für die Patientin Frau Marianne M., einer sehr alten, gebrechlichen Stammkundin, hole deren Sohn am Nachmittag in der Apotheke ab.

Formalien-Check

Verordnet sind zwei N2-Packungen Elmex® Gelee (38 g) und zwei N2-Packungen Paracetamol-ratiopharm® Tabletten für den Sprechstundenbedarf sowie eine N1-Packung Dynexan® Mundgel (10 g) für eine Patientin. Beide Verordnungen sind eindeutig und vollständig. Auf dem PC-Rezept ist das Feld 9 „Sprechstundenbedarf“ angekreuzt. Aut-idem-Kreuze sind nicht gesetzt, daher sind Rabattverträge (gilt auch im Sprechstundenbedarf) vorrangig abzugeben. Wären preisgünstige Importe vorhanden, so besteht im Rahmen der Sprechstundenverordnung nach Rahmenvertrag § 5 (1) keine Abgabepflicht von Importpräparaten anstelle des verordneten Originals (Cave: Liegt hingegen eine Importverordnung vor, so ist der gesetzte Preisanker zu beachten). Für die verordnete Paracetamol-ratiopharm® Tabletten fallen Mehrkosten an, hier ist ein kostengünstigeres Paracetamol zu empfehlen.

Auf dem Rezept der Patientin ist das Feld „gebührenfrei“ angekreuzt. Bei dem verordneten Dynexan® Mundgel handelt es sich jedoch um ein apothekenpflichtiges Arzneimittel. Apothekenpflichtige Medikamente sind nur für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr oder bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen unter 18 Jahren durch die GKV erstattungsfähig. Ausnahmen hiervon regelt die OTC-Ausnahmeliste (AM-RL des GB-A). Trotz des gültigen Kassenrezepts und der Zuzahlungsbefreiung trägt die Kundin deshalb die Kosten selbst. Bei vielen gesetzlichen Krankenkassen kann das quittierte Rezept jedoch zur Voll- oder Teilerstattung eingereicht werden. Welche Kassen rezeptfreie Präparate erstatten und welche Regeln dabei gelten, finden Sie hier. Gibt es keine Erstattung der Krankenkasse, kann das Rezept bei der jährlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

Rote GKV-(PC)-Rezepte sind ab Ausstellungsdatum einen Monat gültig. Sind nicht erstattungsfähige apothekenpflichtige Arzneimittel zulasten der GKV verordnet, gilt ein rotes Rezept unbegrenzt.

Beratungs-Basics

Die Zahnarztpraxis kennt die beiden Arzneimittel. Elmex® Gelee mit hochkonzentriertem Aminfluorid wird zur Kariesprophylaxe (insbesondere bei Kindern ab drei Jahren, Jugendlichen sowie Patienten mit Zahnspangen, anderen kieferorthopädischen Apparaten und Teilprothesen) sowie zur Behandlung überempfindlicher Zahnhälse und unterstützenden Behandlung der Initialkaries eingesetzt.

Im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung werden zweimal jährlich (bei hohem Kariesrisiko mehrmals pro Jahr) 3 g Dentalgel mit einem geeigneten Gelträger wie der Miniplastschiene appliziert. Wegen der Überdosierungsgefahr wird diese Anwendungsform erst ab dem achten Lebensjahr empfohlen. Alternativ können 0,5 - 1 g Gel mit der stumpfen Kanüle aus einer gefüllten Einmalspritze auf die Kauflächen und in die Interdentalräume aufgetragen werden. Eine ausreichende Kontaktzeit von mindestens zwei bis vier Minuten mit den Zähnen muss gewährleistet sein. Sie darf jedoch fünf Minuten nicht überschreiten. Nach der Anwendung wird der Mund mit Wasser ausgespült.

Für die Anwendung zu Hause empfiehlt die Fachinformation: einmal wöchentlich mit etwa 1 cm Gel, entspricht etwa 0,5 g Dentalgel, die Zähne bürsten, am besten abends vor dem Schlafengehen und nach zwei bis drei Minuten ausspülen. Die Putz- und Einwirkzeit darf fünf Minuten nicht überschreiten. Zur gezielten Behandlung überempfindlicher Zahnhälse ist das Gel direkt auf die betroffenen Flächen aufzubringen. Nach Applikation von Elmex® Gelee ist eine systemische Fluoridzufuhr, zum Beispiel durch Fluorid-Tabletten, für einige Tage auszusetzen. Die unmittelbare Einnahme von Calcium, Magnesium (Cave: Milch) oder Aluminium (Antacida) nach der Behandlung kann die Wirkung der Fluoride beeinträchtigen.

