Tausende Patienten betroffen

NRW plant keine speziellen Angebote für Betroffene des Zyto-Skandals

Düsseldorf - 29.08.2017, 17:15 Uhr

Nach dem Zyto-Skandal um einen Apotheker aus Bottrop plant die Landesregierung zunächst keine speziellen Betreuungsangebote für die betroffenen Patienten. (Foto: VSA)

Nach dem Zyto-Skandal um einen Apotheker aus Bottrop plant die Landesregierung zunächst keine speziellen Betreuungsangebote für die betroffenen Patienten. (Foto: VSA)


Tausende Patienten sind laut den Ermittlungen von nicht ordnungsgemäß hergestellten Arzneimitteln betroffen, die teils erheblich unterdosiert waren. Müssten die Krebspatienten sowie ihre Angehörigen nicht psychologisch unterstützt und medizinisch neu untersucht werden? Auf Anfrage von DAZ.online verweist das NRW-Gesundheitsministerium in Düsseldorf auf die behandelnden Ärzte und bestehende Möglichkeiten – und bezüglich der Apotheken-Überwachung auf die zuständigen Kreise.

Der Skandal um einen Zyto-Apotheker in Bottrop hat Menschen in ganz Deutschland entsetzt: Die Anklage wirft dem Pharmazeuten vor, in mehr als 60.000 Fällen Rezepturen nicht nur unter schlechten hygienischen Bedingungen hergestellt zu haben, sondern eine Unzahl von Zytostatika auch deutlich unterdosiert zu haben. Die teils Jahre zurückliegenden Fälle lassen sich im Nachhinein nur schlecht aufklären, aber ein untersuchter Infusionsbeutel enthielt laut der amtlichen Untersuchung sogar nur Kochsalz.

In 27 Fällen glaubt die Staatsanwaltschaft, dem Apotheker eine versuchte Körperverletzung nachweisen zu können – doch allein in den vergangenen fünf Jahren sollen 3700 Patienten eines der knapp 50 Arzneimittel erhalten haben, die von dem Apotheker offenbar teilweise gestreckt wurden, wie das Recherchebüro Correctiv unter Verweis auf Ermittlungsergebnisse berichtet hat. Insgesamt könnten sogar mehr als 7000 Patienten aus sechs Bundesländern problematische Arzneimittel erhalten haben. Offenbar könnte nur der Apotheker selber für Aufklärung sorgen, welche Patienten wie genau betroffen sind – doch er schweigt bislang auch auf Nachfrage von DAZ.online zu den Vorwürfen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte sich laut ARD-Sendung Panorama entsetzt darüber gezeigt, dass die betroffenen Patienten sowie die Angehörigen verstorbener Patienten bislang kaum informiert worden seien. „Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat zudem die zuständigen Behörden und Institutionen angeschrieben und um Unterstützung gebeten, damit die betroffenen Patienten informiert werden“, erklärt ein Sprecher Laumanns nun gegenüber DAZ.online. „Die Rückmeldungen dazu stehen noch aus.“ Die Ärzte, die mit Chemotherapeutika aus der betreffenden Apotheke beliefert wurden, seien von Beginn auf dem Laufenden gehalten worden. Doch offenbar haben sie höchstens in einem Teil der Fälle die Informationen aktiv weitergegeben: Viele Patienten berichten, dass sie nur aus den Medien informiert wurden. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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