Levonorgestrel, Ulipristalacetat, Kupferspirale

Notfallkontrazeption – nicht alle wirken gleich gut

17.08.2017, 09:00 Uhr

Welche Notfallverhütung verhindert am zuverlässigsten eine Schwangerschaft? Cochrane hat dies untersucht. (Foto: dpa)

Welche Notfallverhütung verhindert am zuverlässigsten eine Schwangerschaft? Cochrane hat dies untersucht. (Foto: dpa)


Ein aktualisiertes Cochrane-Update untersucht, welches Verfahren nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr das effektivste und sicherste ist, um eine Schwangerschaft zu verhindern.

Für die Notfallkontrazeption, das heißt eine kurzfristige Maßnahme zur Verhütung einer Schwangerschaft nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr, stehen mehrere Optionen zur Verfügung. Die Empfehlungen der WHO zur Notfallkontrazeption decken neben kupferhaltigen Intrauterinpessaren als sicherste Methode die folgenden Möglichkeiten ab:

  • Ulipristalacetat (Einzeldosis von 30 mg),
  • Levonorgestrel (Einzeldosis von 1,5 mg oder zwei Dosen von 0,75 mg im Abstand von 12 Stunden),
  • eine Kombination aus Ethinyl-Estradiol und Levonorgestrel (zwei Dosen von jeweils 100 µg Ethinyl-Estradiol plus 0,50 mg Levonorgestrel im Abstand von 12 Stunden (Yuzpe-Methode).

Levonorgestrel, Ulipristalacetat oder Kupfer-IUD

In Deutschland ist Levonorgestrel in Navela® 1,5 mg Tabletten, Pidana® 1,5 mg, Postinor® 1500 µg und Unofem Hexal® 1,5 mg Tablette seit 1999 für die Notfallverhütung zugelassen. Die EU-weite Zulassung für Ulipristalacetat (ellaOne®) wurde im Jahr 2009 erteilt. Neben diesen beiden Notfallkontrazeptiva kommen auch kupferhaltige Intrauterinpessare (Kupfer-IUD) für diesen Zweck zum Einsatz.

Levonorgestrel darf bis zu 72 Stunden nach erfolgtem Geschlechtsverkehr eingesetzt werden, um eine potenzielle Schwangerschaft zu verhindern, Ulipristalacetat bis zu 120 Stunden danach. Eine Kupferspirale muss vom Frauenarzt innerhalb von 120 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingelegt werden. Eine vergleichende Übersicht zu den Eigenschaften von Levonorgestrel und Ulipristalacetat finden Sie hier.

92 Studien aus China zur Notfallverhütung

Ein aktueller Cochrane-Review evaluiert die Datenlage zur Notfallkontrazeption. Da es sich um eine internationale Bewertung handelt, wurden auch Daten zu Wirkstoffen aufbereitet, die in Deutschland für diesen Zweck nicht zugelassen sind. Hierzu gehören Levonorgestrel als zweifache Gabe, die Kombination aus Estradiol und Levonorgestrel (Yuzpe-Regime) und die „Abtreibungspille“ Mifepriston. In den Review wurden 115 randomisierte kontrollierte Studien mit rund 60.500 Frauen einbezogen. 92 Versuche wurden in China durchgeführt. Der primäre Zielparameter war die Anzahl der Schwangerschaften. Als sekundäre Parameter wurden die Nebenwirkungen und Auswirkungen auf den Menstruationszyklus betrachtet.

Levonorgestrel und Mifepriston sicherer als das Yuzpe-Regime

Nach dem Review sind Levonorgestrel und Mifepriston mit weniger Schwangerschaften assoziiert als das Yuzpe-Regime. Sowohl niedrig dosiertes Mifepriston (weniger als 25 mg, 14 RCTs, n = 8752) als auch mittlere Dosen (25 mg bis 50 mg, 27 RCTs, n = 6052) sind wahrscheinlich mit weniger Schwangerschaften assoziiert als Levonorgestrel. Aus Studien-Vergleichen der beiden Wirkstoffe hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer ungewollten Schwangerschaft haben die Cochrane-Autoren die folgenden Relationen ermittelt: 2 Prozent für Levonorgestrel würden 1 bis 2 Prozent für Niedrig-Dosis Mifepriston gegenüberstehen und 3,5 Prozent für Levonorgestrel stehen 1,6 bis 2,9 Prozent für Mifepriston in der mittleren Dosis entgegen. Ulipristalacetat (UPA) ist offenbar mit weniger Schwangerschaften assoziiert als Levonorgestrel (2 RCTs, n = 3448, qualitativ hochwertige Evidenz).

Unklare Datenlage und die Nebenwirkungen

Ob es einen Unterschied in der Schwangerschaftsrate zwischen Single-Dose-Levonorgestrel (1,5 mg) und dem Standard-Zwei-Dosis-Regime (0,75 mg im Abstand von 12 Stunden) gibt, ist nach der Datenlage unklar. Für einen etwaigen Unterschied zwischen dem kupferhaltigen Intrauterinpessar (Kupfer-IUD) und Mifepriston fanden die Cochrane-Reviewer ebenfalls keinen schlüssigen Beweis.

Übelkeit und Erbrechen waren die wichtigsten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Notfall-Kontrazeption. Bei Verwendung von Leovonorgestrel oder Mifepriston besteht nach Auffassung der Autoren vermutlich ein geringeres Risiko dafür als mit dem Yuzpe-Regime. Bei Levonorgestrel-Nutzerinnen war die Wahrscheinlichkeit irgendwelcher Nebenwirkungen überhaupt geringer als bei Anwenderinnen des Yuzpe-Regimes. Nach Verwendung eines Intrauterinpessars könnte die nächste Menstruation eher nach dem erwarteten Zeitpunkt kommen als bei Levonorgestrel-Nutzerinnen.

Die Qualität der Beweise für den primären Zielparameter reichte von mäßig bis hoch, und für andere Parameter von sehr niedrig bis hoch.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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