Im Notifizierungsverfahren

Zweiter Anlauf für Analgetika-Warnhinweise

Berlin - 15.08.2017, 07:00 Uhr

OTC-Analgetika können bei längerer Einnahme schwere Nebenwirkungen haben. Das soll dem Verbraucher künftig durch einen Warnhinweis verdeutlicht werden. (Foto: Kadmy / Fotolia)

OTC-Analgetika können bei längerer Einnahme schwere Nebenwirkungen haben. Das soll dem Verbraucher künftig durch einen Warnhinweis verdeutlicht werden. (Foto: Kadmy / Fotolia)


Das Bundesgesundheitsministerium hat einen neuen Entwurf für eine Analgetika-Warnhinweis-Verordnung vorgelegt. Ein erster Entwurf aus dem April 2016 musste viel Kritik einstecken – von Herstellern, aber auch von den Apothekern. Daraufhin hat das Ministerium nachgebessert.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen überarbeiteten Entwurf der Analgetika-Warnhinweis-Verordnung (AnalgetikaWarnHV) vorgelegt. Dieser befindet sich nun bei der EU-Kommission, die ihn notifizieren soll.

Worum geht es in der neuen Verordnung? Arzneimittel gegen Schmerzen und Fieber mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon oder Propyphenazon gibt es in Apotheken rezeptfrei – gefahrlos ist ihre Einnahme jedoch nicht. Apotheker wissen: Die Präparate dürfen ohne ärztlichen Rat nur drei oder vier Tage angewendet werden. So steht es auch in den entsprechenden Packungsbeilagen. Doch das reicht dem BMG nicht. Es will für diese OTC einen ausdrücklichen Warnhinweis direkt auf der äußeren Umhüllung beziehungsweise dem Behältnis, wenn es keine Umhüllung gibt. Die Entscheidung über das Anbringen solcher Hinweise will es allerdings nicht den pharmazeutischen Herstellern oder Apothekern (bei Rezepturen oder Defekturen) überlassen. Um ein einheitliches Verbraucherschutzniveau herzustellen, seien daher einheitliche Festlegungen nötig.

Und so hatte das BMG schon im Frühjahr vergangenen Jahres einen Verordnungsentwurf vorgelegt. Dieser kam bei den Marktbeteiligten allerdings nicht sehr gut an. Kritisiert wurden unter anderem die starren Vorgaben: Die Anwendungszeit sollte im Warnhinweis genau mit drei (bei Fieber) beziehungsweise vier Tagen (leichte bis mittelstarke Schmerzen) angegeben werden. Zudem wurden die Übergangs- und Abverkaufsfristen für zu kurz befunden. Auch die ABDA und die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) lehnten die Pläne ab. Der Deutsche Apothekertag beschloss im vergangenen Jahr einen Antrag, mit dem der Verordnungsgeber aufgefordert werden sollte, von der Umsetzung einer Analgetika-Warnhinweis-Verordnung Abstand zu nehmen.

Verweis auf Packungsbeilage reicht jetzt

Die neue Verordnung ist nun etwas moderater. Sie fordert keinen differenzierten Warnhinweis mehr auf der Packung entsprechender Fertigarzneimittel, sondern nur einen, der besagt: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker oder von der Apothekerin empfohlen!“ Entsprechende in der Apotheke hergestellte Defektur- oder Rezepturarzneimittel müssen künftig folgenden Warnhinweis tragen: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker oder von der Apothekerin empfohlen!“.

Die Warnhinweise sind laut Verordnung in gut lesbarer Schrift dauerhaft auf der Vorderseite der äußeren Umhüllung oder, sofern nur ein Behältnis vorhanden ist, auf dem Behältnis anzubringen.

Neue Übergangsfristen

Auch bei den Übergangsfristen hat das BMG nachgegeben. Zunächst war vorgesehen, dass Arzneimittel ohne diesen Warnhinweis nur noch drei Monate nach Inkrafttreten der Verordnung vom Hersteller in den Verkehr gebracht werden dürfen, für Apotheken und Hersteller war eine sechsmonatige Abverkaufsfrist vorgesehen. Der neue Verordnungsentwurf bestimmt nun, dass zugelassene Arzneimittel oder Standardzulassungen mit den betroffenen Wirkstoffen ohne den Warnhinweis vom pharmazeutischen Unternehmer noch bis zum 24. auf die Verkündung folgenden Kalendermonat unverändert in Verkehr gebracht werden dürfen. Für Großhändler und Apotheken gibt es keine solche Frist – hier zählt also das Verfallsdatum. Für die Rezeptur- oder Defekturarzneimittel gilt, dass diese ohne den Warnhinweis noch bis zum 12. auf die Verkündung folgenden Kalendermonat in Verkehr gebracht werden dürfen. Damit wolle man wirtschaftliche Verluste minimieren, heißt es in der Begründung des Verordnungsentwurfs.

Die Missachtung der Vorschriften kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.

Vom Anwendungsbereich der Analgetika-Warnhinweis-Verordnung ausgeschlossen sind OTC-Analgetika, die Prüfpräparate im Sinne der EU-Verordnung über klinische Prüfungen [VO (EU) Nr. 536/2014] sind.

1729 Fertigarzneimittel betroffen

Von der Verordnung sind laut Entwurf im Bereich der Fertigarzneimittel insgesamt 1729 Arzneimittel betroffen, die von insgesamt 807 pharmazeutischen Unternehmern in Verkehr gebracht werden (Stand 22. Mai 2017). Davon verfügen 362 über eine Zulassung nach § 21 AMG (betrifft 83 pharmazeutische Unternehmer). 1367 Arzneimittel sind verkehrsfähig aufgrund von Standardzulassungen nach § 36 AMG (betrifft 746 pharmazeutische Unternehmer). 

Es ist davon auszugehen, dass die Verordnung nach durchlaufenem Notifizierungsverfahren diesmal die Klippe nimmt und zum Jahresende hin in Kraft treten wird.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Warnhinweise wieder nur für Deutsche Basis Apotheken?

von Heiko Barz am 15.08.2017 um 11:30 Uhr

In diesem Fragenspektrum sollte sich unsere Wirtschaftsministerin doch erst mit den "Holländern" besprechen, ob die bereit wären, diese Deklarationsbedingungen einzuhalten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.