Topiramat zur Migräneprophylaxe

100 statt 50 Tabletten aufgrund eines Rabattvertrags

Stuttgart - 28.08.2017, 11:30 Uhr

Wird in der Apotheke eine andere Menge abgegeben, als vom Arzt verordnet wurde, muss das dem Patienten erklärt werden. (Foto: Peter Atkins / Fotolia)

Wird in der Apotheke eine andere Menge abgegeben, als vom Arzt verordnet wurde, muss das dem Patienten erklärt werden. (Foto: Peter Atkins / Fotolia)


Bedingt durch Rabattverträge kommt es immer wieder vor, dass eine andere Tabletten-Menge abgegeben werden muss, als vom Arzt verordnet wurde. In der Regel geht es um einige Tabletten mehr oder weniger. Anders jedoch im folgenden Fall, der dem DeutschenApothekenPortal vorliegt. Laut Rabattvertrag soll der Patient doppelt so viel bekommen – 100 statt 50 Tabletten. Darf die Apotheke das so beliefern? 

Der Arzt verordnet 14 Tabletten, Therapiedauer eine Woche bei zweimal täglicher Gabe, rabattiert ist aber nur die 12-Stück-Packung – ein Klassiker im Apothekenalltag und ein klarer Fall für pharmazeutische Bedenken. Auch der umgekehrte Fall kommt natürlich vor, also zwölf verordnet, 14 rabattiert. Auch das ist ein lösbares Problem.

Was ist aber, wenn die rabattierte Menge ganz deutlich von der verordneten abweicht? Nämlich so wie in einem Fall, über den das DeutscheApothekenPortal berichtet. In der Apotheke wird ein Rezept über „Topiramat AL Migräne 50 mg 50 FTA N2“ zulasten der AOK Bremen vorgelegt. Als Rabattpartner wird „Topiramat Glenmark 50 mg 100 Tbl. N2“ angezeigt. Es wäre also die doppelte Menge abzugeben. 

Foto: DAP

Kriterien für einen Austausch sind erfüllt

Rein formal steht dem laut DAP tatsächlich nichts entgegen. Nach § 4 Rahmenvertrag sind nämlich alle Bedingungen für einen aut-idem-konformen Austausch erfüllt. Die da wären: 

  • gleicher Wirkstoff
  • identische Wirkstärke
  • identische Packungsgröße
  • gleiche oder austauschbare Darreichungsform
  • Zulassung für ein gleiches Anwendungsgebiet
  • keine einer Ersetzung des verordneten Arzneimittels entgegen­stehenden betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften; insbesondere hat die abgegebene Menge der verordneten Menge zu entsprechen.

50 und 100 Stück die gleiche Packungsgröße?

Gleiche Packungsgröße? Wie kann das sein? Das Glenmark-Präparat ist den Antiepileptika zuzuordnen, Nmax ist hier 200 Stück. Das verordnete AL-Präparat zählt zu den Migränemitteln, Nmax ist in dieser Gruppe 100. Weil die Präparate aber in mindestens einem Anwendungsgebiet – der Migräneprophylaxe – übereinstimmen und zudem ein identisches Normkennzeichen (N2) tragen, ist laut Rahmenvertrag ein Austausch formal möglich. 

Eine identische Packungsgröße liegt dann vor, wenn die Packungen ein identisches Normkennzeichen (in diesem Fall die N2-Normierung) tragen. Dabei ist es unerheblich, wie diese zustande kam bzw. welcher Arzneimittelgruppe das Präparat in der Packungsgrößenverordnung zugeordnet wird.

Allerdings kann es durchaus pharmazeutische Gründe geben, die dem Austausch entgegenstehen. Zum Beispiel könnte die Abgabe der doppelten Menge ein Risiko beim Patienten darstellen. So empfiehlt es sich auf jeden Fall, den Arzt zu informieren. Der hatte ja unter Umständen einen guten Grund dafür „nur“ 50 Stück zu verordnen. Ein weiterer Grund, das Arzneimittel nicht auszutauschen, ist der Verdacht, dass die Indikation „Epilepsie“ den Patienten verunsichern könnte.

In diesen Fällen sollte die Apotheke pharmazeutische Bedenken geltend machen. Obwohl es laut der Neufassung des Rahmenvertrags kein Retaxgrund mehr ist, rät das DAP zur Sicherheit, die Sonder-PZN-aufzudrucken und den Grund für den Nicht-Austausch handschriftlich auf dem Rezept mit Handzeichen und Datum zu dokumentieren.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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