Bedeutung der Preisbindung nachgewiesen

Gutachten schließt Beweislücke 

Süsel - 23.08.2017, 15:32 Uhr

Der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Uwe May, die Politikwissenschaftlerin 
Cosima Bauer und Rechtsanwalt Dr. Uwe Dettling haben nun ein Gutachten 
vorgelegt, das diese „Lücke im Tatsächlichen“ schließt.  (Foto: matimix /stock.adobe.com)

Der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Uwe May, die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und Rechtsanwalt Dr. Uwe Dettling haben nun ein Gutachten vorgelegt, das diese „Lücke im Tatsächlichen“ schließt.  (Foto: matimix /stock.adobe.com)


Die Rx-Preisbindung sichert das Apothekensystem. Dem EuGH fehlte der Nachweis für diese Erkenntnis. Doch ein Gutachten liefert nun mit einem ökonomischen Modell die Beweisführung. Dr. Thomas Müller-Bohn, Apotheker und Dipl.-Kaufmann, hat sich das Gutachten genauer angesehen. 

Die Preisbindung für verschreibungspflichtige (Rx-)Arzneimittel gilt in der Berufspolitik schon immer als ein Grundpfeiler des Apothekensystems. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) bemängelte in seinem Urteil vom 19. Oktober 2016, es gebe keinen Nachweis, weshalb die Preisbindung zur Sicherung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung erforderlich sei. Diese Lücke in der Beweisführung haben der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Uwe May, die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und Rechtsanwalt Dr. Uwe Dettling nun mit einem Gutachten geschlossen, das sie im Auftrag des Deutschen Apotheker Verlages und der Apothekergenossenschaft Noweda erstellt haben.

Arzneimittelversorgung als Universaldienst

Die Gutachter beschreiben die Arzneimittelversorgung als Universaldienst, auf den jeder Einwohner an jedem Ort, in einer bestimmten Qualität, ohne unnötige zeitliche Verzögerung und zu erschwinglichen Preisen Anspruch hat. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rezeptsammelstellen soll der Weg zu einer Apotheke und zurück mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb einer Stunde zurückzulegen sein. Zur wirtschaftlichen Sicherung dieses Systems dienen die festen Preise für Rx-Arzneimittel. Dies vermeidet Verdrängungswettbewerb, sorgt für die Gleichbehandlung der Patienten, stellt die flächendeckende Versorgung sicher, schafft Transparenz und ermöglicht eine Mischkalkulation für den Ausgleich zwischen rentablen und weniger rentablen Teilbereichen. 

Doch dieses System wird durch das EuGH-Urteil ausgehöhlt, weil die Preisbindung nun nur noch im Inland gilt. Die Politik steht damit vor folgenden Optionen:

  • Untätigkeit und daraus folgende Inländerdiskriminierung,
  • Aufhebung der Preisbindung und des Sachleistungsprinzips,
  • „sanfter Preiswettbewerb“ mit beschränkten Boni oder
  • Rx-Versandverbot.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Zu spät

von Anita Peter am 24.08.2017 um 6:55 Uhr

Warum hat die ABDA ein solches Gutachten nicht VOR dem EUGH Verfahren in Auftrag gegeben? Was soll das Gutachten jetzt noch bringen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Doch nicht zu spät?

von Christian Rotta am 24.08.2017 um 16:14 Uhr

Sehr geehrte Frau Peters,
die erste Frage kann ich nicht beantworten, die zweite schon. Wenn Sie das EuGH-Urteil vom 19.10.2016 sowie die jüngste Rechtsprechung deutscher Gerichte zur Problematik der Arzneimittelpreisbindung lesen, werden Sie feststellen: Es ist nicht auszuschließen, dass sich der EuGH noch einmal mit der Frage der grenzüberschreitenden Arzneimittelpreisbindung beschäftigen muss - und wenn dann die vom EuGH in seiner Entscheidung vom 19.10.2016 konstatierte "Lücke im Tatsächlichen" geschlossen wird, d.h. belegt werden kann, dass die Arzneimittelpreisbindung zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung und zur Aufrechterhaltung des bestehenden Apotheknnetzes beiträgt, könnte das ursprüngliche EuGH-Urteil obsolet werden. Sicher ist dies nicht, aber immerhin möglich. Und die besseren Argumente würden ohnehin dafür sprechen.

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