Oberverwaltungsgericht Lüneburg

50-Cent-Bons bleiben verboten

Berlin - 15.08.2017, 18:15 Uhr

Wettbewerbsverstöße deutscher Apotheken sind auch nicht durch Furcht vor einem ruinösen Wettbewerb mit ausländischen Versendern zu rechtfertigen. (Foto: Sebra / Fotolia)

Wettbewerbsverstöße deutscher Apotheken sind auch nicht durch Furcht vor einem ruinösen Wettbewerb mit ausländischen Versendern zu rechtfertigen. (Foto: Sebra / Fotolia)


Noch kein ruinöser Wettbewerb – aber die Gefahr ihn zu beschwören

Ferner lassen die Richter die Argumentation des Apothekers zur Bagatellgrenze nicht gelten. Vor einer Klarstellung im Heilmittelwerbegesetz im Jahr 2013 hatte die Rechtsprechung tatsächlich eine „Spürbarkeitsschwelle“ im Heilmittelwerberecht angenommen. Doch dafür sei nach der Neuregelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz mittlerweile kein Raum mehr. Diese Verschärfung sei entgegen der Auffassung des Apothekers auch nicht durch die genannte EuGH-Entscheidung gegenstandslos geworden. 

Auch sonstige Ermessensfehler der Kammer konnte das Gericht nicht erkennen. Insbesondere sei angesichts des geringen Anteils ausländischer Versandapotheken am Rx-Umsatz derzeit noch nicht von einem ruinösen Wettbewerb durch diese Apotheken auszugehen. Dazu stellt das Gericht klar: „Es ist nicht zulässig, dass die inländischen Apotheken in der Furcht vor einem in der Folge der Entscheidung des EuGH vom 19. Oktober 2016 möglicherweise künftig drohenden Verdrängungswettbewerb durch ausländische Versandapotheken nun ihrerseits Kundenbindungssysteme unter Missachtung der geltenden Preisbindungs-­ und Wettbewerbsregelungen schaffen und damit einen ruinösen Preiskampf erst hervorrufen.“

Ebenfalls nicht gelten ließen die Richter den Einwand, die Kammer gehe gegen Verstöße anderer Apotheken nicht vor. Es gebe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Die Kammer müsse nicht alle Verstöße gleichzeitig verfolgen, sie könne die Verhältnisse auch nach und nach bereinigen. Nur willkürlich und systemlos dürfe sie nicht vorgehen. Doch auch dafür sahen die Richter keine Anhaltspunkte.

Nicht zuletzt sah das Gericht ein besonderes Vollzugsinteresse für gegeben. Die Kammer verweise insoweit zu Recht auf die negative Vorbildwirkung des Apothekers. So sind dessen Apotheken Teil eines aus elf Apotheken bestehenden Vertriebsverbundes. Zwei weitere Apotheken sollen bereits ein vergleichbares Bonussystem aufgebaut haben. „Dies spiegelt die Dringlichkeit eines Einschreitens zur Verhinderung  eines Preiskampfs zwischen den in Deutschland ansässigen Apotheken bei verschreibungspflichtigen Medikamenten wider, der letztlich zu einer Gefährdung der flächendeckenden und gleichmäßigen Arzneimittelversorgung führen kann“.

Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Die Kammer hat jedenfalls keine Kenntnis, dass der Apotheker seine Klage im Hauptsacheverfahren nicht weiterverfolgen will.

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 2. August 2017, Az.: 13 ME 122/17



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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