Das Beste aus 2017

Was Apotheker über Salpetersäure wissen müssen

Stuttgart - 29.12.2017, 14:15 Uhr

Feuerwehrleute in Schutzanzügen werden nach dem Einsatz an einem 
leckgeschlagenen Lkw, der mit 11.000 Liter Salpetersäure beladen ist, 
dekontaminiert. (Foto: dpa)

Feuerwehrleute in Schutzanzügen werden nach dem Einsatz an einem leckgeschlagenen Lkw, der mit 11.000 Liter Salpetersäure beladen ist, dekontaminiert. (Foto: dpa)


Jeder Pharmazeut kennt Salpetersäure aus dem Labor. Das ist eine von denen, die so schöne Löcher in den Kittel macht – nach dem Waschen versteht sich. Auf der Autobahn A24 zwischen Berlin und Hamburg ist in der Nacht von Montag auf Dienstag Salpetersäure aus einem Gefahrguttransporter ausgetreten. Die Folgen: eine Vollsperrung, ein Feuerwehrgroßeinsatz und die Evakuierung von zwei Wohnhäusern. Wissen Sie noch alles, was man über die Säure wissen muss? 

Das Beste aus 2017

Was waren die Top-Themen 2017? Was hat die DAZ.online-Leser im abgelaufenen Jahr interessiert? Zum Jahresabschluss präsentieren wir ihnen eine Auswahl der beliebtesten Artikel aus dem abgelaufenen Jahr.

HNO3 lautet die Summenformel der Salpetersäure. Sie ist die stabilste Sauerstoffsäure des Stickstoff. Der Name leitet sich vom Salpeter ab, aus dem sie durch Zugabe einer stärkeren Säure (Schwefelsäure) gewonnen werden kann. Die reine Säure ist farblos und hat einen stechenden Geruch. Mit einem pKs von -1,32 zählt sie zu den starken Mineralsäuren. Sie ist jedoch thermodynamisch wenig stabil und zerfällt unter Lichteinfluss in H2O, O2 und NO2, die aus der Lösung freigesetzt werden. Bei reiner Salpetersäure, die über 90 Prozent freies NO2 enthält, spricht man dann von rauchender Salpetersäure. Dabei wird unterschieden zwischen weißer rauchender Salpetersäure (WFNA), die 0,1 bis 0,4 Prozent gelöstes NO2 enthält, und roter rauchender Salpetersäure (RFNA) mit 8 bis 17 Prozent gelöstem NO2. Das gelöste NO2 ist für den rötlichen Farbton verantwortlich. Bei dem Unfall auf der Autobahn hatte es ebenfalls eine Gaswolke gegeben. 

Nitriersäure und Königswasser

Salpetersäure hat ätzende, lytische, brandfördernde und oxidierende Eigenschaften. Sie gehört zwar, wie erwähnt, zu den stärksten Säuren und liegt in stark verdünnter Lösung fast vollständig dissoziiert vor, kann aber gegenüber stärkeren Säuren auch als Base wirken. Auf dieser Eigenschaft basiert zum Beispiel die Verwendung der Nitriersäure, einem HNO3 / H2SO4-Gemisch, das zur Nitrierung von Aromaten eingesetzt wird. Hier protoniert die Schwefelsäure die Salpetersäure zum Nitratacidinium-Ion (H2NO3+), das wiederum Wasser abspaltet. 

Konzentrierte Salpetersäure ist ein starkes Oxidationsmittel. Sie wird gewöhnlich zu NO reduziert. Häufig entstehen bei diesen Reaktionen aber Nitrose-Gase (NO, NO2 und N2O4). Gold und Platin werden neben Rhodium und Iridium von Salpetersäure nicht angegriffen – das Normalpotenzial dieser Metalle ist höher. Deshalb benutzt man konzentrierte Salpetersäure auch zur Trennung von Gold und Silber, sogenanntes Scheidewasser. Will man Gold und Platin lösen, muss man zum Königswasser greifen – ein Gemisch aus einem Teil konzentrierter HNO3 und drei Teilen konzentrierter Salzsäure, das besonders stark oxidierend wirkt. Die Begründung: Neben Nitrosylchlorid (NOCl) wird auch naszierendes Chlor freigesetzt. 

Ebenfalls nichts anhaben kann die Salpetersäure Eisen, Chrom und Aluminium. Deren Normalpotenzial ist zwar niedriger als das von HNO3. Aber auf der Oberfläche dieser Metalle bildet sich eine schützende Oxidschicht.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

DAZ-Adventsrätsel – Tag 13

Nicht ganz triviale Trivialnamen

Ein Streifzug durch die Geschichte einiger Natur- und Arzneistoffe

Woher die merkwürdigen Namen?

Warnung vor MMS Miracle Mineral Supplement

Krebswundermittel „wie Sondermüll“ entsorgen

"Tatort" Wien

Tod durch Flusssäure

Eine Bewertung von Dieselabgasen aus toxikologischer Sicht

Feinstaub, Ruß und NO2

Wie die Entstehung verhindert werden kann

Nitrosamine – kein neues Problem

2 Kommentare

Lange ist's her

von Julia Borsch /DAZ.online am 16.08.2017 um 9:27 Uhr

Da haben sie völlig recht. Da ist ein Dreher reingekommen. Hoffentlich hat das der Assistent aus dem ersten Semester nicht gelesen. Den Schein wär ich wieder los. Danke für den Hinweis! Es ist raus.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lange ist's her....

von F. Deyn am 16.08.2017 um 8:41 Uhr

Zu "Da war doch was im ersten Semester. Die Indentitätsprüfung im Arzneibuch ist die Fällung mit Silberchlorid. Das entstehende Silbernitrat macht böse schwarze Flecken."
War das nicht andersherum: Zum Nachweis von Chlorid wird eine Lösung mit Salpetersäure angesäuert und anschließend mit Silbernitrat versetzt. Es fällt schwer lösliches Silberchlorid aus, welches sich in Ammoniak aufgrund der Bildung eines Silberdiamin-Komplexes löst.???

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.