Beratungs-quickie

Diclofenac und ein Magenschutz

München - 03.08.2017, 10:30 Uhr

(Foto: benjaminnolte / Fotolia)

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Welche Punkte sind bei der Beratung wichtig? Was für Zusatzinformationen kann man geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jeden Donnerstag einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über Diclofenac und den Magenschutz Omeprazol für eine ältere Dame, die das Schmerzmittel wegen ihrer Rückenschmerzen verordnet bekommt.

Formalien-Check

Die Kundin reicht einige Tage nach der Rezeptausstellung zwei Verordnungen in der Apotheke ein. Eines davon ist ein Rezept über Physiotherapie. Die Apotheke reicht i dieses wieder zurück, die Verordnung über die beiden Arzneimitteln wird beliefert.

Verordnet ist eine N2-Packung Diclofenac Sandoz® uno unter Angabe der Dosierung 2 x 1 sowie eine N1-Packung Omeprazol unter Angabe der Dosierung 1 x 1. Der Arzt hat den Aut-idem-Austausch nicht ausgeschlossen, Rabattverträge sind daher zu beachten. Die Verordnung ist vollständig, aber nicht eindeutig. Position eins ist außer Vertrieb. Der Ersatzartikel Diclac® 150 mg ID Retardtabletten ist  seit Juli 2017 nicht mehr in den Packungsgrößen N2 (50 Stück) und N3 (100 Stück) lieferbar. Die Apotheke kann Position eins nur mit einer Packungsgröße mit zwanzig Retardtabletten (N1) beliefern. Wegen der vom Arzt angegebene Dosierung ist Rücksprache zu halten: Die Dosierung für das Präparat ist zu hoch. Das Arzneimittel enthält 150 mg Diclofenac pro Retardtablette und  eine Einzeldosis entspricht der täglichen Maximaldosis für Diclofenac. Die nach Rücksprache korrigierte Dosierungsempfehlung von 1 x 1 Retardtablette ist auf die FAM zu übertragen.

Bei Position zwei handelt es sich um eine Wirkstoffverordnung. Ohne Angabe der Wirkstärke ist nur die niedrigste im Handel befindliche Stärke mit der GKV abrechenbar (10 mg). Hier ist eine Rücksprache wegen einer therapiegerechten Dosierung erforderlich. Die Apotheke darf die vom Arzt gewünschte Wirkstärke von 20 mg handschriftlich ergänzen. Ein zusätzlicher Vermerk „laut ärztlicher Rücksprache“ ist mit Handzeichen und Datum zu versehen. Abzugeben sind 30 magensaftresistente Hartkapseln (N1) Omeprazol 20 mg eines rabattierten Herstellers. Die vom Arzt angegebene Dosierung ist auf die FAM zu übertragen.

Die Kundin ist gebührenpflichtig.

Ab Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig.

Beratungs-Basics 

Die Kundin erzählt resigniert, dass sie die Medikamente schon kenne. Immer mal wieder gehe sie zu ihrem Hausarzt wegen ihrer Rückenschmerzen. Diesmal habe er ihr auch noch Krankengymnastik verordnet.

Das Schmerzmittel (Zweischichttabletten) enthält einen schnell freisetzendes und einen langsam freisetzenden Werkstoffanteil Diclofenac. Das Präparate ist zur Kurzzeitanwendung (maximal zwei Wochen) indiziert und wird zur symptomatischen Behandlung von Schmerzen und Entzündung bei Reizzuständen bei degenerativen Gelenkerkrankungen (Arthrosen) eingesetzt. Diclofenac wirkt analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch. Die Kundin soll regelmäßig einmal täglich eine Tablette zu oder nach einer Mahlzeit mit einem großen Glas Wasser einnehmen. Diese Dosierung entspricht der maximalen Tagesdosis und darf nicht überschritten werden.

