PR-Aktion zur Bundestagswahl

Apotheker protestieren mit Rosinen-pickendem Pleitegeier

Berlin - 31.08.2017, 17:15 Uhr

Mit dem grün-schwarzen Rosinen-Geier gegen die EU-Versender: Die Kammer Nordrhein protestiert gegen ungleiche Wettbewerbsbedingungen nach dem EuGH-Urteil. (Grafik: AKNR)

Mit dem grün-schwarzen Rosinen-Geier gegen die EU-Versender: Die Kammer Nordrhein protestiert gegen ungleiche Wettbewerbsbedingungen nach dem EuGH-Urteil. (Grafik: AKNR)


Die Apothekerkammer Nordrhein startet in dieser Woche mit einer PR-Aktion in die Endphase des Bundestagswahlkampfes: Unter dem Motto „Schluss mit der Rosinenpickerei“ protestiert die Kammer gegen das Vorgehen ausländischer Versandapotheken. Insbesondere das Kampagnenmotiv fällt ins Auge: ein grün-schwarzer Pleitegeier, der Rosinen pickt.

Neben der PR-Aktion der ABDA zur Bundestagswahl starten in diesen Tagen zahlreiche Apothekerverbände und -kammern mit eigenen Initiativen und Kampagnen in die Endphase des Wahlkampfes. Die Kammer Nordrhein war schon immer als besonders „politisch aktive“ Kammer bekannt. Insofern überrascht es nicht, dass Kammerpräsident Lutz Engelen am heutigen Donnerstag den Start einer eigenen Aktion verkündete.

Und auch die inhaltlichen Argumente der Kampagne überraschen wenig. Thema ist das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung. Die Kammer beschwert sich über ungleiche Rahmenbedingungen im Wettbewerb zwischen Apotheken vor Ort in Deutschland und den EU-Versandapotheken. Engelen erklärt: „Die konzerngesteuerten  und rein profitorientierten  ausländischen Versandhändler picken sich nur die attraktiven Rosinen aus dem deutschen Gesundheitssystem. An wichtigen und kostenintensiven  Gemeinwohlaufgaben in der Arzneimittelversorgung, wie z. B. dem Nacht- und Notdienst, beteiligen sie sich nicht.“

In den verbleibenden etwa 3,5 Wochen bis zur Wahl wollen die Apotheker im Kammergebiet Nordrhein daher Flyer verteilen, die den Unterschied zwischen Apotheken und EU-Versendern hervorheben. Auf Seite 1 prangt ein grün-schwarzer, Rosinen-pickender Geier. Darunter ist zu lesen: „Ausländische Versandhändler picken sich die Rosinen aus dem deutschen Gesundheitskuchen. Darunter leiden wird nur Einer: Sie, als Patient!“

Was können Apotheker besser als EU-Versender?

Auf der Rückseite zählt die Kammer Leistungen in einer Tabelle auf, die die Apotheken von den EU-Versendern abheben. Darunter sind etwa die Akutfall-Versorgung, Nacht- und Notdienste, die persönliche Beratung oder Botendienste. Interessant ist auch, dass die Kammer darauf hinweist, dass nur Apotheken vor Ort das „gesamte Apotheken-Vollsortiment“ abgeben. Die Kammer bezieht sich dabei auf Arzneimittel, die nicht versendet werden dürfen, wie etwa die Pille danach. Außerdem verweist sie auf die Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums aus dem Jahr 2004, nach denen beispielsweise Zytostatika und radioaktive Arzneimittel nicht verschickt werden sollten.

Des Öfteren haben die Apotheker den EU-Versendern vorgeworfen, keine Rezepturen herzustellen und entsprechende Rezepte abzulehnen. Diesen Vorwurf erhebt die Kammer Nordrhein in ihrer Liste allerdings nicht. Vielmehr geht sie noch darauf ein, dass die Apotheken hierzulande durch inländische Aufsichtsbehörden und Kammern beaufsichtigt würden und dass die Sicherheit der Patientendaten bei den Apotheken vor Ort höher sei.

Kammer Nordrhein und DocMorris streiten sich seit Jahren

Schließlich teilt die Kammer mit: „Auch die Leitung der Apotheke vor Ort durch einen freiberuflichen,  persönlich haftenden und voll verantwortlichen Apotheker ist bei ausländischen Versandapotheken so nicht gegeben. Gleiches gilt für die Sicherheit der Patientendaten.“ In einer Randspalte des Flyers weisen die Apotheker zudem auf die stetig sinkende Apothekenzahl hin. In der Mitteilung zu der Aktion kommt Kammerpräsident Engelen zu dem Schluss: „Dieser unfaire Wettbewerb kann das bereits begonnene Apothekensterben dramatisch beschleunigen.“

Die Kammer Nordrhein befindet sich traditionell auf Kriegsfuß mit den EU-Versendern. Insbesondere DocMorris und die Kammer kennen sich durch diverse, jahrelange juristische Auseinandersetzungen. Denn die Kammer hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche erfolgreiche Versuche unternommen, unterschiedliche Boni-Modelle der Niederländer zu stoppen – einige in einem regulären Hauptsache-Klageverfahren, eine Reihe aber auch nur per einstweiliger Verfügung. Derzeit läuft noch ein wichtiges Verfahren, in dem DocMorris die Apotheker nach dem EuGH-Urteil auf Schadenersatz verklagt hatte.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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