Paracetamol ist ein nichtsteroidales Analgetikum. Der Wirkmechanismus ist nicht vollständig geklärt, wobei Paracetamol eine zentrale und periphere Wirkung zugesprochen wird. Das Schmerzmittel kommt zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen zum Einsatz. Zur Nachbehandlung nach zahnärztlichen Eingriffen, die einer Schmerzmedikation bedürfen, werden Patienten ein paar Tabletten aus der Praxis mitgegeben. Die empfohlene Dosierung für Erwachsene beträgt drei- bis viermal ein bis zwei Tabletten für bis zu drei Tage.

Dynexan® Mundgel ist ein Oberflächenanästhetikum und enthält den Wirkstoff Lidocain, der die Schmerzempfindung unterdrückt. Die Empfindungen werden dabei in der Reihenfolge Schmerz, Kälte beziehungsweise Wärme, Berührung und Druck ausgeschaltet. Das Arzneimittel wird zur zeitweiligen, symptomatischen Behandlung von Schmerzen an Mundschleimhaut, Zahnfleisch und Lippen eingesetzt. Die Kundin Frau Marianne M. trägt eine Zahnprothese und erhält das Gel gegen Druckstellen im Mund, wie ihr Sohn auf Nachfrage berichtet. Seine Mutter habe schon öfters Probleme mit dem Zahnfleisch gehabt, bisher habe sie dann immer mit Salbeitee aus dem Garten gespült. Die Kundin kann bei Bedarf vier- bis achtmal täglich eine erbsengroße Menge Gel (dies entspricht etwa 4 mg Lidocain) mit einem Finger auf die betroffenen Schleimhautstellen auftragen und leicht einmassieren. Eine Gesamttagesdosis von 40 mg Lidocain (entspricht 2 g Gel) sollte sie nicht überschreiten. Wenngleich nach lokaler Anwendung die resorbierte Menge an Lidocain gering ist, können systemische Wirkungen bei stark traumatisierter Mukosa nicht völlig ausgeschlossen werden. Daher darf das Arzneimittel bei schweren Störungen des Reizbildungs- und Reizleitungssystems am Herzen, akuter dekompensierter Herzinsuffizienz oder schwerer Nieren- oder Lebererkrankungen nur mit besonderer Vorsicht angewendet werden.

Sehr selten treten als unerwünschte Wirkungen lokale allergische und nichtallergische Reaktionen auf.

Auch noch wichtig

Schmerzende Druckstellen im Mund sind vor allem in der Eingewöhnungsphase an eine neue Zahnprothese keine Seltenheit. Aber auch nach längerer Tragezeit kann eine Prothese durch eine altersbedingte Rückbildung des Kiefers plötzlich Beschwerden verursachen. Stellt sich nach einigen Tagen kein angenehmes und schmerzfreies Tragegefühl ein, muss der Zahnersatz durch den Zahnarzt angepasst werden.

Wegen des Gehalts an Pfefferminz- und Krauseminzöl in Dynexan® Mundgel dürfen Patienten mit Asthma bronchiale oder anderen Atemwegserkrankungen und Kinder bis zu drei Jahren das Arzneimittel nur nach ärztlicher Rücksprache anwenden. Durch ätherische Öle können bei entsprechend sensibilisierten Personen Überempfindlichkeitsreaktionen, einschließlich Atemnot, ausgelöst werden.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Die Kundin sollte bei der Ernährung scharfe und saure Speisen meiden. Auch saure Lutschbonbons und Vitamin-C-haltige Produkte können die Beschwerden an der Mundschleimhaut verstärken.
  • Das Spülen mit Salbei- oder Kamillentee kann die Patientin fortführen, da eine Anwendung die Beschwerden lindern kann. Sie sollte jedoch einen ausreichenden Zeitabstand zum Auftragen des Mundgels einhalten. 
  • Allgemein ist eine regelmäßige und effektive Prothesenreinigung mit Zahn-/Prothesenbürste und Zahnpasta (oder flüssiger Handseife und handwarmem Wasser) zur Entfernung grober Beläge wichtig. Am besten nach jeder Mahlzeit, mindestens jedoch zweimal täglich. Zusätzlich empfiehlt sich die Anwendung spezieller Reinigungstabs.


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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