Ältere Patienten sind besonders sorgfältig hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkungen zu überwachen. Neben den sehr häufig auftretenden Magen-Darm-Störungen (wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) stellen arterielle thrombotische Ereignisse unerwünschte NSAR-Wirkungen dar. Das Risiko steigt mit zunehmender Dosis und Anwendungsdauer an. Beide können sich ohne vorausgehende Warnsignale entwickeln und haben ein hohes Komplikationspotenzial, wie gastrointestinale Blutung oder Perforation sowie Myokardinfarkt oder Schlaganfall. Bei einer Anwendung in höherer Dosierung können zudem zentralnervöse Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Schwindel auftreten. Dadurch kann die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt sein.

Der Protonenpumpenhemmer Omeprazol wird hier zur Prävention von NSAR-assoziierten gastroduodenalen Ulzera bei einer Risiko-Patientin eingesetzt. Zu den Risikofaktoren  zählen ein Alter über 60 Jahren, eine vorherige Erkrankung an gastroduodenalen Ulzera und vorangegangenen Episoden von gastrointestinalen Blutungen. Durch die gleichzeitige Verabreichung eines PPIs kann die Ulkusinzidenz während einer NSAR-Therapie deutlich gesenkt werden. Die empfohlene Dosierung für diese Indikation beträgt einmal täglich 20 mg (eine magensaftresistente Hartkapsel). Die Einnahme erfolgt einmal täglich am Morgen mindestens dreißig Minuten vor dem Frühstück mit einem halben Glas Wasser. Die Kapsel sollte nicht gekaut oder zerkleinert werden, sondern als Ganzes geschluckt werden.

Erfährt die Kundin unter der Therapie keine Schmerzfreiheit oder keine deutliche Besserung der Beschwerden, muss ihr der Arzt die Therapie ändern und ggf. auf ein stärkeres Analgetikum umstellen.

Auch noch wichtig

Wechselwirkungen mit verordneten Arzneimitteln und mit der Selbstmedikation sind zu beachten.

Die gleichzeitige Einnahme von Johanniskraut kann die gewünschte Wirkung von Omeprazol durch beschleunigten Abbau abschwächen.

Omeprazol kann Kopfschmerzen und Schwindel verursachen. Des Weiteren sind Magen-Darm-Beschwerden und Müdigkeit unter einer Behandlung mit Omeprazol möglich. 

Bei einer peroralen Therapie mit Eisensalzen kann die Bioverfügbarkeit von Eisen durch Protonenpumpenblocker vermindert werden.

Während der Einnahme des Schmerzmittels Diclofenac gilt es, andere magenschleimhautreizende Wirkstoffe wie ätherische Öle zu vermeiden.

Äussert die Kundin in der Selbstmedikation den Wunsch nach einem Medikament zur Behandlung von Magenscherzen, ist an eine Nebenwirkung von Diclofenac zu denken.

Bei starken Schmerzen im Oberbauch, Schwarzfärbung des Stuhls und bei schweren Durchfällen darf keine Selbstmedikation erfolgen. Die Medikation ist abzusetzen und die Kundin muss unverzüglich einen Arzt aufsuchen.

Die Kundin sollte aufmerksam auf Symptome wie Brustschmerzen, Kurzatmigkeit, Schwäche oder verschwommene Sprache (Anzeichen für schwere arterielle thrombotische Ereignisse) achten. In diesem Fall muss sie das Schmerzmittel absetzen und sofort einen Arzt aufzusuchen.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Der Kundin ist eine regelmäßige Kontrolle ihres Blutdrucks in der Apotheke oder mit einem eigenen Blutdruckmessgerät anzuraten. Bei einer unbehandelten Hypertonie kann es durch Diclofenac zu einem Blutdruckanstieg kommen.
  • Auf den Konsum alkoholhaltiger Getränke sollte sie verzichten. Durch den gleichzeitigen Genuss von Alkohol können Diclofenac-bedingte Nebenwirkungen, insbesondere solche, die den GIT oder das ZNS betreffen, verstärkt auftreten.
  • Um die Magenschleimhaut nicht zusätzlich zu reizen, sollte sie die nächsten zwei Wochen scharfe Speisen vermeiden.
  • Eine zusätzliche Einnahme von Magnesium zur Entspannung der Rückenmuskulatur und die lokale Anwendung einer analgetischen, ggf. wärmenden Salbe sind empfehlenswert. 


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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